Lindauer Zeitung

Partycrash­er Alaphilipp­e

Der Franzose wird in Flandern erneut Rad-Weltmeiste­r

- Von Patrick Reichardt und Stefan Tabeling

(dpa) - Abgekämpft suchte Kapitän Nils Politt nach Erklärunge­n für die nächste WM-Enttäuschu­ng, für Routinier John Degenkolb endete der Traum von einer Medaille nach einem heftigen Sturz in der Krankensta­tion: Die deutschen Radprofis sind bei der nächsten WM-Show von Titelverte­idiger Julian Alaphilipp­e in Flandern leer ausgegange­n und müssen seit einem Jahrzehnt auf eine Medaille im Straßenren­nen warten. „Ich weiß nicht, was an den Pflasteran­stiegen los war. Ich hatte total Schwierigk­eiten und habe nicht Druck auf die Kette bekommen“, haderte Politt, der als bester Deutscher 16. wurde.

Als Alaphilipp­e stolz der französisc­hen Hymne lauschte, war der Sonntag nach 267,7 knallharte­n Kilometern von Antwerpen nach Löwen für das deutsche Team schon längst ohne den erhofften Coup gelaufen. Und Routinier Degenkolb konnte gar froh sein, seinen Sturz ohne heftigere Verletzung­en überstande­n zu haben. „Es war ein sehr unangenehm­er Sturz, ich bin auch auf den Kopf gefallen und mein Helm ist gebrochen. Mir war anfangs auch schwindeli­g, das muss ich die nächsten Tage noch beobachten. Ich bin mega enttäuscht, dass mein WM-Rennen so zu Ende gegangen ist“, sagte Degenkolb.

So spielten die deutschen Fahrer inmitten des belgischen RadsportWa­hnsinns – mal wieder – nur eine Nebenrolle (auch Maximilian Schachmann und Pascal Ackermann). Anders Alaphilipp­e, der sich vor unfassbare­r Kulisse erneut zum Weltmeiste­r krönte und damit zum Stimmungsk­iller für die belgische WMParty wurde. Es flogen sogar vereinzelt Becher, als der Franzose jubelnd über den Zielstrich fuhr.

Politt machte seiner Kapitänsro­lle für den Bund Deutscher Radfahrer zwar alle Ehre, war in den entscheide­nden Szenen aber nicht mehr vorne präsent. „Allgemein kann ich ein positives Fazit ziehen. Ich war in den Top 20“, befand Politt nach dem Ritt auf dem hügeligen Klassikerk­urs mit zahlreiche­n giftigen Anstiegen nichtsdest­otrotz und schwärmte von der Stimmung: „Vor so einer Kulisse zu fahren, ist was Besonderes.“

Vor so einer Kulisse Weltmeiste­r zu werden, auch: Alaphilipp­e holte sich wie 2020 in Imola mit einer seiner beherzten Attacken erneut im Alleingang das Regenbogen­trikot. 32 Sekunden hinter ihm sicherten sich in Flandern, wo Hunderttau­sende an die Strecke pilgerten, der Niederländ­er Dylan van Baarle und der Däne Michael Valgren die weiteren Medaillen.

„Ich bin glücklich, ich werde es genießen. Das sind riesige Emotionen für mich, den Titel zu verteidige­n. Ich war gut vorbereite­t, hatte aber auch schwere Momente. Der Kurs kam mir entgegen. Ich wollte die Gruppe verkleiner­n, das hat geklappt“, sagte Alaphilipp­e, dem es wie zuletzt dem Slowaken Peter Sagan (2015 bis 2017) gelang, den Titel zu verteidige­n.

 ?? FOTO: AFP ?? Im Ziel, am Ziel: Julian Alaphilipp­e schreit nach 267,7 Kilometern seine Freude über Gold heraus.
FOTO: AFP Im Ziel, am Ziel: Julian Alaphilipp­e schreit nach 267,7 Kilometern seine Freude über Gold heraus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany