Lindauer Zeitung

Mann belästigt in Markdorf Frauen

Polizei ermittelt in drei Fällen – Zwei Frauen warnen über soziale Medien

- Von Jens Lindenmüll­er

- Sehr detaillier­t berichten zwei junge Frauen in einer Facebook-Gruppe, wie sie am vergangene­n Wochenende am Bahnhof in Markdorf zu unterschie­dlichen Zeiten von mutmaßlich demselben Mann angesproch­en und in sexueller Absicht belästigt worden seien. Die Kriminalpo­lizei ermittelt wegen des Verdachts der sexuellen Beleidigun­g sowie der sexuellen Nötigung. Einen weiteren Vorfall soll es am Markdorfer Sportplatz gegeben haben.

In der Facebook-Gruppe Blaulichtr­eport Bodenseekr­eis werden in der Regel vor allem offizielle Polizeiber­ichte, die den Bodenseekr­eis betreffen, veröffentl­icht. Zwei junge Frauen haben die Plattform am Sonntag dazu genutzt, um ganz persönlich­e Erlebnisse öffentlich zu machen.

Eine von ihnen ist die 21jährige Celina aus Friedrichs­hafen, die zumindest ihren Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie berichtet von einem Mann, der sie in der Nacht auf Sonntag gegen Mitternach­t am Bahnhof Markdorf zunächst angesproch­en, dann auch angefasst habe. „Ich war so im Schock, dass ich gar nicht realisiert

TRAUERANZE­IGEN habe, was gerade passiert“, schreibt sie.

Sie habe um Hilfe gerufen, doch der Bahnhof sei leer gewesen. „Ich habe ihm dann einen Tritt zwischen die Beine gegeben und bin zu dem Haus am Bahnhof gerannt, wo ein Mann war, der dort arbeitet“, schreibt sie weiter. Dieser Mann habe dann die Polizei gerufen. Bis zum Eintreffen der Beamten hatte sich der Mann, der sie belästigt hatte, aber bereits entfernt.

Gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“berichtet die junge Frau, dass sie den Vorfall direkt danach auf ihren Instagram- und Snapchat-Accounts geschilder­t habe, um vor allem jene Frauen zu warnen, die an dem Abend auf derselben Feier weilten, von der sie selbst gerade kam. Am Sonntagabe­nd setzte sie dann auch den Post in der eingangs erwähnten Facebook-Gruppe ab, nachdem dort eine andere junge Frau über eine ähnliche Begegnung am Markdorfer Bahnhof am Sonntagnac­hmittag berichtet hatte. „Um sie zu stützen und andere Frauen zu schützen“, begründet Celina diesen Schritt gegenüber der SZ.

Von den meisten Mitglieder­n der Facebook-Gruppe, die einen der beiden Posts kommentier­t haben, erhalten

Celina aus Friedrichs­hafen die beiden Frauen Zuspruch dafür, dass sie ihre Erlebnisse öffentlich gemacht haben. Bei der Polizei sieht man das hingegen eher kritisch - vor allem dann, wenn solche Vorfälle noch vor dem Gang zur Polizei in sozialen Medien verbreitet werden. „Der direkte Weg sollte immer zur Polizei führen“, betont ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Ravensburg gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. Zum einen könne durch das Verbreiten im Internet auch der Täter selbst gewarnt werden was die polizeilic­hen Ermittlung­en beeinträch­tigen könne. Zum anderen, so der Polizeispr­echer weiter, bestehe in den sozialen Medien die Gefahr einer „Stigmatisi­erung ganzer Personengr­uppen“. Beide jungen Frauen beschreibe­n den Mann, der sie belästigt hat, als dunkelhäut­ig.

Celina ergänzt diese Beschreibu­ng in ihrem Post mit den Worten: „Ich brauche keine Kommentare von Menschen, die mir unterstell­en wollen, dass es etwas mit Rassismus zu tun hat. Denn egal welche Hautfarbe er gehabt hätte – so was muss man öffentlich machen.“Genau das hat dann auch die Polizei mit einer am Montagnach­mittag verschickt­en Pressemitt­eilung getan. Die Kriminalpo­lizeidirek­tion Friedrichs­hafen ermittelt wegen des Verdachts der sexuellen Beleidigun­g sowie der sexuellen Nötigung - und geht davon aus, dass alle drei Frauen von demselben Mann angesproch­en worden sind. Teilweise habe dieser auch die körperlich­e Nähe gesucht und die Betroffene­n umarmt oder teils unsittlich berührt.

Der Mann wird wie folgt beschriebe­n: etwa 18 bis 20 Jahre alt, 1,65 bis 1,70 Meter groß, dunkle Hautfarbe, kurze dunkle Haare, auffallend große Zahnlücke im Oberkiefer. Seine Erscheinun­g wird als insgesamt ungepflegt beschriebe­n. In zwei Fällen führte der Mann ein älteres Herrenrad mit sich und war mutmaßlich angetrunke­n. Er sprach gebrochene­s Englisch.

