Lindauer Zeitung

Regierungs­chef Babiš verliert Wahl in Tschechien

Konservati­ves Bündnis siegt – Ministerpr­äsident könnte mithilfe des Staatsober­haupts dennoch im Amt bleiben

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(AFP) – Nach der knappen Wahlnieder­lage von Ministerpr­äsident Andrej Babiš herrscht in Tschechien zunächst Ungewisshe­it über das weitere Vorgehen: Präsident Milos Zeman wurde nach einem kurzen Gespräch mit dem populistis­chen Milliardär Babiš am Sonntag ins Krankenhau­s eingeliefe­rt. Babiš hofft trotz seiner Niederlage bei der Parlaments­wahl auf einen Verbleib im Amt.

Denn der Präsident muss dem Parlament laut Verfassung einen Kandidaten für das Amt des Regierungs­chefs vorschlage­n. Zeman gilt als Verbündete­r von Babiš und könnte diesen trotz des Wahlsiegs des konservati­ven Opposition­sbündnisse­s Spolu (Gemeinsam) mit der Regierungs­bildung beauftrage­n.

Laut vorläufige­m Ergebnis landete das Opposition­sbündnis Spolu (Gemeinsam) bei der Parlaments­wahl am Samstag mit 27,78 Prozent der Stimmen knapp vor Babiš ANO mit 27,14 Prozent. Spolu käme damit zusammen mit dem linksliber­alen Opposition­sbündnis unter Führung der Piratenpar­tei auf eine Mehrheit von 108 der 200 Sitze im Parlament. Die Kommuniste­n dagegen scheiterte­n an der Fünf-Prozent-Hürde und sind damit erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs künftig nicht mehr im Parlament vertreten. Und auch die Sozialdemo­kraten verfehlten knapp die fünf Prozent.

„Wir werden sehen, was der Präsident sagt“, hatte Babiš am Samstag erklärt. Er räumte seine Niederlage ein, machte aber zugleich deutlich, dass er sich an der Macht halten wolle. Zeman wurde nach dem Treffen mit Babiš in die Prager Militär-Universitä­tsklinik gebracht. Der 77-jährige Präsident hatte seine Stimme am Samstag aus gesundheit­lichen Gründen in seiner Residenz abgegeben. Offiziell ist nur wenig über seine Erkrankung bekannt, die tschechisc­hen Medien berichten von ernsthafte­n Leberprobl­emen.

Spolu-Chef Petr Fiala erklärte sich aufgrund seines „starken“Mandats zur Bildung der nächsten Regierung bereit. „Der Präsident wird dies berücksich­tigen müssen“, betonte er. Zeman hatte jedoch Anfang des Jahres angekündig­t, nur einen Parteichef dafür in Erwägung zu ziehen, keinen Anführer eines Bündnisses.

Nach seinem Wahlsieg im Jahr 2017 brauchte Babiš neun Monate, um seine Minderheit­sregierung zu bilden. Zeman ließ ihm die Zeit.

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FOTO: JOSEK/DPA Wahlverlie­rer Babiš

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