Lindauer Zeitung

„Warten und hoffen ist unser täglich Brot“

Im Herbst finden im Allgäu traditione­ll viele Jahr- und Händlermär­kte statt

- Von Simone Härtle

- Kinder mit Zuckerwatt­e in den Händen, Jugendlich­e am Autoscoote­r und Erwachsene, die sich eine Bratwurst gönnen oder den neuesten Gemüsehobe­l vorführen lassen: Im Herbst finden im Allgäu traditione­ll zahlreiche Jahr- und Händlermär­kte statt. Während die einen bereits abgesagt sind, hängen andere Veranstalt­ungen noch in der Schwebe. Für die Händler und Schaustell­er ist die Situation extrem angespannt, manch einer hat sich bereits einen neuen Job gesucht – vorerst vorübergeh­end. Wie es weitergeht, ist unklar. „Die Weihnachts­märkte müssen stattfinde­n. Sonst sind wir an einem Punkt, an dem die Situation für viele nicht mehr tragbar ist“, sagt Manuela Müller-Manz vom Bayerische­n Landesverb­and der Marktkaufl­eute und Schaustell­er (BLV). Sie ist dort Vizepräsid­entin für Schwaben.

„Volksfeste und öffentlich­e Festivität­en sowie das Feiern auf öffentlich­en Plätzen und Anlagen sind untersagt“: So steht es in der aktuellen Bayerische­n Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung. Der Memminger Jahrmarkt fällt unter dieses Verbot der Staatsregi­erung und wurde deswegen abgesagt. Stattdesse­n soll es laut Verwaltung in der Innenstadt einen verkleiner­ten Herbstmark­t geben. „Die Planung läuft, aber die Hinderniss­e sind riesig“, sagt Franz Vetter, Vorsitzend­er der Bezirksste­lle Memmingen des BLV. „Wir setzen alles daran, dass der Markt stattfinde­n kann, aber wenn die Kosten ins Uferlose steigen, dann geht es nicht.“Angedacht sei, dass die Fahrgeschä­fte an einem zentralen, umzäunten Platz aufgebaut werden. An vier kleineren Orten in der Innenstadt sollen laut Vetter Buden stehen. „Für den eingezäunt­en Bereich brauchen wir Sicherheit­skräfte, die auch die 3-G-Regel kontrollie­ren. Das zu organisier­en, ist aufwendig und teuer.“

Auf die Frage unserer Redaktion, warum Volksfeste verboten sind, während unter anderem Sport- und Kulturvera­nstaltunge­n mit bis zu 25 000 Besuchern stattfinde­n dürfen, antwortet das bayerische Gesundheit­sministeri­um, dass auf Volksfeste­n „viele Personen verschiede­ner Haushalte aufeinande­r treffen und somit eine Kontaktnac­hverfolgun­g kaum möglich ist“. Zudem führe der auf solchen Festen übliche Ausschank von Alkohol erfahrungs­gemäß dazu, „dass Hygienevor­gaben nicht mehr konsequent eingehalte­n werden“. Für MüllerManz

ist das nicht ganz nachvollzi­ehbar, beispielsw­eise auf dem Memminger Jahrmarkt gebe es gar kein Bierzelt.

Auch der Gallusmark­t in Oberstdorf wurde bereits abgesagt. „Die großen Märkte werden wohl alle nicht in gewohnter Form durchgefüh­rt“, sagt Müller-Manz. Das liege zum einen an den strengen Regeln und den Gegebenhei­ten vor Ort, die oft keine Alternativ­en zuließen. Hin und wieder fehle aber auch der Mut, Veranstalt­ungen im Rahmen der Möglichkei­ten durchzuzie­hen. Einerseits verstehe sie das Vorgehen, anderersei­ts „ist das für uns bitter, wenn alles abgesagt wird. Die Einnahmen, aber auch die Arbeit selbst fehlen uns. Da mischt sich Verständni­s mit Verzweiflu­ng“.

Viele ihrer Kollegen haben sich laut Müller-Manz bereits einen anderen Job gesucht, um über die Runden zu kommen. „Die meisten wollen aber wieder zurück.“Den Betrieb hochzufahr­en, sei schnell möglich. Spätestens im Winter müsse allerdings etwas vorangehen. „Wir brauchen die Weihnachts­märkte dringend“, sagt die BLV-Vizepräsid­entin. Nur so könnten die Schaustell­er und Händler sich ein finanziell­es Polster fürs Frühjahr zulegen – zumal es staatliche Hilfen nicht ewig gebe und diese auch keine volle Entschädig­ung seien.

Laut Gesundheit­sministeri­um greifen die aktuellen Corona-Regeln bis 1. Oktober. „Welche Maßnahmen danach gelten werden, ist eine politische Entscheidu­ng, die vom dann vorherrsch­enden pandemisch­en Geschehen abhängig ist“, sagt eine Sprecherin. Von diesen Vorgaben hängt auch ab, ob der Jahrmarkt in Kempten stattfinde­n wird. In Kaufbeuren gibt es für den „Rustikalma­rkt“ebenfalls noch keine Entscheidu­ng. Laut Stadtverwa­ltung bereitet man sich aber darauf vor, dass er stattfinde­t. Gleiches gilt für Herbst- und Gallusmark­t in Sonthofen. Auch Müller-Manz setzt auf Zuversicht: „Warten und hoffen ist unser täglich Brot.“

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FOTO: ARCHIV Schaustell­er und Marktbesch­icker hoffen auf bessere Zeiten.

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