Oase des Friedens
Westafrika wird zunehmend von Terrorismus und Extremismus heimgesucht – Dennoch gelingt es Christen und Muslimen im Senegal friedlich miteinander zu leben
(KNA) - Religionen können Radikalisierung und Gewalt befördern. Doch sie bieten auch die Chance, verbindend zu wirken. Dass solch ein friedliches Miteinander möglich ist, wenn man einander als Menschen achtet – das zeigt der Senegal. In dem westafrikanischen Land mit seinen 16,3 Millionen Einwohnern leben gerade mal 500 000 Katholiken. Die Zahl der Christen insgesamt macht fünf Prozent aus, die Mehrheit gehört dem Islam an. Dennoch gibt es ein konfliktfreies Zusammenleben.
Woran das liegt? „Weil keine theologischen Dialoge geführt werden, sondern die Menschen sich auf die gemeinsamen Werte berufen“, sagte der Bischof der Diözese Thies, Andre Gueye in einem jüngst vom Hilfswerk missio München veranstalteten Livechat. Der Kirchenmann gehört zu einem Kreis von Vertreterinnen und Vertretern aus dem Senegal, die im Oktober in Bayern und Speyer anlässlich des Weltmissionsmonats als Gäste erwartet werden. Seit Jahren pflegt das katholische Hilfswerk missio München gute Beziehungen zu dem afrikanischen Land.
Mit seinen Partnern ist es gelungen, soziale und kirchliche Projekte anzuschieben, darunter das Ausbildungszentrum „Claire Amitie“in
Thies. Rund 150 Mädchen und junge Frauen, meist aus schwierigen Verhältnissen, erhalten dort eine Ausbildung. Im Schneiderhandwerk, im Bereich Informatik oder als Fachkräfte für die Gastronomie können sie sich schulen lassen.
Die gute Seele und Leiterin der Einrichtung ist Louise Ndione. Ihr kommt es darauf an, dass sich die Schülerinnen einen Beruf aussuchen, der ihnen gefällt und woran sie Freude haben. Denn aufgenommen und gefördert – bei relativ niedrigem Schulgeld – wird, wer sich einbringt. „Im Vordergrund steht die Person“, sagte Ndione. Die Schülerinnen sollen fit und selbstbewusst gemacht werden fürs Leben. Oft seien manche schon verheiratet und hätten Familie, wenn sie eine Ausbildung beginnen, berichtete die Leiterin. Dann erhielten sie auch Tipps, wie eine Ehe mit Kindern gut gelingen könne.
Das Zentrum wird kirchlich finanziert; unterrichtet werden aber nicht nur Christinnen, sondern auch Musliminnen. Letztere seien sogar in der Mehrheit, erzählte Ndione. Dass manche ein Kopftuch tragen, scheint kein Problem zu sein. „Wichtig ist, dass man sich als große Familie fühlt und Respekt voreinander hat.“Auf Toleranz und Achtung setzt auch Bischof Gueye, wenn er sich mit muslimischen Religionsvertretern trifft. Die Kirche schaffe Orte der Begegnung
und werde anerkannt für ihr gesellschaftliches Engagement, sei es in ihrer karitativen Arbeit oder im Gesundheitswesen, erzählte er.
Letztlich seien die gemeinsamen Fragen des Lebens und die Werte, die alle miteinander verbänden, entscheidend, findet der Bischof. So müssten Christen wie Muslime dafür sorgen, dass sie etwa als Bauern erfolgreich ihre Felder bestellten, um die Familien zu ernähren. „Wir sind eine Menschheit“, betonte der Bischof und berichtete sogar von interreligiösen Hochzeiten. Es gebe mittlerweile muslimische Familien mit christlichen Namen und umgekehrt.
Was nach heiler Welt klingt, ist nicht selbstverständlich. An einem friedlichen Zusammenleben muss permanent gearbeitet werden. Dazu passt das für den diesjährigen Weltmissionsmonat gewählte Bibelwort aus dem Paulus-Brief an die Galater „Lasset uns nicht müde werden, das Gute zu tun“. Abbe Fulgence Coly, Priester und Caritas-Direktor weiß, was das bedeutet. Er lebt und wirkt in der Krisenregion Casamance. Dort waren Rebellen und Soldaten heftig aneinander geraten. Viele Menschen flohen, als sie für sich keine Zukunft mehr sahen. Derzeit herrscht eine Waffenruhe, mit der es aber schnell wieder zu Ende sein könnte.
Dennoch gibt es Hoffnung. Frühere Bewohner kehren wieder in ihre Heimat zurück. Die Caritas hilft finanziell jenen, die motiviert sind, etwa ihr Haus wieder aufzubauen. Das Leid der Menschen zu lindern und sich gemeinsam für Menschlichkeit einzusetzen – dazu trägt die Unterstützung von missio München bei. Darüber zu erzählen, darauf freut sich nun Coly bei den geplanten Begegnungen in Bayern.
Andre Gueye, Bischof der Diözese Thies