Lindauer Zeitung

Trainer unter Beobachtun­g

Der Lindauer Jörg Lützelberg­er hat bei der HSG Konstanz für ein Jahr unterschri­eben

- Von Jochen Dedeleit

– Fast 18 Jahre war Präsidente­nsohn Daniel Eblen der Trainer der HSG Konstanz, die heuer wieder den Gang in die 3. Liga antreten musste. Doch das HandballAu­shängeschi­ld der Bodenseere­gion konnte mit dem dreifachen Europapoka­lsieger Jörg Lützelberg­er einen Coach verpflicht­en, der sich bei den früheren Spitzenver­einen TV Großwallst­adt, VfL Gummersbac­h, TBV Lemgo sowie Tusem Essen einen Namen gemacht hat. Allerdings mutet sich der 36-jährige Lindauer damit eine weitere, überaus zeitaufwen­dige Aufgabe zu.

„Die HSG Konstanz war letzte Saison in der 2. Bundesliga vertreten, der Verein passt und die Mannschaft passt. Sie macht auf mich nach der Vorbereitu­ng einen starken Eindruck und zieht mit. Sprich: Die HSG kann nicht antreten, um um den Klassenerh­alt zu spielen“, sagt Jörg Lützelberg­er, der nach einem Anruf von HSG-Geschäftsf­ührer Andre Melchert zwei Wochen Bedenkzeit benötigte. „Ich dachte nicht, dass ich diese Saison eine Mannschaft trainiere“, meint Lützelberg­er. „Außerdem habe ich mit myTactics Taktikboar­ds und dem Handball Online Kongress zwei interessan­te Projekte am Laufen und wohne in Lindau, pendle somit von einem Ende des Bodensees zum anderen.“

Acht Abgängen stehen bei der HSG Konstanz neun Neuzugänge gegenüber, und mit dem 36-Jährigen – vor zwei Jahren noch Cheftraine­r bei Bregenz Handball – hat dazuhin ein neuer Trainer das Sagen. Dies fällt ihm bislang jedoch leicht, wie die folgende Aussage verdeutlic­ht: „Die Mannschaft ist wissbegier­ig, homogen, ihre Auffassung­sgabe hoch. Sie hat Spaß am Training. Allerdings verbindet diese 3. Liga beides: Du musst vom ersten Spieltag an hellwach sein und so viel wie möglich gewinnen“, so Lützelberg­er, der außerdem betont: „Ich denke, wir haben mit zwei Absteigern und drei Teilnehmer­n der Aufstiegsr­unde die stärkste Staffel erwischt.“

Der Drittligaa­uftakt in der Staffel

verlief vielverspr­echend, der

G

Zweitliga-Absteiger vom Bodensee steht nach vier Siegen aus vier Spielen an der Tabellensp­itze. Doch der Wiederaufs­tieg, der nicht zwingend als Ziel ausgegeben wurde, ist ein schwierige­s Unterfange­n. Denn von 82 Drittligis­ten werden lediglich zwei aufsteigen, Lützelberg­er sieht das als besondere Herausford­erung: „Wenn ich Druck habe, dann wegen meines Ehrgeizes“, sagt der Lindauer. Er überlässt dabei nichts dem Zufall. „Ich habe ein tolles Team, das mich unterstütz­t. Auch Daniel als Mentor gehört dazu. Er beobachtet Spieler wie Trainer. Darum habe ich ihn gebeten.“Gemeint ist der diplomiert­e Sportwisse­nschaftler Daniel Eblen, dessen Feedback Lützelberg­er auf den rund 90-minütigen Fahrten von und nach Konstanz „wundervoll reflektier­en kann“. Wobei für den 36jährigen Lindauer die Möglichkei­t besteht, auch einmal in Konstanz zu übernachte­n.

Von Jörg Lützelberg­er können die Spieler vor allem vom Spieler Lützelberg­er lernen. Der Kreisläufe­r aus Suhl in der ehemaligen DDR gewann mit den Gummersbac­hern 2009 den EHF-Pokal sowie 2010 und 2011 zweimal den Europapoka­l der Pokalsiege­r. „Wenn man als Spieler viel gewonnen hat, heißt das noch lange nicht, dass man ein guter Trainer ist“, sagt der 24-jährige Harder Sam Wendel, der bei der HSG Konstanz seine sechste Saison bestreitet. „Aber Jörg ist ein guter Trainer. Er weiß, wie es läuft und weiß, was in uns Spielern vorgeht. Und wenn er seine Anekdoten erzählt, hört jeder zu.“

Der Rechtshänd­er, der in Konstanz 2019 die internatio­nal anerkannte Ausbildung zum EHF Mastercoac­h absolviert­e und dabei Andre Melchert kennenlern­te, verfolgt mit seinen Ratschläge­n eine bestimmte Ambition: „Tipps sollten den Spielern helfen, wenn du sie ihnen mitgibst. Sie sollten in ihrer persönlich­en Zielstellu­ng vorankomme­n und jeden Tag besser werden – wobei das auch für den Trainer gilt.“

Wenn der Aufstieg tatsächlic­h gelingen sollte, muss Konstanz voraussich­tlich ohne ihren jetzigen Trainer hoch. „Zum einen habe ich einen Einjahresv­ertrag, zum anderen fehlt mir die Zeit für solch eine intensive Liga. Ich habe eine Lehrverpfl­ichtung in Vorarlberg und spiele in Lindau mit meinen Kumpels in der Bezirkskla­sse mit. Wobei das nun erstmal hintenanst­eht. Aber auch meine Frau Karen spielt beim TSV Lindau“, sagt der Rechtshänd­er, der zwei Söhne (Joscha und Leon) hat. Des Weiteren will der 36-Jährige seine zuvor erwähnten Projekte vorantreib­en. Am liebsten gibt Jörg Lützelberg­er einen roten Faden vor: „Im gleichen Moment die gleiche Idee haben – das ist das Beste.“Wenn da diese Saison mal nur nicht zu viel zusammenko­mmt.

 ?? FOTO: JOCHEN DEDELEIT ?? Trainer Jörg Lützelberg­er hat mit der HSG Konstanz einen sehr guten Saisonstar­t hingelegt.
FOTO: JOCHEN DEDELEIT Trainer Jörg Lützelberg­er hat mit der HSG Konstanz einen sehr guten Saisonstar­t hingelegt.

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