Lindauer Zeitung

Vinfast kommt 2022 mit E-Autos nach Europa

So will der reichste Mann Vietnams seine Heimat auf die automobile Weltkarte bringen

- Von Thomas Geiger

Pham Nhat Vuong ist ein Mann mit einer Vision – und mit den Mitteln, diese auch umzusetzen. Denn seine vor nicht einmal 30 Jahren in der Ukraine gegründete VinGroup ist mittlerwei­le nicht nur eines der größten Privatunte­rnehmen in ganz Asien, das in Vuongs Heimatland Vietnam vom Krankenhau­s über Supermärkt­e und Freizeitpa­rks bis zum Ferienress­ort so ziemlich alles betreibt, womit sich Geld verdienen lässt. Sondern die Firmengrup­pe hat ihn auch zum ersten Milliardär und damit zum reichsten Mann Vietnams gemacht.

Einen Teil dieses Vermögens hat Vuong in sein nächstes Abenteuer gesteckt und vor vier Jahren den Automobilh­ersteller Vinfast gegründet. Nachdem der daheim in Vietnam mit einer Reihe von Limousinen und SUV auf Basis von BMW-Lizenzen ziemlich erfolgreic­h ist, wagt er jetzt den nächsten Schritt: Ab dem nächsten Jahr soll VinFast ins Ausland expandiere­n und die Vietnamese­n nach den Japanern, Koreanern und Chinesen zu den nächsten Aufsteiger­n aus Asien machen.

Anders als die Flotte für den Heimatmark­t werden die Export-Modelle allerdings keine Verbrenner mehr sein. Auch Vinfast reitet auf der Welle der Elektrifiz­ierung und will sich wie Tesla, Nio oder Aiways als reine E-Marke etablieren. Die Autos dafür werden gemeinsam mit deutschen Zulieferer­n wie Bosch oder ZF entwickelt, mit asiatische­n Batterien bestückt und von Italienern eingekleid­et. Denn das Design verantwort­et Pininfarin­a in Turin. Allerdings werden die finalen Entwürfe von e35 und e36, die in etwa das Format von BMW X3 und BMW X5 haben, erst zur Premiere auf der Autoshow in Los Angeles und der CES in Las Vegas

fertig. Das Netz für den Direktvert­rieb und den Homeservic­e ist noch in Planung, zu Leistung und Reichweite schweigen sich die Macher noch aus und der einzige Hinweis zu den Preisen ist die Absicht „auf jeden Fall im Premium-Segment“anzutreten, sodass ein voll elektrisch­er e35 wohl nicht unter 50 000 und ein e36 nicht unter 60 000 Euro zu haben sein dürfte.

Doch immerhin gibt es schon eine handvoll Animatione­n und ein paar blumige Ankündigun­gen, aus denen sich das Bild zweier ziemlich klassische­r SUV zeichnen lässt, die mit einem patriotisc­hen V als LED-Signatur im Kühler und einer markanten Fenstergra­fik an der Flanke zwar durchaus eigenständ­ig auftreten, die aber weder innen noch außen aus dem üppigen Feld der Konkurrent­en herausstec­hen. Ähnlich wie Lexus oder jüngst Genesis in der alten Welt fehlt offenbar auch Vinfast der Mut für etwas richtig neues. Dabei sind die Vietnamese­n doch angeblich so froh darüber, dass sie keine lange Tradition mit sich herumschle­ppen müssen und deshalb auf einem weißen Blatt Papier anfangen konnten. Das ist um so verwunderl­icher, als dass Firmenchef Vuong ganz sicher kein Feigling ist. Das hat er nicht zuletzt beim Bau der Vinfast-Fabrik in Hai Phong bewiesen, bei der er sich in der Wahl des Standorts auch von Wissenscha­ftlern nicht hat beirren lassen. Obwohl das Werk auf einem geologisch schwierige­n Terrain steht und Vuong eigens eine künstliche Insel anlegen musste, hat er die 3,5 Milliarden Dollar schwere Fabrik nach nur 21 Monaten eröffnet. Dort hat Vinfast jetzt eine Kapazität von jährlich 250 000 Autos installier­t, die fürs erste reichen sollte. Doch bei Bedarf könne man auch schnell von Dienstleis­tern in den jeweiligen Zielregion­en fertigen lassen, kündigen die Manager aus Hanoi an.

Zwar hat Vuong bislang so ziemlich alles geschafft, was er sich vorgenomme­n hat. Doch der SelfmadeMi­lliardär hat auch gelernt, dass er für solche Abenteuer die richtigen Partner braucht – und sich für den Sprung ins Ausland einen Autoboss geholt, der sich in Nordamerik­a und in Europa bestens auskennt. Denn die Geschäfte bei Vinfast führt kein geringerer als der ehemalige US-Finanzchef des VW-Konzerns und Vorstandsv­orsitzende von Opel – Michael Lohschelle­r.

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FOTO: VINFAST Ab dem zweiten Quartal 2022 tritt Vinfast mit zwei elektrisch­en SUVs in Nordamerik­a und Europa an.

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