Heimisches Futter für wilde und seltene Insekten
Landschaftspflegeverband will Flächen von Städten und Gemeinden im Landkreis zum Blühen bringen
(isa) - Seit dem Volksbegehren zur Artenvielfalt vor drei Jahren sprießt und blüht es wunderbar bunt an Weges- und Straßenrändern, in Parks und auf Wiesen und entlang so mancher Obstplantage. Schon etwas länger als diese „Bienenweiden“gibt es die bayernweite Initiative des Deutschen Verbands zur Landschaftspflege „Natürlich Bayern – Insektenreiche Lebensräume“. Dieses Jahr hat auch der Landschaftspflegeverband Lindau-Westallgäu (LPV) dieses Projekt gestartet. Unter dem Titel „Heimische Blütenpracht – Unsere Kommune macht´s“will der Verband die Städte, Gemeinden und Märkte des Landkreis Lindau für einen nachhaltigen Schutz heimischer Insektenschutz begeistern.
Zugegeben: Wenn Sonnenblumen, Cosmen, Wegwarte, Margeriten und Mohn an Weges- und Straßenrändern um die Wette blühen, geht jedem Passanten das Herz auf. Zwar ziehen diese Blüten sehr wohl Bienen, Hummeln und Co an, doch wirkliche Nahrungsquellen für viele der tatsächlich seltenen und gefährdeten Insekten sind diese „Futterweiden“nicht. Deshalb hat der Landschaftspflegeverband Lindau nun das Projekt „Heimische Blütenpracht – Unsere Kommune macht´s“gestartet, für das er sämtliche Kommunen im Landkreis begeistern und mit ins Boot holen will. Projektleiterin und Ansprechpartnerin ist Julia Greulich, die der Verband im April extra für das auf zwei Jahre angelegte Projekt eingestellt hat. Auf der Jahreshauptversammlung
erklärte die studierte Waldwirtschaft-, Umweltund Naturschutzexpertin den Mitgliedern, zu denen übrigens auch die Bürgermeister der Städte und Gemeinden gehören, dass das Ziel des Projekts sei, die heimischen Insekten zu schützen. Um dieses Ziel zu erreichen gelte es zum einen mehr Lebenssräume für sie zu schaffen und zum anderen die schon vorhandenen aufzuwerten, sie also qualitativ hochwertiger zu gestalten. Und zwar mit Pflanzen, die ausschließlich heimisch und sogar typisch für bestimmte Gebiete sind.
Während andere Pflegeverbände, die ebenfalls an dieser 2018 gestarteten bayernweiten Initiative teilnehmen, ihren Fokus anderweitig ausrichten, zielt der LPV direkt auf die Kommunen ab. Denn es sind die öffentlichen Flächen, um die es ihm geht. Praktisch heißt das: Zuallererst und damit die Kommunen überhaupt einsteigen, will die Projektmanagerin deren Bewusstsein für die Bedeutung von Wildinsekten stärken. Einen ersten Versuch in diese Richtung habe sie, so berichtete Greulich, bereits im Mai unternommen. Auf ihr Anschreiben hin hätten sich bereits sechs Kommunen für das Projekt interessiert. Oberreute sei mittlerweile „Modellkommune“, sagte sie. Grundsätzlich gelte es die Kommunen zu beraten und ihnen zu erklären, wie sie ihre Flächen entwickeln und aufwerten können. Dafür sei es notwendig erst einmal jene Flächen auszusuchen und zu benennen, die geeignet dafür seien in einem nächsten Schritt ökologisch aufgewertet zu werden.
Eng zusammen mit dieser Beratung hängt auch die Schulung der Bauhofmitarbeiter in Richtung nachhaltiger insektenfördernder Bewirtschaftung jener Flächen, die schon da sind und jener, die erst noch geschaffen werden müssen. Darunter falle etwa, dass der Bauhof seltener mäht und das Verfahren von Mulchen auf Mähen umstelle. Die ökologische Aufwertung werde erreicht, indem die Flächen mit heimischem Saatgut angereichert oder völlig neu angepflanzt werden.
Um dieses heimische Saatgut überhaupt zur Verfügung zu haben, muss es aber erst einmal gewonnen werden. Hierfür will Greulich ab kommendem Jahr ein „Spenderflächenkataster“anlegen. Also ein Kataster, in dem alle Flächen im Landkreis verzeichnet sind, auf denen hochwertige Pflanzen wachsen, deren Samen dann gewonnen werden sollen. Erste Versuche Saatgut zu ernten, seien bereits erfolgt, berichtete Greulich und zeigte den Mitgliedern Fotos von der eher aufwändigen, dafür insektenschonenden Erntearbeit im Juli. „Wir setzen auf mehrjährige Arten“, sagte sie und erklärte, dass es solche Pflanzen seien, die auch spezialisierten Insekten, über einen langen Zeitraum hinweg Nahrung liefern sollen. Doch für die Ernte braucht es Akteure. Deshalb wird es in den nächsten beiden Jahren auch zu Greulichs Aufgabe gehören, „Erntehelfer“, wie etwa Landwirte, zu finden, die als Dienstleister für den LPV die Gewinnung des Saatguts, seine Aufbereitung, Lagerung und Übertragung übernehmen.