Ohne Bremse in die Profiliga
Marius Hillebrand bringt Speedway nach Deutschland – Start bei mehreren Wettkämpfen
- Wer kennt Bartosz Zmarzlik? In Deutschland die allerwenigsten, aber in Polen ist er ein Superstar. Der Speedwayfahrer wurde 2019 – ein Jahr vor Fußballstar Robert Lewandowski – zum polnischen Sportler des Jahres gewählt. Das zeigt den Stellenwert von Speedway in Polen, wohingegen dieser Sport hierzulande noch keine große Bekanntheit erlangt hat. Aus dem Bodenseekreis gibt es mit Marius Hillebrand aus Neukirch einen deutschen Motorradrennfahrer, der sich – in Deutschland wie auch in Polen – gerade einen Namen macht.
Er hat ein bewegtes Wochenende vor sich. Am Freitag startet er in Wittstock, von dort geht es weiter zum Finale in der deutschen Bundesliga nach Güstrow und Sonntag bestreitet er das erste Finale in der zweiten polnischen Liga in Landshut – die Rückrunde findet am 3. Oktober in Polen statt. Für Hillebrand ist es ein ganz normales Wochenende. Und doch wird es spannend, denn der junge Speedway-Fahrer fährt ganz vorne mit und hat die Chance, den Sieg zu schaffen.
Angefangen hat Hillebrand mit diesem Sport vor fünf Jahren. Er sah alte Fotos von seinem Vater auf einer Speedwaymaschine und wollte er es ausprobieren. „Es hat eigentlich gleich funktioniert und ich bin die ersten drei Jahre von den ,DMV White Tigers’ für die Bundesliga aufgenommen worden“, erzählt Hillebrand. Nach einem coronabedingt eher ruhigen Jahr 2020 läuft es in diesem Jahr 2021 rund für den Shootingstar im Speedway. Nachdem er bei den U21-Meisterschaften im Juli dieses Jahres auf den dritten Platz gefahren ist, sind schnell die Anfragen aus dem Ausland eingetrudelt. „Ich hatte in dem Rennen geführt, habe aber im Finale durch einen Fahrfehler die Führung abgegeben. Aber dennoch hat das den Stein ins Rollen gebracht“, sagt der Neukircher. In der polnischen Liga startet er in dieser Saison mit den „Devils Landshut“. Für 2022 steht er bereits bei Esbjerg (Dänemark) unter Vertrag und ein Sprung in die erste polnische Liga ist auch möglich.
Speedwayfahren ist nichts für schwache Nerven. Gefahren wird auf einer flachen, ovalen Strecke gegen den Uhrzeigersinn mit einem Untergrund aus Kalksandstein. Aber jede Bahn sei anders und die Wahl des Motors wichtig, sagt Hillebrand. Dafür entwickelt er jedes Jahr zwei bis drei Motoren in seiner Werkstatt. Gefahren wird mit 500 ccm Einzylinder, die mit Methanol angetrieben werden. Die Motorräder müssen mindestens 77 Kilogramm wiegen und haben keine Bremse und nur einen Gang – bis zu 130 km/h schnell werden die Motorräder in der Geraden. Gebremst wird in den Kurven durch Querstellen des Motorrads, das sogenannte Powersliding.
Im Speedwaysport ist es üblich, an mehreren Ligen teilzunehmen. Zu den führenden Nationen in dieser Sportart zählen Polen, England, Dänemark
und Russland. Dort werden die Rennen in großen Stadien mit bis zu 30 000 Zuschauern live im Fernsehen übertragen. In einer Saison von März bis Oktober fährt „Hille“bis zu 50 000 Kilometer. Allein an diesem Wochenende werden es 1600 Kilometer sein, die er mit seinem umgebauten Kleinbus absolviert – meist zu dritt, so sind häufig ein Mechaniker und sein Vater Andreas Hillebrand mit dabei. Zum Standardgepäck gehören zwei Maschinen. Über den Motorrädern hat er extra ein Bett eingebaut, damit der Schlaf nicht zu kurz kommt.
Die oberste Priorität liegt neben der körperlichen Fitness auf der mentalen Stärke. Hillebrand: „Du darfst null Angst haben, den Kopf musst du ausschalten. Niemals darfst du deinem Gegner Angst zeigen, sonst hast du verloren!“