Europäischer Kulturpreis für Lindau
Die Stadt ist die kleinste Kommune, die die Auszeichnung je bekommen hat
- Sie haben in den vergangenen eineinhalb Jahren sehr gefehlt: Konzerte, Theater, die Oper. Im Lindauer Stadttheater wurde am Freitag ein Abend lang die Kultur gefeiert. Immerhin geht der Europäische Kulturpreis in diesem Jahr in fast allen Kategorien in die Bodenseeregion. Lindau ist die kleinste Kommune, die ihn je bekommen hat.
Impulse für einen lebendigen Dialog zwischen Staaten und Regionen zu geben, das sei Ziel von Pro Europa, so Tilo Braune, Präsident der Stiftung, die ihren Sitz in Basel hat. „Die Bodenseeregion ist seit Jahrhunderten Drehscheibe des kulturellen Zusammenlebens in Europa und so sind die Preisträger nahezu prototypisch für diesen Gedanken“, sagte er. „Durch ihre Aktivitäten erfüllen sie ihn mit Leben.“Vize-Präsidentin Susanne Mueller-Zantrop erklärte, dass es darum gehe, Menschen hervorzuheben, die zeigen, wie man mit Herausforderungen umgehe.
In insgesamt vier Kategorien wurde der Preis vergeben. Lindau bekam ihn für herausragende kulturelle Leistungen. „Als Oberbürgermeisterin ist es ein großes Glück und eine wahre Freude, ein solches Kulturamt zu haben“, sagte die Lindauer Oberbürgermeisterin Claudia Alfons, Gastgeberin des Abends.
Kunst und Kultur dürften kein Eliteprogramm sein, alle Menschen sollen mitgenommen werden, so der bayerische Staatsminister für Kunst und Wissenschaft, Bernd Sibler, in seiner Laudatio. Und Lindau mache eben genau das: „Lust auf die europäische Kulturgeschichte.“Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn weiß, warum das so ist: Kunst und Kultur seien in Lindau eben nicht nur bloßes Beiwerk, sondern „existentieller Bestandteil unseres Lebens“.
Neben der Stadt Lindau wurden auch die Bregenzer Festspiele, der Boswiler Sommer (Schweiz) sowie die weltweite Organisation „Religions for Peace“mit Sitz in New York ausgezeichnet, die ab Montag bereits zum dritten Mal eine Tagung in der Lindauer Inselhalle ausrichtet.
Religions for Peace bekam den Kulturpreis in der Kategorie Pro Humanitate. „Religions for Peace hat sich zum Ziel gesetzt, nicht das Trennende zu suchen, sondern das Verbindende zu finden“, so Johann Singhammer, ehemaliger Vizepräsident des Deutschen Bundestages.
Azza Karam, Generalsekretärin von Religions for Peace, ist für die Tagung bereits in Lindau angekommen und konnte deswegen persönlich die Trophäe, einen farbenfrohen Vogel, in Empfang nehmen. „Der Glaube ist unsere Musik“, sagte sie. Und es gleiche einem Orchester, wenn verschiedene religiöse Führer zusammenkommen. „Das ist die Musik
des Friedens.“Laudatorin für die Bregenzer Festspiele war Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink. Sie würdigte vor allem die Vermittlungsund Nachwuchsarbeit der Bregenzer Festspiele. Ein Engagement, das weniger im Rampenlicht stehe, aber verdeutliche, wie wichtig den Verantwortlichen die Künstlerinnen und das Publikum von morgen seien. Die Bregenzer Festspiele haben den Preis für herausragende künstlerische Nachwuchsarbeit bekommen. Ein Preis, der „beflügelt, weiter in diese Aufgabe zu investieren“, so Intendantin Elisabeth Sobotka.
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Der Ausdruck „Weltkunst auf dem Lande“ist für Christine Egerszegi-Obrist die kürzeste Beschreibung des Boswiler Sommers. Das Künstlerhaus bekommt den Europäischen Kulturpreis für Musik. Die ehemalige schweizer Nationalratspräsidentin beschrieb in ihrer Laudatio „das Magische dieses Musikfestivals: Es ist ein Musikfest, das Menschen verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Alters und Renommées zusammenbringt“. Intendant Andreas Fleck nahm den gläsernen Vogel dankend entgegen. Er erinnere ihn an einen Paradiesvogel – auch Boswil sei ein Paradies, „ein Paradies,
in dem sich Musiker frei entfalten können.“Wie sehr die Kultur in den vergangenen eineinhalb Jahren gefehlt hat, das haben die Gäste am Freitag nicht nur in den vielen Reden gehört – sondern auch erlebt. Bei der gekonnten, humorvollen und kurzweiligen Moderation von Schauspieler Malte Arkona, den einige Lindauer zuletzt beim „Sommernachtstraum“im Casinopark erlebt haben. Und bei den Darbietungen des internationalen Kammerorchesters Chaarts, der Sopranistin Shira Patchornik und dem Bariton Ilya Kutyukhin. Sie alle zeigten, warum Kultur am Bodensee preiswürdig ist.