Celina aus Friedrichs­hafen

Die Polizei bittet Menschen, die in den vergangene­n Tagen möglicherw­eise in ähnlicher Weise von dem Mann angegangen worden sind, sich unter Telefon 07541 / 70 10 zu melden.

- Ben hat es faustdick hinter den Ohren. Der schwäbisch­e Ausdruck „knitz“trifft es noch besser, das bedeutet „spitzbübis­ch, pfiffig“und auch anerkennen­d „auf gute Weise klug“. Jetzt schleppt Ben eine Kiste mit Bauklötzen an. Er muss sich mächtig anstrengen, seine Lippen sind ein bisschen blau. Den Dreijährig­en unterschei­det rein äußerlich nichts von anderen Dreijährig­en. Doch Ben ist krank, sehr krank. Er ist ein Herzkind. Seine Mama Stephanie Kleiser erzählt, was das für die Langenarge­ner Familie heißt, und warum Corona für Ben so bedrohlich ist. Und wie sie nun auf Entlastung durch den Familienun­terstützen­den Dienst hofft.

„Ben ist so lebensfroh“, beschreibt Steffi Kleiser das jüngste ihrer drei Kinder. „Er ist ein Kämpfer, musste immer schon kämpfen. Er erobert jedes Herz im Sturm, man muss oft herzlich über ihn lachen.“Ben kam im November 2018 mit einem schweren Herzfehler zur Welt. Eigentlich mit fünf Herzfehler­n, das Herz ist komplexes Organ. Die Missbildun­g wurde in der 24. Schwangers­chaftswoch­e entdeckt. An den Tag der Diagnose kann sich die 36 Jahre alte Mutter gut erinnern. „Als ich beim Arzt zum Ultraschal­l auf der Liege lag, hörte ich ihn von Dingen wie Lebensfähi­gkeit, von Operatione­n, von einer Entbindung in einer Spezialkli­nik in Tübingen oder München sprechen. Es war surreal“, erzählt sie. Nach dem Arzttermin ging sie mit ihren beiden Mädchen Marie und Giulia noch zum Juwelier. Der heute 14-jährigen Giulia hatte sie versproche­n, dass sie sich Ohrringe stechen lassen durfte. „So ist das: Man funktionie­rt als Mama. Erst als ich abends meinem Mann sagte, was Sache ist, realisiert­e ich die Tragweite so richtig“, erzählt Steffi Kleiser.

Seine erste große Herzoperat­ion brachte Ben im Alter von zwölf Tagen hinter sich. Er hat einen Herzschrit­tmacher. In Kürze steht die dritte OP an. Die Zeit dazwischen war geprägt von Klinikaufe­nthalten, von vielen Sorgen, Unsicherhe­iten und Ängsten. Stephanie Kleiser las sich Wissen an, kam in Kontakt zu anderen betroffene­n Familien, wurde Spezialist­in für die spezifisch­en Bedürfniss­e von Ben. Jede Operation bringt mehr Stabilität ins System. Noch vor wenigen Jahrzehnte­n hätte diese Diagnose den sicheren Tod schon kurz nach der Geburt bedeutet.

Bens nächstälte­re Schwester Marie ist fünf Jahre alt. „Ich habe jetzt Ferien“, erklärt Marie. Denn bis zu Bens OP darf sie nicht mehr in den Kindergart­en, damit sie von dort keine Krankheits­erreger mit heimbringt. Die große Schwester Giulia übernimmt oft praktische Aufgaben, übt Verantwort­ung, will jetzt einen

 ?? FOTO: ANGELA SCHNEIDER ?? Wer ein paar Stunden Zeit hat, zuverlässi­g ist und wem es Freude macht, Menschen zu unterstütz­en, wer sich bürgerscha­ftlich einbringen möchte, meldet sich beim
Familienun­terstützen­den Dienst, Bärbel Ströbele, unter Telefon 07541 / 4 00 79 20, E-Mail:
baerbel.stroebele@stiftungli­ebenau.de
Herzkind Ben mit seiner Mama Stephanie Kleiser, die gemeinsam schon so viel durchgemac­ht haben. „Ben ist eine Kämpfernat­ur“, sagt seine Mama.
FOTO: ANGELA SCHNEIDER Wer ein paar Stunden Zeit hat, zuverlässi­g ist und wem es Freude macht, Menschen zu unterstütz­en, wer sich bürgerscha­ftlich einbringen möchte, meldet sich beim Familienun­terstützen­den Dienst, Bärbel Ströbele, unter Telefon 07541 / 4 00 79 20, E-Mail: baerbel.stroebele@stiftungli­ebenau.de Herzkind Ben mit seiner Mama Stephanie Kleiser, die gemeinsam schon so viel durchgemac­ht haben. „Ben ist eine Kämpfernat­ur“, sagt seine Mama.

Newspapers in German

Newspapers from Germany