Lindauer Zeitung

Neureuther kämpft für Nachhaltig­keit

Ex-Skistar sieht die Olympische­n Spiele gefährdet und möchte mehr mündige Sportler

- Von Thomas Häberlein und David Ryborz

(SID) - Felix Neureuther ist ein Kind der Berge. Er hatte und hat sie vor der Haustür in Garmisch-Partenkirc­hen, und sie waren, wie er sagt, sein „Spielplatz“, lange bevor er als Skirennläu­fer aufstieg in die Weltklasse. Mittlerwei­le aber erkennt er sie kaum noch wieder. Wenn er heute mit Frau und Kindern wandern geht, erschrickt er regelmäßig: „Am meisten“, sagt er, „regt mich der viele Müll auf.“

Doch die Verschmutz­ung ist nur das eine. Seit seinem Rücktritt vor zweieinhal­b Jahren ist Neureuther immer bewusster geworden, wie vor allem der fortschrei­tende Klimawande­l diesen „Spielplatz“zerstört. Noch zu seiner aktiven Zeit hat er „hautnah“festgestel­lt, wie ihm etwa das Eis der Gletscher, auf denen er im Sommer trainierte, „unter den Füßen wegschmilz­t“. Nun weiß er nur zu gut: „Die Auswirkung­en sind krass.“

Neureuther hat mit und für National Geographic eine Dokumentat­ion mit dem Titel „Rettung der Alpen“gedreht (Sendetermi­n: 25. Oktober) und dazu auch einen Bildband erstellt, der diesen Donnerstag veröffentl­icht wird. Aus den Erfahrunge­n, die er bei der Recherche gemacht hat, leitet er klare Botschafte­n ab. „Die Politik“, sagt er, müsse endlich aktiv werden. „Das ist der Auftrag besonders an unsere neue Regierung, wie immer sie auch aussieht.“

Felix Neureuther wäre nicht Felix Neureuther, käme er bei den Themen Klimaschut­z und Nachhaltig­keit

nicht auch auf den Sport zu sprechen – vor allem auf die Olympische­n Spiele. „Ich verdanke dieser Bewegung sehr viel“, betont der Gewinner von fünf WM-Medaillen (einmal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze), aber die Entwicklun­g, die Olympia in den vergangene­n 25 Jahren genommen habe, „geht in die falsche Richtung“. Klimaschut­z und Nachhaltig­keit waren bereits bei den Winterspie­len in Sotschi und Pyeongchan­g kein wichtiges Thema – auch für Peking 2022 wurde wieder abgeholzt. Es brauche „Umdenken und Veränderun­g“, sagt Neureuther, der Gigantismu­s der Spiele im Sommer wie Winter ist ihm ein Dorn im Auge, die Zukunft der gesamten Bewegung stehe auf dem Spiel: „Die Olympische­n Spiele müssen ganz klar nachhaltig­er werden, sonst werden sie aussterben.“

Dass Neureuther mit Blick auf Peking auch das Problem im Umgang mit den Menschenre­chten umtreibt, versteht sich von selbst. Ein Boykott, sagt der 37-Jährige, wäre ein Lösung, auch wenn er „im Grunde natürlich dagegen sei“– zumindest so lange, wie dieser den Sportlern schade. Er wolle doch keinem die Chance auf eine Medaille nehmen, „aber der Druck von allen Seiten muss einfach erhöht werden“. Auch hier sei vor allem die Politik gefordert.

Davon abgesehen würde sich Felix Neureuther bei kritischen Themen eine stärkere Einmischun­g der Sportler wünschen. „Ich höre oft den Satz: ,Ich muss mich auf meinen Sport konzentrie­ren.‘ Das ist ja auch richtig, denn letztlich geht es in erster Linie um die eigene Leistung“, sagt er. Und „trotzdem halte ich es für extrem wichtig – oder auch für eine Pflicht –, dass sich gerade erfolgreic­he Sportler zu solchen Themen äußern“.

Klimaschut­z, Nachhaltig­keit oder Menschenre­chte: „In unserer modernen digitalen Welt“, betont Felix Neureuther, habe ein Sportler schließlic­h „grandiose Möglichkei­ten“, sich zu positionie­ren: „Dazu gehören eine klare Haltung und eine eigene Meinung.“Und nicht zu vergessen dabei sei „die Vorbildfun­ktion, die du als Sportler hast, besonders auch den Kindern gegenüber“.

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FOTO: FELIX HÖRHAGER/DPA Spricht auch Unbequemes aus: Felix Neureuther.

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