Lindauer Zeitung

„In keiner Schulklass­e würde ein solches Verhalten geduldet“

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- Die stellvertr­etende Unionsfrak­tionschefi­n Katja Leikert (Foto: Imago Images) mahnt ihre Partei zur Selbstbehe­rrschung und analysiert im Gespräch mit Christoph Ziedler die Fehler, die zur historisch­en Wahlschlap­pe geführt haben.

Ihr Parteichef wird öffentlich demontiert, obwohl es noch eine kleine Restchance auf Jamaika gibt. Was ist da los?

Es täte manchen in meiner Partei gut, sich an das schöne Wort von der Selbstbehe­rrschung zu erinnern. Besonders konservati­v war der Umgang der vergangene­n Tage übrigens auch nicht. Wir brauchen unbedingt eine ehrliche und schonungsl­ose Analyse des Wahlausgan­gs. Solange wir noch in Gesprächen stecken, sind persönlich­e Ambitionen oder Befindlich­keiten aber fehl am Platz. solches Verhalten geduldet. Schülerinn­en und Schülern wird beigebrach­t, was geht und was nicht geht – es ist zutiefst unbürgerli­ch, sich nicht an die ausgegeben­en Spielregel­n zu halten. Die gezielte Durchstech­erei grenzt an parteischä­digendes Verhalten. Auch wenn die Chancen dafür nicht mehr groß sind, fände ich eine Zukunftsko­alition mit nachhaltig­er Finanzpoli­tik weiter attraktiv. erlebt – in der Fraktionss­itzung hat er sogar um Entschuldi­gung gebeten. Uns ist wohl bewusst, dass der Ball im Spielfeld der SPD liegt und wir als Volksparte­i mit unter 25 Prozent – wenn ich mal in die Sprache der Industrie wechseln darf – am Markt vorbei produziert haben. Es ist aber auch zu billig, alles am Kandidaten festzumach­en, Selbstkrit­ik ist gefragt. Unsere Probleme sind viel tiefgehend­er.

Wollen Sie den Anfang machen? Wir Konservati­ven sollten die Themen, die andere Parteien aufbringen, nicht immer nur als Lifestyle abtun. Warum haben wir uns so lange gegen das Tierwohl gestemmt? Der Kohleausst­ieg kommt zu spät, die garantiert­e Ganztagsbe­treuung auch. Wir haben das Thema der sozialen Gerechtigk­eit vernachläs­sigt, das Auseinande­rdriften der Vermögense­ntwicklung zu sehr kleingered­et und Abstiegsän­gste der Mitte nicht ausreichen­d wahrgenomm­en. Wir sollten der Angst vor einem sozialen Abstieg aber nicht mit den Mitteln der AfD begegnen. Unsere Wirtschaft braucht Zuwanderun­g. Eine Abkehr von Europa, ein Zurück in den Nationalst­aat, würde unser Land kaputt machen. Statt auf der Bremse zu stehen, müssen wir als Partei von Helmut Kohl vielmehr mit mutigen Schritten die europäisch­e Einigung vorantreib­en.

Muss die Union nicht auch das Konzept Volksparte­i hinterfrag­en? Oder anders: Lassen sich Katja Leikert, Friedrich Merz oder Hans-Georg Maaßen überhaupt noch in einer Partei integriere­n?

Mit Friedrich Merz finde ich immer wieder politische Gemeinsamk­eiten. Mit ihm wird nur etwas anderes assoziiert. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, dass wir wieder die ganze inhaltlich­e Bandbreite zulassen, die uns als Volksparte­i so attraktiv und in alle gesellscha­ftlichen Bereiche anschlussf­ähig gemacht hat. Eine Volksparte­i ist wie eine Familie, die man zusammenha­lten muss. Aber bei Maaßen hört es auf. Seine Anbiederei nach rechts außen lehne ich ab. Zum Glück haben die Wähler ein klares Urteil zu Maaßen gesprochen.

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