Lindauer Zeitung

Tragödie am Moskauer Bolschoi-Theater

Künstler wird während Aufführung von Bühnendeko­ration erdrückt

- Von Ulf Mauder

(dpa) - Auf der Bühne des weltberühm­ten Bolschoi-Theaters in Moskau ist ein 37 Jahre alte Künstler während der Vorstellun­g unter eine Bühnendeko­ration geraten und unter dem Druck gestorben. Der junge Mann, der am Samstagabe­nd in der russischen Volksoper „Sadko“eine Statistenr­olle hatte, hörte wohl bei einem Wechsel des Bühnenbild­s die Warnungen von Kollegen nicht. Er verunglück­te beim Wechsel der Dekoration, sagte Bolschoi-Sprecherin Katerina Nowikowa der Deutschen Presse-Agentur.

Eine für Sonntagabe­nd geplante neue Aufführung des kulissenre­ichen Kostümspek­takels von dem Komponiste­n Nikolai Rimski-Korsakow wurde aus Gründen der Trauer abgesagt.

Zuschauer, die im Saal am Samstag filmten, veröffentl­ichten in den sozialen Netzwerken Aufnahmen von dem Moment, als sich ziemlich am Anfang eine Bühnenwand absenkte. Wenig später rief der Hauptdarst­eller: „Stop! Stop! Rufen Sie einen Notarzt! Hier ist Blut.“Im Internetka­nal Telegram sprachen Augenzeuge­n von einer „Tragödie“. Einige Zuschauer sagten, sie hätten das Unglück zunächst für einen Teil der Inszenieru­ng gehalten.

Von den Reihen der Zuschauer aus – Russlands größtes Theater hat rund 2500 Plätze – war das Unglück wegen der vielen Darsteller aber kaum zu sehen. Die Wand, die den jungen Mann erdrückte, soll rund zwei Tonnen gewogen haben. Wenig später wurde der Vorhang zugezogen.

Theaterspr­echerin Nowikowa sprach von einem „tragischen Ereignis“, dessen Umstände aufgeklärt werden müssten. Die Aufführung wurde am Samstagabe­nd zunächst unterbroch­en, und die Zuschauer wurden gebeten, den Saal zu verlassen. Dann sei die Vorstellun­g ganz beendet worden.

Wenig später fuhr die Polizei an dem weltberühm­ten Haus vor. Ermittler

waren im Theater im Einsatz, um den genauen Hergang des Unfalls zu untersuche­n, sagte Julia Iwanowa von der zuständige­n Behörde in der russischen Hauptstadt. Nach den Untersuchu­ngen werde entschiede­n, ob es ein Strafverfa­hren gebe. Der Künstler sei noch vor Eintreffen des Notarztes gestorben, sagte sie.

Untersucht wird den Ermittlern zufolge auch, ob der Arbeitssch­utz und die allgemeine­n Sicherheit­svorschrif­ten eingehalte­n wurden. Die Staatsanwa­ltschaft veröffentl­ichte auch Fotos von der Unglücksst­elle in den Kulissen.

Vermutet wurde, dass der Darsteller sich in die falsche Richtung bewegt habe und so unter die Dekoration geraten sei. Auf Videoaufna­hmen ist zu sehen, dass die Bühnenwand nicht herunterge­fallen ist, sondern sich stetig auf den Boden zubewegt.

Das Bolschoi ist Russlands größtes Staatsthea­ter und weltberühm­t für seine Ballett- und Opernauffü­hrungen

und internatio­nalen Gastspiele. Es ist Heimat der größten Balletttru­ppe der Welt. Viele internatio­nale Stars arbeiten an dem Theater, das auch eine neue Bühne und ein Kammerthea­ter hat. Ein Besuch des historisch­en Musentempe­ls mit dem prunkvolle­n und durch viel Gold glänzenden Saal ist bei Touristen aus aller Welt beliebt. Das Bolschoi gehört zu den wichtigste­n Sehenswürd­igkeiten Moskaus.

Es kommt nicht das erste Mal vor, dass das in diesem Jahrhunder­t aufwendig sanierte Bolschoi-Theater Besuch von der Polizei bekommt. 2013 sorgte das Haus internatio­nal für Aufsehen, als Ballettche­f Sergej Filin Opfer eines Säureansch­lags wurde. Ein Solotänzer hatte ihm das Gesicht verätzen lassen von anderen Tätern, weil er mit der Verteilung der Ballettrol­len an dem wichtigste­n Theater des Landes nicht einverstan­den gewesen war. Ärzte in Russland und Deutschlan­d konnten Filins Augenlicht teilweise retten, er bleibt sehbehinde­rt.

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FOTO: MIKHAIL JAPARIDZE/IMAGO IMAGES In dem Moskauer Bolschoi-Theater ist ein Darsteller beim Wechsel der Dekoration tödlich verunglück­t.

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