Lindauer Zeitung

Experten stellen kein Waldsterbe­n im Allgäu fest

Die vierte bundesweit­e Inventur ist im Gange – Der Forst in der Region steht im bayernweit­en Vergleich gut da

- Von Sophia Ungerland

- Leise knacken die Äste und Zweige unter den schweren Schuhen. Eine Gruppe Menschen mit einer Vielzahl an Messinstru­menten im Gepäck bahnt sich einen Weg durch den Wald. Allen voran geht Josef Graf. Er kennt sich hier aus. Graf ist Leiter der Forsttrupp­e, die die Bundeswald­inventur (BWI) im Gebiet Schwaben durchführt. Gerade ist er in einem Waldstück bei Sonthofen (Oberallgäu) unterwegs.

Er sucht nach dem „Inventurpu­nkt“, an dem bereits vor zehn Jahren die Bäume vermessen wurden. Ab und zu wirft er einen Blick auf die Karte. Dort sind auf einer radarähnli­chen Darstellun­g mehrere kleine, grüne Kreise eingezeich­net. Das sind die Bäume, die bei der vergangene­n Inventur eingezeich­net wurden. Er zeigt auf zwei Kreise, die dicht beieinande­r liegen.

„Das ist ungewöhnli­ch. Das könnten die dort vorne sein“, sagt er und deutet in die entspreche­nde Richtung. Markiert wurde der Punkt mit einem Eisenstab, der in den Boden eingelasse­n ist. Mit einem Metalldete­ktor sucht Graf nun den Boden vor den beiden Fichten ab. Tatsächlic­h schlägt das Gerät aus. Dann beginnen die Messungen. Baumart, Durchmesse­r, Höhe und Alter sind nur einige von etwa 150 Parametern, die an jedem „Inventurpu­nkt“erfasst werden. Aufgenomme­n und bewertet werden zudem auch die Verjüngung des Waldes, die Bodenveget­ation oder auch naturschut­zrelevante Parameter wie das Vorkommen von Totholz. Alle zehn Jahre findet die BWI unter der Federführu­ng des Bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­teriums statt. Welche Baumarten gibt es in den hiesigen Wäldern? Wie alt sind die Bäume? Wie groß ist der Holzvorrat? Wie ist der Zustand des Ökosystems und des Lebensraum­s Wald? Über all diese Fragen soll die BWI Auskunft geben.

„Dem Wald im Allgäu geht es relativ gut“, sagt Simon Östreicher vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Kempten (AELF): „Wir haben nicht so viele Trockenpha­sen wie beispielsw­eise in Nordbayern.“Trotzdem habe der Wald in der Region mit dem Borkenkäfe­r zu kämpfen. Ebenso seien Stürme ein Problem. Die können die flachwurze­lnden Fichten zu Fall bringen. Laut Landesinve­nturleiter Wolfgang Stöger kann von Waldsterbe­n im Allgäu aber keine Rede sein. In den vergangene­n 25 bis 30 Jahren sei in Bayern stets mehr gewachsen als genutzt wurde. „Jede Sekunde wachsen die Wälder in Bayern um einen Kubikmeter Holz“, sagt Stöger. Eine Rolle spiele dabei der Anstieg der Baumgrenze. Ebenso verändere sich die Zusammense­tzung der Wälder. „Von 1970 bis 2012 hat der Anteil von Laubbäumen in den Wäldern von 22 auf 36 Prozent zugenommen“, sagt Stöger. „Man muss kein Hellseher sein, um sagen zu können, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.“In dem Waldstück bei Sonthofen lässt sich der Generation­swechsel gut beobachten. Dort grenzen die jüngeren Waldabschn­itte mit Buchen, Linden oder Bergahorn direkt an Altbeständ­e aus reinen Fichtenwäl­dern.

Allein im Allgäu werden bei dem Stichprobe­nverfahren 738 „Inventurpu­nkte“vermessen. „Sie sind streng geheim“, sagt Stöger. „Sonst könnte der Waldbesitz­er denken, dass er dort besonders aufpassen muss.“In der Folge wären die Daten nicht mehr repräsenta­tiv. Die Punkte liegen auf einem Raster von vier Mal vier Kilometern. Ob das Waldstück in Privat- oder Staatsbesi­tz ist, spielt dabei laut Stöger keine Rolle. Das Verfahren sei im gesamten Bundesgebi­et seit Beginn der BWI im Jahr 1986 einheitlic­h. Zwei Jahre dauert die Erhebung der Daten. Dann werden sie ausgewerte­t und analysiert. Mit den Ergebnisse­n ist frühestens 2024 zu rechnen.

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FOTO: MARTINA DIEMAND Josef Graf (von links) und Simon Östreicher geben die Daten am Computer ein, während Adrian Valerius vom „Inventurtr­upp“den Durchmesse­r des Baumes nimmt. Wolfgang Stöger baut ein weiteres Messgerät auf.

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