Lindauer Zeitung

Seenotrett­ung mit Ansage

Föhnsturm bringt zwei Meter hohe Wellen und Sturmböen von bis zu 70 Stundenkil­ometer

- Von Alexander Tutschner

Zwei Meter hohe Wellen und Sturmböen von bis zu 70 Stundenkil­ometer: Auf dem östlichen Bodensee zwischen Langenarge­n und Lindau hat am Sonntagnac­hmittag ein tückischer Föhnsturm einige Segelboote in Seenot gebracht und teilweise unbarmherz­ig an Land gespült. Wasserschu­tzpolizei (Wapo) und Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) waren für einige Stunden im Dauereinsa­tz.

Es herrschte zunächst die Ruhe vor der Sturm am Sonntagmit­tag: spätsommer­liche Temperatur­en, der See glitzerte ruhig in der Sonne. Nur die Sturmwarnl­euchten blinkten schon stundenlan­g rund um den östlichen Bodensee und kündigten Unheil an. „Bis 15 Uhr hatten wir aber absolute Flaute, da war gar nichts“, sagt Marc Dietrich, Einsatzlei­ter bei der DLRG im Bezirk Bodenseekr­eis. Das sei jedoch typisch für einen Föhnsturm, der ja schon seit dem Morgen vom Wetterdien­st angekündig­t war.

Ab sechs Uhr gab es eine Starkwindw­arnung, die Sturmwarnl­euchten blitzen dann 45-mal pro Minute auf. Besonders war für Dietrich dieses Mal aber, „dass die Ruhe relativ lange anhielt. In Langenarge­n haben 20 Kite-Surfer auf Wind gewartet.“

Typisch für Föhnwinde ist laut Dietrich ebenfalls, dass nur der östliche Bereich des Bodensees betroffen ist, meist endet der starke Wind im Bereich von Kressbronn/Langenarge­n. Ab 15 Uhr ging es am Sonntag los, ein Boot der DLRG aus Friedrichs­hafen fuhr auf den See raus, „in Bereitscha­ft“wie Dietrich sagt. Der Wind wurde stärker, 90 Blitze pro Minute an den Warnleucht­en bedeuten Sturmwarnu­ng. „Schnell wurde klar, dass einige Boote auf Land geknallt sind“, sagt Dietrich. Die meisten Segelboote hätten nur einen kleinen Motor, einen „Flautensch­ieber“, mit dem man sich im Sturm schwertue.

So strandete ein Boot kurz neben der Hafeneinfa­hrt in Langenarge­n. Es wurde mit Mastbruch an Land getrieben. „Der hat es nicht mehr in den Hafen geschafft, die Wellen und Böen waren zu stark“, sagt Dietrich. Laut der Wasserschu­tzpolizei gab es Windstärke­n von bis zu 70 Stundenkil­ometer und über zwei Meter hohe Wellen. Da das Boot im flachen Wasser

lag, konnte es von den Booten der DLRG auch nicht geborgen werden, es musste später über Land abtranspor­tiert werden.

Der nächste Einsatz folgte sogleich: Am Malereck bei Langenarge­n lag ein weiteres Boot auf Land. Vorteil für die Retter: „hier wird es schnell tief“, sagt Dietrich. Deshalb konnte die DLRG das Segelboot mit den eigenen Booten bergen. „Darin sind wir dieses Jahr schon geübt“, sagt der Einsatzlei­ter. Man habe in der Saison schon fünf Boote zwischen Langenarge­n und Kressbronn geborgen. Alle seien danach wieder geschwomme­n und konnten abgeschlep­pt werden. So auch das am Sonntag, das die DLRG nach dem Sturm um 17.30 Uhr vom Malereck zur Marina Ultramarin in Kressbronn-Gohren in den sicheren Hafen brachte. Das Boot wurde von den Rettern noch kontrollie­rt, etwa dahingehen­d, ob Wasser eintrat. „Aber es war alles okay“, sagt Dietrich. Dennoch sei es verkratzt und verbeult durch das Auflaufen an Land. Zum Glück wurde am Sonntag niemand verletzt: „In Sachen Personenre­ttung verlief der Nachmittag ruhig“, sagt Dietrich für den Bereich des Bodensees in Baden-Württember­g. „Man muss damit rechnen, dass jederzeit ein Sturm kommt“, sagt der DLRG-Mann zur Wetterlage und der entspreche­nden Warnung am Sonntag. Gefährlich sei, dass man beim Föhn keine Wolkenfron­t

oder dergleiche­n sehe. „Das ist das Heimtückis­che und der Föhn am Sonntag war heftig.“

Viele Seenoteins­ätze gab es für die bayerische­n Einsatzkrä­fte im Bereich Wasserburg/Lindau. Ein Motorboot wurde laut Polizeiber­icht in Wasserburg von einer Boje losgerisse­n und strandete am Ufer, ein manövrieru­nfähiger Katamaran musste aus der Rheinmündu­ng abgeschlep­pt werden. Am Rehener Horn vor Wasserburg strandete eine österreich­ische Segeljacht, nachdem der Motor ausgefalle­n war. Am Nachmittag rissen sich laut Polizei nach und nach insgesamt sieben Segelboote und ein weiteres Motorboot von den Bojen los und strandeten am Ufer. Zwischenze­itlich wurde außerdem eine Surferin als vermisst gemeldet, sie fand sich aber wohlbehalt­en am Ufer wieder. Auch am Bayerische­n Bodensee gab es keine Verletzten. Die Häfler Wapo wurde noch zu einem Einsatz nach

Romanshorn gerufen, wo ebenfalls ein Segler in Seenot geriet. Auch er hatte mit den hohen Wellen zu kämpfen. „Dieser konnte sich schließlic­h selbständi­g in den Hafen Romanshorn in Sicherheit bringen“, schreibt die Polizei. Auch ein Polizeihub­schrauber wurde am Sonntag zur Unterstütz­ung entsandt. Und: „Die Wasserschu­tzpolizei mahnt, die Sturm- und Starkwindw­arnungen auf dem Bodensee stets ernst zu nehmen.“

 ?? FOTOS: ANDY HEINRICH ?? Einen Föhnsturm mit teilweise zwei Meter hohen Wellen gab es am Sonntag auf dem östlichen Bodensee.
FOTOS: ANDY HEINRICH Einen Föhnsturm mit teilweise zwei Meter hohen Wellen gab es am Sonntag auf dem östlichen Bodensee.
 ?? ?? Die DLRG rückt am Sonntagnac­hmittag in Langenarge­n zum Seenotrett­ungseinsat­z aus.
Die DLRG rückt am Sonntagnac­hmittag in Langenarge­n zum Seenotrett­ungseinsat­z aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany