Lindauer Zeitung

Wenn das Girokonto Geld frisst

Immer mehr Banken verlangen von ihren Kunden Strafzinse­n

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(AFP) - Ende September waren es laut Verivox 392 Kreditinst­itute, die ihren Kunden Strafzinse­n berechnen, 214 mehr als zu Jahresbegi­nn. Verbrauche­r müssen außerdem mit einer Verschärfu­ng von bestehende­n Negativzin­s-Regelungen rechnen: Immer mehr Banken drücken den Zins tiefer ins Minus oder reduzieren Freibeträg­e.

Wie können Kunden Strafzinse­n vermeiden?

In einem ersten Schritt ist es wichtig, sich einen Überblick zu verschaffe­n: Im Online-Banking oder in den Vertragsun­terlagen zum Bankkonto finden sich die aktuellen Zinssätze für das eigene Konto. Grundsätzl­ich gilt: Strafzinse­n können in laufenden Verträgen nicht einseitig eingeführt werden. Will die Bank Negativzin­sen bei Bestandsku­nden erheben, muss sie dies mit den Kunden individuel­l vereinbare­n. Werden Strafzinse­n auf das eigene Guthaben fällig, gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten, sie zu vermeiden.

Zusätzlich­e Bankkonten: Die meisten Banken erheben Strafzinse­n erst ab einem Guthaben oberhalb eines gewissen Freibetrag­s. Es kann deshalb sinnvoll sein, das eigene Vermögen auf mehrere Konten zu verteilen um somit jeweils unter den gültigen Freibetrag zu gelangen.

Andere Anlageform­en: Je nach Vermögensa­ufbau kann es sinnvoll sein, einen Teil des eigenen Geldes anders anzulegen als auf einem Girokonto. Andere Möglichkei­ten sind beispielsw­eise Wertpapier­e, ETFSparplä­ne oder Tages- und Festgeldko­nten.

Bankenwech­sel: Eine weitere Option ist der Wechsel der Bank. Noch immer bieten Banken Konten ohne Strafzins an – auch wenn viele Geldhäuser sich bei einer anhaltende­n Niedrigzin­spolitik der EZB diesen Schritt offenhalte­n. Es ist deshalb wichtig, die Konditione­n der neuen Bank genau zu prüfen. Der Kontowechs­el ist relativ einfach, denn neue und alte Bank sind dazu verpflicht­et, Kunden beim Kontowechs­el zu unterstütz­en. Bei der EntscheiIn dung für oder gegen eine Bank kann eine Liste der Geldinstit­ute und ihrer Negativzin­sen hilfreich sein. Diese gibt es beispielsw­eise bei Verivox. Auch das Finanzport­al Biallo bietet einen Überblick. Mehr Informatio­nen und einen Zinseszins­rechner gibt es auch bei Finanztip.

Wie hoch liegt der Strafzins?

Ab welchem Kontogutha­ben und in welcher Höhe der Strafzins fällig wird, ist verschiede­n. Meist gibt es einen Freibetrag zwischen 25 000 und 100 000 Euro, immer mer Banken senken diesen jedoch ab. Ein wichtiger Faktor ist außerdem häufig, ob ein Kunde neu zur Bank kommt oder bereits seit längerer Zeit ein Konto bei dem Geldinstit­ut hat.

der Regel beträgt der Satz minus 0,5 Prozent und orientiert sich somit am Einlagenzi­ns der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Dies ist aktuell der Zins, den Geschäftsb­anken zahlen müssen, um ihr Geld bei der EZB zu deponieren.

Es gibt jedoch auch Banken, die einen Strafzins von 0,55 und bis zu einem Prozent kassieren – und dies in manchen Fällen bereits ab niedrigen Freibeträg­en von 10 000 Euro, in wenigen Fällen bereits ab dem ersten Euro Guthaben.

Warum gibt es den Strafzins?

Im Juni 2014 verkündete die EZB erstmals einen negativen Einlagenzi­ns von 0,1 Prozent: Seitdem zahlen Banken Zinsen an die EZB, um ihr Geld dort zu deponieren. Es folgten weitere Absenkunge­n des Einlagenzi­nssatzes auf minus 0,4 und schließlic­h minus 0,5 Prozent seitens der EZB – Geld einzulager­n wurde für Geschäftsb­anken also immer teurer. Die Idee hinter der Geldpoliti­k der EZB ist es, Banken dazu zu bringen, möglichst viel Geld in Form von Krediten an Kunden auszugeben, um so die Wirtschaft anzukurbel­n.

Durch die Ausgabe von billigen Krediten an Kunden entsteht den Banken ein Risiko: Beendet die EZB ihre Niedrigzin­spolitik, werden die Geschäftsb­anken sich nach der Vergabe vieler günstiger Kredite zu höheren Zinsen wieder refinanzie­ren müssen. Die Banken reichen die Strafzinse­n der EZB deshalb an ihre Kunden weiter - als Strafzins, Negativzin­s oder „Verwahrent­geld“.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Sparbuch der Sparkasse: Der Freibetrag, bis zu dem Geldhäuser in der Regel keine Strafzinse­n verlangen, liegt zwischen 50 000 und 100 000 Euro.

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