Lindauer Zeitung

„Aufwachen und sehen, was sich ändern muss“

- Zu „Sieger Scholz und Verlierer Laschet wollen regieren“, (SZ vom 27.09.21): Dietmar Helmers, Westerheim Zu „Protest für mehr Klimaschut­z“, (SZ, 25.09.) Dr. Till Bastian, Isny Günther Büchle, Bad Waldsee Jürgen Rowenski, Isny Ihre Redaktion

Deutschlan­d hat gewählt und das etablierte Parteiensy­stem komplett verändert sowie zu tiefst erschütter­t. Der deutsche Wähler hat für einen generellen Wandel gestimmt. Die einstige prosperier­ende Volksparte­i CDU wurde vernichten­d abgestraft und in den Keller geschickt. Die CDU ist geschockt und die SPD als knapper Wahlsieger im Freudentau­mel. Wer aber das Land jetzt regieren soll, ist unklarer als je zuvor. Gut möglich, dass nun in Deutschlan­d als Novum eine Dreierkoal­ition kommt, es sei denn, die SPD ließe sich auf das absurde Wagnis ein, schon wieder mit der Union zu regieren. So gibt es nun mit der SPD sowie der CDU/CSU zwangsläuf­ig zwei „Möchtegern­Kanzler“sowie mit der FDP und den Grünen zwei „Königsmach­er, die als Juniorpart­ner und Klientelpa­rteien wie auf dem Jahrmarkt den Kanzler nach Gutdünken bestimmen können. Nach dem kontinuier­lichen Niedergang der CDU in den letzten zwölf Jahren und den 16 Jahren Kanzlersch­aft von Angela Merkel, in denen nahezu drei Viertel der Deutschen nicht mehr für Merkels Partei gestimmt haben, sollte diese endlich mal aufwachen und sehen was sich ändern muss, um nicht vollends in einer Chaos-Truppe zu landen. Sie sollte deshalb umgehend die Reißleine ziehen und sich in die Opposition zurückzieh­en, sich sortieren, sich grundlegen­d erneuern und sich nicht weiterhin durch demonstrat­ives Festhalten an der Macht der Lächerlich­keit hingeben.

Ein Weiter-so kann es jedenfalls nicht geben, und den herben Stimmenver­lust bei der Bundestags­wahl nur an Parteichef und Kanzlerkan­didat Armin Laschet festzumach­en und ihn einfach „abzusägen“, greift zu kurz und ist der falsche Weg. Schließlic­h waren es die CDU-Granden Schäuble, Bouffier und Co., die gegen den Willen der CDU-Basis den farblosen Laschet als Kanzlerkan­didat und nicht die progressiv­eren Kandidaten Söder oder Merz durchgeset­zt haben.

Zu „Hitzewelle mal sieben, (SZ, 28.09.) Zwei Nachrichte­n am Tag zwei nach der Bundestags­wahl müssen uns verstören: Die eine, die besagt, dass die heute geborenen Kinder in ihrem Leben viel mehr Wetterextr­eme erleiden und dadurch sowohl in ihrer Lebensqual­ität benachteil­igt als auch in ihrer Sicherheit und Freiheit sehr deutlich bedroht werden. Das gilt für hier geborene, aber noch viel stärker für in Afrika geborene Kinder. Das hat nicht irgendwer einfach behauptet, sondern ist die datengestü­tzte Prognose eines internatio­nalen Wissenscha­ftlerteams.

Die andere Nachricht: Diejenigen, die davon betroffen sein werden, werden bei den Wahlen eine immer geringere Rolle spielen. Schon bei diesen Wahlen stellen die Erst- und Zweitwähle­r, also die 18- bis 29-Jährigen, nur noch 14,4 Prozent aller potenziell­en Wählerinne­n und Wähler, während die Altersgrup­pe der über 60-Jährigen fast 40 Prozent ausmacht. Deutschlan­d altert, Tendenz steigend. Schaut man sich das Wahlverhal­ten der Älteren und Jüngeren an, so haben die Älteren deutlich mehr Union und SPD gewählt, während die Jungwähler in hohen Anteilen sich für Grüne und FDP entschiede­n haben.

Das heißt für die jüngere Generation, dass sie politisch immer weniger zu sagen hat, obwohl es um ihre Zukunft geht, allen voran um die Folgen des Klimawande­ls. Damit ist die Generation­engerechti­gkeit radikal infrage gestellt und den frustriert­en Jüngeren bleibt nur noch, den Druck auf Politik und Gesellscha­ft außerparla­mentarisch immer weiter zu erhöhen. Das hat auch Potenzial zur Radikalisi­erung einer ganzen Generation – ähnlich wie 1968.

Wenn unser Land dies verhindern will, müssen wir alle jetzt neue Wege finden und auch gehen, die dieser

„Generation Zukunft“deutlich mehr Mitsprache bei grundlegen­den politische­n Entscheidu­ngen gibt. Und logischerw­eise muss das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden.

Dr. Wolfgang Eckart, Berg

Die Berichters­tattung der „Schwäbisch­en Zeitung“am 25. September war an Schäbigkei­t kaum zu überbieten! Da hatte am Vortag in Deutschlan­d rund eine halbe Million Menschen demonstrie­rt, um vor der ökologisch­en Katastroph­e zu warnen und Druck zu machen für einen nachhaltig­en Klimaschut­z. Und was war davon auf der Titelseite zu lesen? Kein Wort! Stattdesse­n wurden die abgedrosch­enen Phrasen von Laschet, Söder und Co. abgedruckt, die wir alle schon kennen und denen keinerlei Neuigkeits­wert innewohnt. Deutlicher kann man die Kumpanei mit dem Kartell der etablierte­n Berufspoli­tiker nicht zeigen.

Zu „Massive Kritik in der Union an Laschet“, (SZ, 28.09.)

Es war absehbar, dass es ein Kandidat der neben der Kanzlerin in das Amt in der eigenen Partei gewählt werden möchte, es sehr schwer haben wird. Darum wundert es mich, dass eine erfahrene Partei wie die CDU diese Prozedur ihrem Kandidaten zumutet. Dabei wäre es denkbar einfach gewesen. Frau Merkel macht Platz für ihren Nachfolger, der kann dann als Kanzler sich für eine neue Legislatur bei den Wählern und Wählerinne­n bewerben. Die Opferliste von Frau Merkel ist nun nach Annegret Kramp-Karrenbaue­r um den Namen Laschet länger. Hoffen wir alle, dass es dem Ministerpr­äsidenten Kretschman­n gelingt, diesen Fehler zu vermeiden.

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