Grün-gelbe Stolpersteine
Bei Punkten wie Tempolimit oder Klima liegen Grüne und FDP auseinander – Wo Kompromisse möglich sind
- Freiheit des Marktes versus staatlicher Einfluss: Die Unterschiede in der Wirtschafts-, Gesundheitsund Klimapolitik zwischen FDP und Grünen scheinen riesig zu sein. Wo können Kompromisse gefunden werden und wie kann das grün-gelbe Bündnis inhaltlich gelingen?
Klima
In der Klimapolitik ist das Ziel beider Parteien dasselbe: die CO2-Emissionen sollen runter. Die Wege dahin unterscheiden sich aber: Die FDP setzt auf einen CO2-Preis, der sich auf einem Markt für Verschmutzungs-Zertifikate bildet. Je weniger CO2 emittiert werden darf, desto höher der Preis. Die Grünen wollen diesen Preis selbst bestimmen und setzen auf den Staat, der nebenbei auch noch Solardächer auf Neubauten und Anderes vorschreiben soll. Klangen diese Pfade im Wahlkampf als absolut unvereinbar miteinander, signalisieren Klimapolitiker beider Parteien inzwischen Kompromissbereitschaft. Ein Mix aus beiden Instrumentenkästen sei denkbar, wie etwa ein schnellerer Kohleausstieg durch höhere Zertifikate-Preise oder ein schnellerer Ausbau von Windund Sonnenstrom, in dem Bürokratie etwa bei Genehmigungsprozessen abgebaut würde.
Verkehr
Beim Thema Mobilität liegen die Parteien weit auseinander. Die Grünen wollen ein Verbot des Verbrennungsmotors bis 2030, während die FDP das Ende von Benzin- und Dieselantrieben
nicht vorschreiben will. Stattdessen stehen sie ein für Technologieoffenheit, darunter fällt auch der Verbrennungsmotor, der mit synthetischen Kraftstoffen aus grünem Strom angetrieben wird.
Bei der Zukunft der Antriebe könnten sich die Grünen durchsetzen. Sie haben die Industrie auf ihrer Seite. Synthetische Kraftstoffe sind erstens zu teuer und zweitens haben Autokonzerne wie VW längst auf Elektromobilität umgesteuert. Jüngst forderte VW-Chef Herbert Diess gar ein Abschaffen aller Privilegien für Fahrer von Diesel- und Benzinautos.
Das strittige Thema Tempolimit könnte sich von selbst erledigen. Hier haben die Grünen die besseren Karten. Das favorisierte Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen wird spätestens dann umgesetzt, wenn mehr elektrische Autos auf deutschen Straßen fahren. Denn: Je schneller ein E-Auto unterwegs ist, umso mehr büßt es an Reichweite ein.
Gesundheit
In der Frage, wie die Krankenversicherung künftig organisiert werden soll, stehen sich Grüne und FDP diametral gegenüber. Die Grünen wollen das Nebeneinander von gesetzlichen und privaten Kassen beenden und jeden in die Bürgerversicherung einzahlen lassen, also auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete. Die Beiträge sollen dabei nicht nur auf Löhne und Gehälter, sondern auf alle Einkommensarten, also auch auf Kapitaleinkommen, anfallen.
Die FDP dagegen will nicht nur beide Versicherungsarten erhalten, sondern noch den Wechsel zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung vereinfachen. Krankenkassen sollen ihren Versicherten finanzielle Anreize wie
Selbstbeteiligungen anbieten dürfen. Auf den ersten Blick scheint das unvereinbar, Kompromisse sind dennoch möglich, etwa mit Blick auf die Schweiz. Dort gibt es verpflichtend eine Grundversicherung für Schweizer. Dabei gilt ein vom Staat festgelegter Leistungskatalog. Jede Kasse muss jeden Patienten aufnehmen. Wer mehr als die Grundversicherung will, etwa ein Einzelzimmer, kann eine Zusatzversicherung abschließen.
Steuern
Wenn das Thema Geld in den Verhandlungen aufgerufen wird, dürfte es deutlich schwieriger werden. Denn in der Steuerpolitik muss wohl die größte Differenz überwunden werden. Grob gesagt, hängt die FDP der These an, dass Steuersenkungen wirtschaftliche Dynamik freisetzen und sich damit quasi selbst finanzieren. Die Grünen hingegen glauben, dass nur höhere Steuern mehr Einnahmen erzielen und sie wollen nebenbei noch ein paar „Ungerechtigkeiten“beseitigen.
Ein Kompromiss könnte so aussehen: Der FDP gelingt es, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen und sie verhindert, dass die Vermögensteuer wiederbelegt wird. Weil das insbesondere Reiche und Gutverdiener entlastet, könnte man als grünes Projekt eine Reform der Einkommensteuer angehen, die kleine und mittlere Einkommen entlastet und ein Teil der dadurch sinkenden Einnahmen durch höhere Steuern für Besserverdienende ausgleicht. Klingt simpel, ist aber teuer für den Staat – und womöglich fehlt dann Geld für Klimainvestitionen, den Umbau des Verkehrs und andere Projekte.