So findet man das geeignete Krankenhaus
Je öfter ein Eingriff in einer Klinik vorgenommen wird, desto größer ist die Routine
Bei manchen Behandlungen gibt es in den Kliniken deutliche Qualitätsunterschiede. Daher lohnt sich bei planbaren Eingriffen eine gründliche Recherche. Angela Stoll hat die wichtigsten Fragen und Antworten zur erfolgreichen Krankenhaussuche zusammengestellt.
Worauf kommt es bei der Krankenhaussuche an?
Welche Klinik am besten zu einem Patienten passt, hängt stark von der Erkrankung und seiner individuellen Situation ab. Der erste Schritt ist daher, Klarheit zu gewinnen: Wie lautet die Diagnose genau? Welche Operation ist geplant und wie soll sie ablaufen? Gibt es alternative Therapien? Was genau kommt auf den Patienten zu? Daher empfiehlt die Verbraucherzentrale im Vorfeld grundsätzlich ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Außerdem sollte sich der Patient überlegen, was ihm wichtig ist. Soll die Klinik vor allem gut erreichbar sein? Oder steht die medizinische Versorgungsqualität an erster Stelle? Sind bestimmte zusätzliche Angebote wichtig (etwa vegane Kost oder Physiotherapie)? Auch Barrierefreiheit oder Kinderbetreuung kann eine Rolle spielen. Wer weiß, was er will, kann mit der Recherche beginnen. „Ich würde raten, sich umfassend zu informieren und dazu mehrere Quellen zu nutzen“, sagt Martin Emmert, Professor für Qualitätsmanagement, Gesundheitsökonomie und Präferenzforschung in der Onkologie an der Uni Bayreuth.
Welche Informationsquellen gibt es?
Viele. „Erster Ansprechpartner ist der eigene Arzt“, sagt Peter Grieble, Gesundheitsexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Daneben können sich Patienten von ihrer Krankenkasse, Selbsthilfeverbänden oder Organisationen wie der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland beraten lassen. Auch im Internet lassen sich zahlreiche Informationen recherchieren. So kann man leicht die Adressen von Kliniken samt ihrer Websites ermitteln, auf denen sich viele weitere Anals gaben finden. Außerdem sind die Qualitätsberichte, die Krankenhäuser jährlich vorlegen müssen, auf der Referenzdatenbank des G-BA abrufbar. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen abrufbar. Die Berichte zu lesen und zu verstehen, ist für Patienten meist schwierig. Unkomplizierter sind Internetportale von Krankenkassen und anderen Organisationen, die diese Angaben aufbereitet haben. „Man kann im Internet viele Informationen abrufen, für den Verbraucher ist es aber oft schwer, da durchzusteigen“, meint Grieble. Daher empfiehlt er, sich direkt mit den Kliniken, die infrage kommen, in Verbindung zu setzen und wichtige Punkte zu klären, etwa: Ist das Haus auf diesen Eingriff spezialisiert? Wie häufig wird er durchgeführt? Wer operiert? Wie viel Erfahrung haben die Operateure?
Wie verlässlich sind die Empfehlungen des einweisenden Arztes? „Niedergelassene Ärzte können sich zum Teil auf jahrelange Erfahrungen berufen, vor allem in ihrer Region“, sagt der Gesundheitsökonom Martin Emmert. Hinzu kommt, dass sie den Patienten und seine Situation im Idealfall gut kennen und einschätzen können. Das sind zwei große Vorteile. Aber: „Wenn es um überregionale, spezialisierte Zentren geht, haben sie oft nicht den vollen Überblick.“Daher bleibe einem Patienten, der eine bestmögliche medizinische Versorgung wünscht und räumlich flexibel ist, die eigene Recherche nicht erspart. Das gilt umso stärker, wenn es sich um Empfehlungen von Bekannten oder Onlinebewertungen handelt: Solche Einschätzungen können ein Hinweis sein, sind aber immer subjektiv und sollten daher nicht überschätzt werden.
Gibt es wirklich große Qualitätsunterschiede zwischen Krankenhäusern?
