Mitmach-Oper hinterlässt Eindruck
Schüler waren zu einer Probe des „Fidelio“eingeladen – Was sie erlebt haben
- Education, also Ausbildung, nennt sich das, was die Opernbühne Württembergisches Allgäu im Zusammenhang mit ihrer Neuaufstellung und Professionalisierung im Landkreis Ravensburg gestartet hat. In einem ersten Durchgang waren dies zum Thema „Beethoven-Jahr“Besuche an zwölf Schulen sowie Workshops. Vor wenigen Tagen gab es in der Waldorfschule zudem eine offene Orchester- und Solistenprobe, an der rund 200 Schülerinnen und Schüler in zwei Durchgängen teilnahmen.
„Es geht um Liebe und um Beziehungen.“Regisseur Florian Hackspiel aus Wien steht auf der noch leeren Bühne und wendet sich erklärend an 40 Zehntklässler der Realschule Bad Waldsee. Auf der anderen Seite des Saals sitzt Lehrkraft Bernhard Ladenburger mit acht seiner Schülerinnen, die für ihre schulische Ausbildung am Rupert-Neß-Gymnasium das „Musikprofil“gewählt haben.
Ladenburger erzählt, dass das Education-Team bei ihm im Unterricht war und innerhalb einer Doppelstunde die Musik Beethovens und die Handlung seines „Fidelios“nahegebracht hat. Später ist von Ausbildungsleiterin Nina Amon zu hören,
ANZEIGEN dass im ersten Teil Grundschüler zur speziell auf sie zugeschnittenen „Bühnen-Orchester-Probe“gekommen waren.
Neben dem musikalischen LiveErlebnis, das die Musiker und Musikerinnen
der Opernbühne unter der Leitung von Friedrich-Wilhelm Möller samt der anwesenden Solisten bieten, versucht Florian Hackspiel immer wieder, mit den Gästen ins Gespräch zu kommen. „Was glaubt ihr, wie das Stück ausgeht?“, fragte er in den Raum, um selber die Antwort zu geben: „Es geht gut aus!“Und der Regisseur führt vor Augen: „Ich gestalte die Aufführung so, dass das Spiel für den Abend Laune macht.“
Die Ouvertüre erklingt – und dann das erste Duett. Roccos Tochter Marzelline (Milena Arsovska), die von ihrem eigentlichen Partner Jaquino (Francisco Huerta) zu einer Eheschließung gedrängt wird, will vor ihm davonlaufen. Doch offenbar nicht schnell genug. Florian Hackspiel schreitet ein. Wie im Lauf der Szene noch mehrmals. Er korrigiert die eingenommenen Körperhaltungen, möchte mehr Ausdruck in den Posen sehen.
Als die Aufmerksamkeit im Zuschauerraum nachlässt, werden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, das nächste Bild mitzugestalten: Don Pizarro (Reuben Willcox), Gouverneur des Staatsgefängnisses, hält Florestan widerrechtlich im Kerker gefangen. Mit gewaltiger Stimme und voller Dramatik singt Willcox seine Arie, die er selber „lustvoll“nennt.
Mit großem „Hallo“betreten die Jugendlichen die Bretter, die für Künstler die Welt bedeuten. Florian Hackspiel weiß sich innerhalb der nächsten Minuten Gehör zu verschaffen. „Habe ich eure Aufmerksamkeit?“, fragt er und „Wer redet da noch?“Wie er mehrmals ein „Pst“vernehmen lässt und dies so begründet: „Stille ist schön und wichtig. Aus der Stille entsteht alles.“
Dann erklärt der Spielleiter, was er von den jungen Menschen außer der Ruhe noch möchte: „Ihr seid Gefängnisinsassen, die Angst vor Pizarro haben. Wenn dieser singend seine Macht demonstriert, schaut ihr hoch zu ihm, erschreckt und springt zur Seite.“Als sich die „Gefangenen“zurück in ihren Kerker begeben haben, fällt der Vorhang. „Für das Eintauchen der Schülerinnen und Schüler in die Musik Beethovens war die Arbeit auf der Bühne wichtig und der Eindruck ganz offensichtlich stark“, sagte abschließend Nina Amon. Die zu Anfang so wortkargen Jugendlichen hätten plötzlich interessante, persönliche Kommentare zum Erlebten gegeben. Und sie freute sich, dass Beethoven seine Wirkung auf die Jugendlichen „nicht verfehlt zu haben scheint“.
Die Opernbühne Württembergisches Allgäu führt Beethovens einzige Oper „Fidelio“zweimal in Wangen auf, und zwar am Samstag/Sonntag, 2./3. Oktober, im Festsaal der Waldorfschule, Beginn: 20 Uhr. Am 22. Oktober (20 Uhr) gibt es einen weiteren Termin im Kongresszentrum Weingarten. Karten gibt es online auf
www.opernbuehne-allgaeu.de