Starkes Ergebnis für die Liberalen
Die FDP hat Grund zu feiern und sendet freundliche Signale in Richtung der Grünen
- Die FDP hat ihr Wahlziel erreicht und könnte zum Königsmacher werden: Mit einem Ergebnis von 11,7 Prozent, einem Prozentpunkt mehr als 2017, gelang es den Liberalen erstmals in ihrer Geschichte, zweimal nacheinander ein zweistelliges Wahlergebnis einzufahren. Dementsprechend gut war die Stimmung im Berliner Hans-Dietrich-GenscherHaus, wo Parteichef Christian Lindner mit minutenlangem Applaus empfangen wurde. „Dieser Tag hat die Liberalen in ganz Deutschland gestärkt“, sagte er am Sonntagabend auch mit Blick auf die guten Wahlergebnisse seiner Partei in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.
Nachdem sich die Liberalen im vergangenen Jahr nach Querelen um den Thüringer FDP-Politiker Thomas Kemmerich nahe der Fünf-Prozent-Grenze befanden – Kemmerich hatte sich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten des ostdeutschen Bundeslandes wählen lassen – konnten sich die Liberalen während der Pandemie als Rechtsstaats- und Wirtschaftspartei neu profilieren und wieder stark hinzugewinnen.
Nun kommt der FDP in den kommenden Wochen und Monaten eine besondere, wenn nicht gar entscheidende Rolle zu: Ohne sie ist kaum eine Regierung möglich, gemeinsam mit den Grünen ist sie die Königsmacherin der kommenden Koalitionsverhandlungen. Daraus, dass ihm eine Jamaika-Koalition unter Armin Laschet (CDU) lieber wäre, hat Lindner nie einen Hehl gemacht. Nun ist die Frage, welches Angebot ihm Olaf Scholz für eine Ampel-Koalition machen könnte.
FDP-Chef Christian Lindner
Nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses betonte Lindner die Eigenständigkeit seiner Partei und verpasste der Union einen Seitenhieb: Ausgerechnet die, die der FDP näher stünden, also die Christdemokraten, hätten Wahlkampf gegen die Liberalen gemacht. „Unsere Eigenständigkeit aus dem Wahlkampf werden wir uns für die Zeit nach der Wahl bewahren“, kündigte er an – ein Gruß an Armin Laschet. Knapp verfehlt wurde allerdings das Ziel, möglichst nah an die Grünen heranzukommen. Eine Marke, die Lindner, bereits mit möglichen Koalitionsverhandlungen im Hinterkopf, im Wahlkampfendspurt aufgestellt hatte. Mit einem ähnlichen Stimmenanteil wolle man möglichst viele grüne Inhalte bei Koalitionsgesprächen verhindern und eine „Regierung der Mitte“ohne Steuererhöhungen oder eine Aufweichung der Schuldenbremse erreichen, wie Lindner im Wahlkampf immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt hat.
Aufhorchen lassen deswegen die freundlichen Worte, die er am Sonntag an die Grünen richtete: Ihr Stimmenzuwachs sei bemerkenswert, die Grünen verbinde mit der FDP, einen eigenständigen Wahlkampf gegen den Status quo der Großen Koalition gemacht zu haben – eine Charmeoffensive in Richtung der Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck. Er, so Lindner außerdem, würde sich dafür einsetzen, dass bei neuen Jamaika-Verhandlungen Union und FDP dieses Mal fairer mit den Grünen umgehen würden als Grüne und Union 2017 mit der FDP.
„Unsere Eigenständigkeit werden wir uns für die Zeit nach der Wahl
bewahren.“