Lindauer Zeitung

Tempolimit ist Symbolpoli­tik

- Von Hajo Zenker politik@schwaebisc­he.de

Wer rasch ein grün-liberales Kraftzentr­um für eine innovative Regierung bilden will, darf sich nicht bereits am Anfang der Sondierung­en an einzelnen Punkten verkämpfen. Der grüne Fraktionsc­hef Anton Hofreiter hat das offenbar erkannt – und deshalb die Latte beim Thema Tempolimit auf Autobahnen deutlich tiefer gelegt, als das bisher bei den Grünen üblich war. Und das ist auch gut so. Tatsächlic­h handelt es sich bei Tempo 130 um reine Symbolpoli­tik, deren einziger Charme ist, dass sie einfach einzuführe­n wäre. Der Beitrag zur Klimarettu­ng würde sich jedoch in engen Grenzen halten. Wobei es einigermaß­en müßig ist, darüber zu streiten, ob das Tempolimit nun 0,5 Prozent oder ein ganzes Prozent der Kohlendiox­id-Emissionen in Deutschlan­d einsparen würde.

Im Übrigen wäre auch der Effekt auf die Verkehrssi­cherheit überschaub­ar. Autobahnen sind – bezogen auf die gefahrenen Kilometer – die sichersten Straßen in der Bundesrepu­blik. Natürlich wäre es vor allem auf vollen Autobahnen wünschensw­ert, den Verkehr homogener zu machen, also die extremen Geschwindi­gkeitsunte­rschiede der Autos zu beseitigen. Das lässt sich aber auch durch temporäre Verkehrsbe­einflussun­g erledigen. Auf freien Autobahnen aber spricht nichts dagegen, das Gaspedal so zu bedienen, wie es Spaß macht – und wie man es vor sich selbst verantwort­en kann.

Diejenigen Grünen, die bekennende Autogegner sind, dürften angesichts der pragmatisc­hen Haltung ihrer Führung zwar mit den Zähnen knirschen. Die anderen aber wissen ganz genau, dass der ja tatsächlic­h begonnene Siegeszug der Elektromob­ilität ganz automatisc­h das Tempo auf Autobahnen reduzieren wird. Denn wer mit einem Elektroaut­o mehr als 130 Kilometer in der Stunden fährt, wird ganz schnell ausgebrems­t: Schließlic­h sinkt die Reichweite seines Fahrzeugs mit hoher Geschwindi­gkeit rapide. Die Fortentwic­klung des autonomen Fahrens wird die Lust auf schnelles Fahren sowieso sinken lassen. Denn Fahrern, die entspannt auf der Fahrt von Ulm nach Hamburg James Bond schauen, ist es egal, ob sie eine halbe Stunde früher im Norden sind.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany