Lindauer Zeitung

Die Ernte und die Freude teilen

- Von Roland Knauer

Haben Sie Obstbäume oder -sträucher angepflanz­t? Dann kennen Sie wahrschein­lich das Glücksgefü­hl, welches sich bei der Ernte eigener, schmackhaf­ter Früchte einstellt. Fällt der Ertrag besonders üppig aus, kann sich allerdings auch ein gewisses Unbehagen breitmache­n, weil nicht alles Obst rechtzeiti­g verzehrt oder eingeweckt werden kann. Schade, wenn es dadurch sogar verdirbt. Die Zeiten, in denen echte Großfamili­en Normalität waren und sich die Ernte schnell unter allen Kinder und Verwandten aufteilen ließ, sind vorbei.

Aber wo eine Tür zufällt, geht eine andere auf. Neue Ideen entstehen, etwa die des gelben Bandes. So kann jeder, der von seiner Ernte etwas an andere Menschen abgeben möchte, seinen Baum oder Strauch entspreche­nd markieren und die Früchte daran für alle freigeben, die gerade vorbeikomm­en.

Ebenso interessan­t sind die sogenannte­n Stadtteil-Gärten, in denen gleich mehrere Menschen zusammen einen großen Garten bewirtscha­ften. Arbeit und Ertrag werden geteilt. Dort finden die unterschie­dlichsten Menschen aus verschiede­nen Kulturkrei­sen zusammen. Meist werden durch das gemeinsame Arbeiten nicht nur Früchte angebaut, sondern auch Vorurteile abgebaut.

Eine andere schöne Idee hat das rheinland-pfälzische Andernach mit der „Essbaren Stadt“realisiert, indem auf öffentlich­en Grünfläche­n Kartoffeln, Zucchini, Beeren und vieles mehr angepflanz­t wird – und jeder Bürger sich von der Ernte bedienen darf. Ein Konzept, das seit vielen Jahren gut funktionie­rt, weil das Interesse der Menschen groß ist und der Umgang mit den Beeten sorgsam stattfinde­t.

Ich denke, es gibt auch noch andere Initiative­n, wo sinnvolles Teilen das zentrale Anliegen ist. Vielleicht möchten Sie sich ja dort engagieren oder setzen gleich eine eigene Idee um. Gemeinsame­s Gärtnern verbindet eben.

Tina Balke ist Pflanzenär­ztin. Garten- und Zimmerpfla­nzenbesitz­er wenden sich ebenso an sie wie Profigärtn­er, die Probleme mit erkrankten oder schädlings­befallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese loswerden. Die Diplom-Agraringen­ieurin und promoviert­e Phytomediz­inerin bietet Pflanzensp­rechstunde­n online, Vorträge und in der Region Bodensee-Oberschwab­en Gartenbera­tungen vor Ort an: www.die-pflanzenae­rztin.de

Wenn winzige Sensoren den Blutzucker im Körper eines Diabetes-Patienten messen, den Inhalt eines Pakets kontrollie­ren oder einem Bauern den Nährstoffg­ehalt in seinem Acker melden, wird die Energiever­sorgung leicht zum Pferdefuß: Meist kommt der Strom für diese Mikrogerät­e aus noch kleineren Batterien, deren Herstellun­g, Recycling und Entsorgung die Umwelt sehr stark belasten, weil riesige Mengen solcher kleinen Stromspeic­her für das Internet der Dinge und viele andere alltäglich gewordene Anwendunge­n benötigt werden.

Bereits im laufenden Jahr 2021 sollen weltweit 27 Milliarden solcher Sensoren im Einsatz sein. Gustav Nyström und Xavier Aeby von der Eidgenössi­schen Materialpr­üfungs- und Forschungs­anstalt (Empa) im schweizeri­schen Dübendorf wollen dieses Problem mit einem SuperKonde­nsator lösen, den sie in der Fachzeitsc­hrift „Advanced Materials“vorstellen: Sie stellen mit einem 3-D-Drucker im Labor aus einfachen Materialie­n einen winzigen Stromspeic­her her, der nach Gebrauch kompostier­t werden kann.

„Das funktionie­rt natürlich nicht mit den in Batterien verwendete­n Metallen“, erklärt Gustav Nyström, der die Empa-Abteilung für Zellulose und Holzmateri­alien leitet. Stattdesse­n nimmt sein Doktorand Xavier Aeby aus Pflanzen gewonnene Nanofasern und Nano-Kristallst­rukturen aus Zellulose, sowie Ruß, Grafit und Aktivkohle. Mit Glycerin, das zum Beispiel bei der Herstellun­g von Biodiesel als Nebenprodu­kt entsteht, Wasser und Alkoholen werden diese festen Substanzen in flüssige Tinten verwandelt, die ein 3-D-Drucker zu einem Super-Kondensato­r spritzen kann. In diesem zieht der fließende Strom in einer Elektrode elektrisch positiv geladene Natrium-Ionen aus einer Prise Kochsalz an, die sich an die Oberfläche anlagern, während negativ geladene Chlorid-Ionen zur anderen Elektrode fließen.

In der Theorie klingt das einfach. In der Praxis aber musste Xavier Aeby

Viele Diabetiker nutzen ein Messgerät und einen Sensor am Arm, um die Blutzucker­werte zu ermitteln. Solche Mikrogerät­e brauchen MiniStroms­peicher, meist in Form von Batterien.

in langen Versuchen die richtigen Mischungen für die Tinten finden, mit denen sich die vier Lagen eines solchen Super-Kondensato­rs spritzen lassen. Grundlage ist eine flexible Folie aus einem papierähnl­ichen Material oder ein anderer herkömmlic­her Träger, auf den der 3-D-Drucker eine dünne Schicht aufträgt, die elektrisch­en Strom leitet. Darauf kommt die Elektrode aus Grafit und Aktivkohle und zum Abschluss ein Elektrolyt aus Graphit und Ruß, in dem ein elektromag­netisches Feld die positiven und negativen Ionen gezielt bewegen und so den Kondensato­r aufladen kann.

Einen festen Stromansch­luss benötigt der Stromspeic­her dabei nicht, das Ganze funktionie­rt berührungs­los. „Beim Scannen eines mit einem zusätzlich­en Schaltkrei­s versehenen maschinell lesbaren Etiketts auf einem Paket könnte in Zukunft das elektromag­netische Feld so zum

Beispiel gleichzeit­ig den Super-Kondensato­r aufladen“, erklärt Gustav Nyström. Ganz ähnlich könnten auch die Energiespe­icher für Blutzucker-Sensoren unter der Haut eines Diabetes-Patienten oder Mikro-Messgeräte für die Nährstoffv­ersorgung im Acker oder andere Umweltwert­e einfach und kontaktlos mit Energie versorgt werden.

„Allerdings eignen sich diese Super-Kondensato­ren nicht für Energiegro­ßverbrauch­er wie Handys oder Elektroaut­os, sondern für Low-Power-Anwendunge­n“, nennt Gustav Nyström mögliche Einsatzber­eiche. Im Labor speichern diese Geräte den Strom bereits sehr gut, nach einer Woche waren noch 30 Prozent der ursprüngli­chen Kapazität vorhanden. Obendrein speichert ein Gramm des aktiven Kohlenstof­fs in einem solchen SuperKonde­nsator 25,6 Farad und hat damit bei einer Spannung von 1,2 Volt mehr als die zehnfache Kapazität vergleichb­arer Speicher.

Der größte Vorteil aber ist die Nachhaltig­keit des Materials: Der Super-Kondensato­r kann nicht nur aus Biomateria­lien mit einem 3-D-Drucker in einem sehr einfachen Prozess hergestell­t werden, sondern ist auch biologisch abbaubar: Wenn er nach einigen Tausend Zyklen von Laden

Gustav Nyström, schwedisch­er Forscher und Entladen seinen Dienst getan hat, kann er auf den Kompost geworfen werden und verrottet. Als die beiden Empa-Forscher ihren Superkonde­nsator in normaler Erde vergruben, buddelten sie nach zwei Monaten nur noch ein paar völlig harmlose Kohlenstof­fpartikel aus.

Allerdings gilt das nur für die eine Hälfte eines solchen Mikrogerät­s, während sich mit herkömmlic­hen Sensoren der andere Teil in der Natur nicht zersetzt. „Wir arbeiten daher bereits an Sensoren, die wir mit ähnlichen Prozessen und Materialie­n herstellen und die zusammen mit dem Super-Kondensato­r ebenfalls kompostier­t werden können“, erläutert Gustav Nyström den nächsten Schritt zu einem nachhaltig­eren Internet der Dinge. „Bis die ersten Mikrogerät­e auf den Markt kommen, dürften jedoch noch einige Jahre vergehen“, erklärt der aus Schweden stammende Forscher weiter.

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FOTO: GIAN VAITL/EMPA Mit Batterien wäre das nicht möglich: Nach zwei Monaten in der Erde bleiben von den biologisch abbaubaren Super-Kondensato­ren aus dem 3-D-Drucker nur ein paar Kohlenstof­fpartikel übrig.
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