„Aufwachen und sehen, was sich ändern muss“
Deutschland hat gewählt und das etablierte Parteiensystem komplett verändert sowie zu tiefst erschüttert. Der deutsche Wähler hat für einen generellen Wandel gestimmt. Die einstige prosperierende Volkspartei CDU wurde vernichtend abgestraft und in den Keller geschickt. Die CDU ist geschockt und die SPD als knapper Wahlsieger im Freudentaumel. Wer aber das Land jetzt regieren soll, ist unklarer als je zuvor. Gut möglich, dass nun in Deutschland als Novum eine Dreierkoalition kommt, es sei denn, die SPD ließe sich auf das absurde Wagnis ein, schon wieder mit der Union zu regieren. So gibt es nun mit der SPD sowie der CDU/CSU zwangsläufig zwei „MöchtegernKanzler“sowie mit der FDP und den Grünen zwei „Königsmacher, die als Juniorpartner und Klientelparteien wie auf dem Jahrmarkt den Kanzler nach Gutdünken bestimmen können. Nach dem kontinuierlichen Niedergang der CDU in den letzten zwölf Jahren und den 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel, in denen nahezu drei Viertel der Deutschen nicht mehr für Merkels Partei gestimmt haben, sollte diese endlich mal aufwachen und sehen was sich ändern muss, um nicht vollends in einer Chaos-Truppe zu landen. Sie sollte deshalb umgehend die Reißleine ziehen und sich in die Opposition zurückziehen, sich sortieren, sich grundlegend erneuern und sich nicht weiterhin durch demonstratives Festhalten an der Macht der Lächerlichkeit hingeben.
Ein Weiter-so kann es jedenfalls nicht geben, und den herben Stimmenverlust bei der Bundestagswahl nur an Parteichef und Kanzlerkandidat Armin Laschet festzumachen und ihn einfach „abzusägen“, greift zu kurz und ist der falsche Weg. Schließlich waren es die CDU-Granden Schäuble, Bouffier und Co., die gegen den Willen der CDU-Basis den farblosen Laschet als Kanzlerkandidat und nicht die progressiveren Kandidaten Söder oder Merz durchgesetzt haben.
Zu „Hitzewelle mal sieben, (SZ, 28.09.) Zwei Nachrichten am Tag zwei nach der Bundestagswahl müssen uns verstören: Die eine, die besagt, dass die heute geborenen Kinder in ihrem Leben viel mehr Wetterextreme erleiden und dadurch sowohl in ihrer Lebensqualität benachteiligt als auch in ihrer Sicherheit und Freiheit sehr deutlich bedroht werden. Das gilt für hier geborene, aber noch viel stärker für in Afrika geborene Kinder. Das hat nicht irgendwer einfach behauptet, sondern ist die datengestützte Prognose eines internationalen Wissenschaftlerteams.
Die andere Nachricht: Diejenigen, die davon betroffen sein werden, werden bei den Wahlen eine immer geringere Rolle spielen. Schon bei diesen Wahlen stellen die Erst- und Zweitwähler, also die 18- bis 29-Jährigen, nur noch 14,4 Prozent aller potenziellen Wählerinnen und Wähler, während die Altersgruppe der über 60-Jährigen fast 40 Prozent ausmacht. Deutschland altert, Tendenz steigend. Schaut man sich das Wahlverhalten der Älteren und Jüngeren an, so haben die Älteren deutlich mehr Union und SPD gewählt, während die Jungwähler in hohen Anteilen sich für Grüne und FDP entschieden haben.
Das heißt für die jüngere Generation, dass sie politisch immer weniger zu sagen hat, obwohl es um ihre Zukunft geht, allen voran um die Folgen des Klimawandels. Damit ist die Generationengerechtigkeit radikal infrage gestellt und den frustrierten Jüngeren bleibt nur noch, den Druck auf Politik und Gesellschaft außerparlamentarisch immer weiter zu erhöhen. Das hat auch Potenzial zur Radikalisierung einer ganzen Generation – ähnlich wie 1968.
Wenn unser Land dies verhindern will, müssen wir alle jetzt neue Wege finden und auch gehen, die dieser
„Generation Zukunft“deutlich mehr Mitsprache bei grundlegenden politischen Entscheidungen gibt. Und logischerweise muss das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden.
Dr. Wolfgang Eckart, Berg
Die Berichterstattung der „Schwäbischen Zeitung“am 25. September war an Schäbigkeit kaum zu überbieten! Da hatte am Vortag in Deutschland rund eine halbe Million Menschen demonstriert, um vor der ökologischen Katastrophe zu warnen und Druck zu machen für einen nachhaltigen Klimaschutz. Und was war davon auf der Titelseite zu lesen? Kein Wort! Stattdessen wurden die abgedroschenen Phrasen von Laschet, Söder und Co. abgedruckt, die wir alle schon kennen und denen keinerlei Neuigkeitswert innewohnt. Deutlicher kann man die Kumpanei mit dem Kartell der etablierten Berufspolitiker nicht zeigen.
Zu „Massive Kritik in der Union an Laschet“, (SZ, 28.09.)
Es war absehbar, dass es ein Kandidat der neben der Kanzlerin in das Amt in der eigenen Partei gewählt werden möchte, es sehr schwer haben wird. Darum wundert es mich, dass eine erfahrene Partei wie die CDU diese Prozedur ihrem Kandidaten zumutet. Dabei wäre es denkbar einfach gewesen. Frau Merkel macht Platz für ihren Nachfolger, der kann dann als Kanzler sich für eine neue Legislatur bei den Wählern und Wählerinnen bewerben. Die Opferliste von Frau Merkel ist nun nach Annegret Kramp-Karrenbauer um den Namen Laschet länger. Hoffen wir alle, dass es dem Ministerpräsidenten Kretschmann gelingt, diesen Fehler zu vermeiden.
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