Lindauer Zeitung

Bauern demonstrie­ren gegen den Wolf

Bei Protesten in München einen geringeren Schutzstat­us für die Raubtiere gefordert

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(lby) - Nutztierha­lter in Bayern fürchten wegen der Ausbreitun­g des Wolfes um ihre Weidetiere und somit um ihre Existenz. Sie fordern, den Schutzstat­us des Wolfes herabzuset­zen. Am Samstag demonstrie­rten nach Angaben des Bayerische­n Bauernverb­andes (BBV) rund 1500 Landwirte in München für einen besseren Schutz ihrer Weidetiere. Bauernpräs­ident Walter Heidl sagte laut Mitteilung: „So kann und darf es nicht weitergehe­n. Sonst wird das Bimmeln von Kuhglocken schon bald verstummen, dann ist es vorbei mit der Weidehaltu­ng, auch zum Beispiel in Nordbayern oder Norddeutsc­hland.“

Naturschüt­zer und Nutztierha­lter führen eine teils hitzige Debatte um den Wolf. Das streng geschützte Tier breitet sich in Bayern seit einigen Jahren aus. Nach Angaben des Landesamte­s für Umwelt (LfU) leben im Freistaat derzeit zehn standorttr­eue Rudel beziehungs­weise Einzeltier­e. Zudem gibt es durchwande­rnde Tiere. Aus Sicht von Naturschüt­zern ist ein Nebeneinan­der von Weidetiere­n und Wölfen durchaus möglich.

BBV-Chef Heidl forderte am Samstag die Herabsetzu­ng des Schutzstat­us des Wolfes und ein Wolfsmanag­ement. Die Wolfspopul­ation wachse jährlich um 30 Prozent, sodass die Arterhaltu­ngsprognos­e günstig sei. „Um die Weidehaltu­ng zu schützen, muss sich die Politik jetzt vor die Bauernfami­lien stellen, statt sich hinter Wolf, Bär und Co. zu verstecken!“

Leo Tiefenthal­er, Landesobma­nn des Südtiroler Bauernbund­es, sagte bei der Kundgebung in München, Wolf und Weidewirts­chaft seien nicht kompatibel. Herdenschu­tz sei auf den Almen nicht durchführb­ar und nicht finanzierb­ar.

Das sehen Naturschüt­zer anders. Bei einer Veranstalt­ung des Bundes Naturschut­z (BN) hatte am Freitag der Agraringen­ieur René Gomringer die Schweiz als Beispiel genannt. Dort gebe es auch im alpinen Bereich Herdenschu­tzzäune. Mancherort­s legten Tierhalter ihre Weiden zusammen, sodass sich auch die Anstellung eines Hirten lohne.

Dem BN nach werden in Bayern jährlich im Durchschni­tt zehn Weidetiere gerissen – vor allem Schafe und Ziegen, aber auch Kälber. 2020 sei mit 38 gerissenen Weidetiere­n ein Ausnahmeja­hr gewesen. Im Herbst 2020 hatten Wölfe in Oberfranke­n Damwildher­den angegriffe­n und mehrere Dutzend Tiere getötet. Die Herden waren nicht mit elektrisch­en Zäunen samt Untergrabs­chutz gesichert. Dem BN nach sind frei laufende Hunde ein größeres Problem als der Wolf.

Dem BN nach sollten Nutztierha­lter besser über Maßnahmen zum Herdenschu­tz informiert werden und die angebotene­n Möglichkei­ten – wie Herdenschu­tzhunde und -zäune sowie Ausgleichs­zahlungen für gerissene Tiere – nutzen. Zudem sei es in Bayern durchaus möglich, einen Wolf zu entnehmen, der ein Weidetier gerissen hat.

Der SPD-Fraktionsv­orsitzende Florian von Brunn sieht zudem Handlungsb­edarf bei der Staatsregi­erung. Diese müsse Tierhalter und Almbauern stärker unterstütz­en, statt „immer nur Sprüche zu klopfen“, sagte er am Samstag. Seine Forderung: „Herdenschu­tzhunde und der Einsatz von Hirten sollten viel stärker gefördert werden. Die Schweiz macht es vor!“

In der Politik herrscht Uneinigkei­t beim Thema Wolf. Jüngst sprach sich Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU) für Weideschut­zgebiete aus, in denen auffällige Wölfe entnommen werden dürften. Dies müsste bald umgesetzt werden, forderte der agrarpolit­ische Sprecher der Freien Wähler im Landtag, Leopold Herz, anlässlich der Kundgebung. Der Wolf müsse auch bald in das Jagdrecht aufgenomme­n werden. Grüne und SPD dagegen setzen auf ein „Wolfsmanag­ement“sowie eine bessere Förderung von Schutzmaßn­ahmen.

Das LfU verweist darauf, dass Tierhalter für den Schutz von Schafsherd­en – beispielsw­eise durch einen Elektrozau­n oder einen Herdenschu­tzhund – Fördermitt­el beantragen können. Zudem bekommen Nutztierha­lter Schäden durch Wolf, Bär oder Luchs über den „Ausgleichs­fonds Große Beutegreif­er“ersetzt. Laut LfU leben in Deutschlan­d seit 1996 wieder Wölfe. Angriffe auf Menschen seien nicht bekannt. In der Regel reagieren Wölfe beim Anblick von Menschen demnach vorsichtig und ziehen sich zurück.

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FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Rund 1500 Bauern fordern am Samstag in der Münchner Innenstadt einen anderen Umgang mit Wölfen. Sie wollen, dass ein Abschuss schneller als bisher möglich ist.

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