Lindauer Zeitung

Wo der Müßiggang zu Hause ist

In Baden-Baden öffnet neues Mußemuseum – Es beleuchtet die literarisc­he Tradition der Kurstadt

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(dpa) - Ausruhen, kuren, flanieren, zocken. Dafür kamen viele Dichter nach Baden-Baden. Welche Spuren haben sie hinterlass­en, und wie wirkte sich der Kurort auf sie aus? Ein Muße-Literaturm­useum erzählt davon. Unterhalts­am und tiefgründi­g.

„Es ist eine geistlose Stadt, voll von Schein und Schwindel und mickerigem Betrug und Aufgeblase­nheit.“Am liebsten hätte der US-Autor Mark Twain etwas Ansteckend­es zurückgela­ssen. Er mochte Baden-Baden nicht. Genauso wenig wie der russische Schriftste­ller Fjodor Dostojewsk­i, der im Spielcasin­o sein letztes Hemd verspielte. Eine besondere Anziehung muss der Kurort am Schwarzwal­d gleichwohl gehabt haben. Was die Beziehung zwischen der Bäderstadt und Schriftste­llern so besonders machte, beleuchtet nun ein neuartiges Muße-Literaturm­useum.

In die Sommerhaup­tstadt Europas des 19. Jahrhunder­ts pilgerten nicht nur Kaiser und Könige, sondern auch zahlreiche berühmte

Künstler und Schriftste­ller wie Alexandre Dumas, Honoré de Balzac, Victor Hugo, Clemens Brentano, Alfred Döblin oder Iwan Turgenjew.

Letzterer wohnte hier sogar. Er liebte den Ort. Und natürlich die Sängerin Pauline Viardot. Die Dichter kurten in den heißen Thermen, suchten im Schwarzwal­d Erholung und Muße, also freie Zeit und Ruhe – das, was der moderne Mensch in der globalisie­rten Welt sich auch mal wünscht.

Für Wissenscha­ftler der Freiburger Uni um Professori­n Elisabeth Cheauré war das vor vier Jahren Anlass, die gesellscha­ftliche Bedeutung von Muße genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie wollten das Phänomen an einem Ort verdeutlic­hen, der mit seinem internatio­nalen Flair Müßiggänge­r aller Nationen anzog und sie zu literarisc­hem Schaffen anregte. Von Badelust und Badefrust, Männerzirk­eln und lesesüchti­gen Frauen bis hin zur Entdeckung der Natur: Bilder, Installati­onen und Überschrif­ten sollen neugierig machen.

Muße-Literaturm­useum in der Luisenstra­ße 34, Baden-Baden. Öffnungsze­iten täglich außer Sonntag und Montag von 10 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr.

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FOTO: ULI DECK/DPA Im neuen Muße-Literaturm­useum wird der Bereich „Katastroph­en, Hoffnungen und Aufbrüche“präsentier­t, an der Wand ein Porträt des Schriftste­llers Otto Flake.

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