Bei bestimmten Behandlungen schon. „Man kann grob sagen, dass je komplexer ein Eingriff ist und je schneller sich das Wissen über eine Erkrankung und ihre Behandlung weiterentwickelt, umso größer auch die Qualitätsunterschiede sind“, sagt Ilona Köster-Steinebach, Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses Patientensicherheit. Zum Beispiel hat die AOK beim Knieprothesenwechsel, einem komplizierten chirurgischen Eingriff, deutliche Unterschiede in der Behandlungsqualität zwischen Kliniken festgestellt. Die Auswertung der Daten ihrer Versicherten ergab: Bei den Häusern, die am besten abschnitten, lag die Gesamtkomplikationsrate bei höchstens 5,1 Prozent, bei denjenigen mit den schlechtesten Ergebnissen betrug sie dagegen 10,8 Prozent und mehr. Der Gesundheitsökonom Emmert sagt: „Leider ist das der Bevölkerung häufig so nicht ganz bewusst.“
Ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn ein bestimmter Eingriff besonders häufig vorgenommen wurde?
In der Regel ja. „Je öfter ein Eingriff vorgenommen wird, desto mehr Routine hat das Team“, sagt Peter Willenborg, Pressereferent beim AOK-Bundesverband. „Das ist gerade dann wichtig, wenn Probleme auftauchen. Dieser Zusammenhang ist auch gut belegt.“So zeigt zum Beispiel eine Studie zum Hüftprothesenwechsel, die das Wissenschaftliche Institut der AOK durchgeführt hat: In Kliniken, die den Eingriff pro Jahr nur zwölfmal oder seltener machten, waren Komplikations- und Sterblichkeitsraten deutlich höher
in Häusern mit mindestens 53 Fällen pro Jahr. „Allerdings kann es auch in einem Krankenhaus mit hohen Fallzahlen schlechte Behandlungsqualität geben“, erklärt Willenborg. „Deshalb ist es wichtig, mehrere Informationsquellen zu nutzen.“
Welche Onlineportale sind hilfreich?
Da viele Organisationen Portale anbieten, ist deren Zahl inzwischen immens. „Sie sind in ihrer Handhabung sehr unterschiedlich und variieren auch stark darin, wie verständlich Informationen aufbereitet werden“, sagt Emmert. „Deshalb sollte man die Portale einfach mal ausprobieren.“Eines der bekanntesten ist die „Weiße Liste“der Bertelsmann Stiftung. Daneben betreiben Krankenversicherungen Portale, etwa die Techniker Krankenkasse, die Barmer oder die DAK. Datengrundlage sind die Qualitätsberichte der Kliniken. Auf dem Portal der AOK wird für manche Behandlungen, etwa Kniegelenkersatz bei Arthrose, zudem die „Qualität nach Routinedaten“angegeben. Dabei werden die
Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten verarbeitet, die unter anderem zeigen, wie oft es bei Operationen zu Komplikationen gekommen ist. Berücksichtigt wird auch der Verlauf der Krankheit nach der Klinikentlassung. Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind Zertifikate medizinischer Fachgesellschaften: So listet die Plattform EndoCert zertifizierte Endoprothetik-Zentren auf, die bestimmte Qualitätsvorgaben erfüllen. Krebspatienten können auf der Website Oncomap nach Behandlungszentren suchen, die von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert wurden.
Was tun, wenn man mit dem Internet nicht vertraut ist? Weiterhelfen können Organisationen wie die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, die eine gebührenfreie Telefonberatung bietet. Auch die Krankenkassen unterstützen ihre Versicherten bei der Suche nach einer geeigneten Klinik, unter anderem über Hotlines. Ansonsten kann man auch einen Verwandten oder Freund beauftragen, der sich mit der Internetrecherche auskennt. „Die Ergebnisse können dann ausgedruckt und in Ruhe studiert werden“, heißt es bei der Verbraucherzentrale.
Service:
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) im Gesundheitswesen:
www.g-ba-qualitaets-berichte.de
Bertelsmann Stiftung:
https://www.weisse-liste.de
Techniker Krankenkasse:
https://klinikfuehrer.tk.de/
DAK:
https://www.dak-klinikfinder.de/
AOK:
www.aok-gesundheitsnavi.de
Barmer:
https://www.barmer-kliniksuche
Oncomap:
https://www.oncomap.de/centers
EndoCert:
https://endocert.de
Unabhängige Patientenberatung Deutschland:
Tel. 0800 / 0 11 77 22