„Warten und hoffen ist unser täglich Brot“
Im Herbst finden im Allgäu traditionell viele Jahr- und Händlermärkte statt
- Kinder mit Zuckerwatte in den Händen, Jugendliche am Autoscooter und Erwachsene, die sich eine Bratwurst gönnen oder den neuesten Gemüsehobel vorführen lassen: Im Herbst finden im Allgäu traditionell zahlreiche Jahr- und Händlermärkte statt. Während die einen bereits abgesagt sind, hängen andere Veranstaltungen noch in der Schwebe. Für die Händler und Schausteller ist die Situation extrem angespannt, manch einer hat sich bereits einen neuen Job gesucht – vorerst vorübergehend. Wie es weitergeht, ist unklar. „Die Weihnachtsmärkte müssen stattfinden. Sonst sind wir an einem Punkt, an dem die Situation für viele nicht mehr tragbar ist“, sagt Manuela Müller-Manz vom Bayerischen Landesverband der Marktkaufleute und Schausteller (BLV). Sie ist dort Vizepräsidentin für Schwaben.
„Volksfeste und öffentliche Festivitäten sowie das Feiern auf öffentlichen Plätzen und Anlagen sind untersagt“: So steht es in der aktuellen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Der Memminger Jahrmarkt fällt unter dieses Verbot der Staatsregierung und wurde deswegen abgesagt. Stattdessen soll es laut Verwaltung in der Innenstadt einen verkleinerten Herbstmarkt geben. „Die Planung läuft, aber die Hindernisse sind riesig“, sagt Franz Vetter, Vorsitzender der Bezirksstelle Memmingen des BLV. „Wir setzen alles daran, dass der Markt stattfinden kann, aber wenn die Kosten ins Uferlose steigen, dann geht es nicht.“Angedacht sei, dass die Fahrgeschäfte an einem zentralen, umzäunten Platz aufgebaut werden. An vier kleineren Orten in der Innenstadt sollen laut Vetter Buden stehen. „Für den eingezäunten Bereich brauchen wir Sicherheitskräfte, die auch die 3-G-Regel kontrollieren. Das zu organisieren, ist aufwendig und teuer.“
Auf die Frage unserer Redaktion, warum Volksfeste verboten sind, während unter anderem Sport- und Kulturveranstaltungen mit bis zu 25 000 Besuchern stattfinden dürfen, antwortet das bayerische Gesundheitsministerium, dass auf Volksfesten „viele Personen verschiedener Haushalte aufeinander treffen und somit eine Kontaktnachverfolgung kaum möglich ist“. Zudem führe der auf solchen Festen übliche Ausschank von Alkohol erfahrungsgemäß dazu, „dass Hygienevorgaben nicht mehr konsequent eingehalten werden“. Für MüllerManz
ist das nicht ganz nachvollziehbar, beispielsweise auf dem Memminger Jahrmarkt gebe es gar kein Bierzelt.
Auch der Gallusmarkt in Oberstdorf wurde bereits abgesagt. „Die großen Märkte werden wohl alle nicht in gewohnter Form durchgeführt“, sagt Müller-Manz. Das liege zum einen an den strengen Regeln und den Gegebenheiten vor Ort, die oft keine Alternativen zuließen. Hin und wieder fehle aber auch der Mut, Veranstaltungen im Rahmen der Möglichkeiten durchzuziehen. Einerseits verstehe sie das Vorgehen, andererseits „ist das für uns bitter, wenn alles abgesagt wird. Die Einnahmen, aber auch die Arbeit selbst fehlen uns. Da mischt sich Verständnis mit Verzweiflung“.
Viele ihrer Kollegen haben sich laut Müller-Manz bereits einen anderen Job gesucht, um über die Runden zu kommen. „Die meisten wollen aber wieder zurück.“Den Betrieb hochzufahren, sei schnell möglich. Spätestens im Winter müsse allerdings etwas vorangehen. „Wir brauchen die Weihnachtsmärkte dringend“, sagt die BLV-Vizepräsidentin. Nur so könnten die Schausteller und Händler sich ein finanzielles Polster fürs Frühjahr zulegen – zumal es staatliche Hilfen nicht ewig gebe und diese auch keine volle Entschädigung seien.
Laut Gesundheitsministerium greifen die aktuellen Corona-Regeln bis 1. Oktober. „Welche Maßnahmen danach gelten werden, ist eine politische Entscheidung, die vom dann vorherrschenden pandemischen Geschehen abhängig ist“, sagt eine Sprecherin. Von diesen Vorgaben hängt auch ab, ob der Jahrmarkt in Kempten stattfinden wird. In Kaufbeuren gibt es für den „Rustikalmarkt“ebenfalls noch keine Entscheidung. Laut Stadtverwaltung bereitet man sich aber darauf vor, dass er stattfindet. Gleiches gilt für Herbst- und Gallusmarkt in Sonthofen. Auch Müller-Manz setzt auf Zuversicht: „Warten und hoffen ist unser täglich Brot.“