Merkel mahnt zu Kampf gegen Judenhass
Staatsbesuch in Israel – Debatte um Etat des Antisemitismusbeauftragten im Südwesten
- Der entschiedene Kampf gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt ist nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Verpflichtung für jede Bundesregierung. „Dass jüdisches Leben nach den Menschlichkeitsverbrechen der Schoah in Deutschland wieder eine Heimat gefunden hat, ist ein unermesslicher Vertrauensbeweis – für den wir dankbar sind“, schrieb Merkel am Sonntag ins Gästebuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.
Am Tag zuvor hatten Hunderte Menschen auf dem Marktplatz in Halle in Sachsen-Anhalt der Opfer des antisemitischen Attentats vor zwei Jahren gedacht. Der schwer bewaffnete rechtsextreme Attentäter hatte damals versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in der voll besetzten Synagoge ein Blutbad anzurichten. Als ihm dies nicht gelang, erschoss er auf der Straße zwei Menschen und verletzte weitere schwer. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte Stephan Balliet 2020 zu lebenslanger Haft mit Sicherungsverwahrung.
Außenminister Heiko Maas (SPD) twitterte am Wochenende: „Antisemitismus und rechter Terror sind bittere Realität in Deutschland. Es ist die Aufgabe des Staates, das Leben aller zu schützen.“Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, Angriffe auf Jüdinnen und Juden seien „Angriffe auf unsere Demokratie, unsere Freiheit und unsere Werte. Wir werden Antisemitismus mit der vollen Härte des Rechtsstaates bekämpfen.“
Merkel betonte in Jerusalem: „Wir wissen, dass auch heute Antisemitismus in Deutschland vorkommt, dass er sogar verstärkt vorkommt.“
Sie habe für die derzeitige und jede künftige Bundesregierung deutlich gemacht, „dass wir uns gegen alle Erscheinungsformen des Antisemitismus entschieden wehren werden“.
Zuletzt hatten sich antisemitische Attacken und Übergriffe gehäuft. Am Freitagabend wurde in Berlin ein 29Jähriger mit Reizgas angegriffen, nachdem er zuvor auf seinen Glauben angesprochen worden war. Bei dem Vorfall trug er einen Pullover mit dem Emblem der israelischen Streitkräfte. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt.
Vor diesem Hintergrund kritisierte Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter
Michael Blume Pläne der Landesregierung aus Grünen und CDU, seinen Etat um zehn Prozent zu kürzen. Blume sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Die Anschläge auf die Synagogen Ulm und Mannheim sowie der Mord von Idar-Oberstein haben meine Warnungen vor der digitalen Radikalisierung von Verschwörungsglauben leider bestätigt. Deswegen habe ich Mittel beantragt, um mit den jüdischen Gemeinden stärker gegen den Hass im Netz zu arbeiten. Leider stehen nun stattdessen Kürzungen im Regierungsentwurf.“Allerdings habe das von Ministerpräsident Winfried
Kretschmann (Grüne) geführte Staatsministerium mittlerweile Gesprächsbereitschaft signalisiert. Diese ist aus Sicht der oppositionellen SPD dringend notwenig. „In einer Zeit, in der im Wochentakt Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens beleidigt oder sogar körperlich angegriffen werden, können wir es nicht hinnehmen, dass Grün-Schwarz dem Antisemitismusbeauftragten Gelder streichen will“, erklärte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Boris Weirauch. Bisher verfügt Blume über rund 100 000 Euro im Jahr.