Lindauer Zeitung

Hinderniss­e auf dem Weg zum VHS-Kurs

Für Rollstuhlf­ahrer sind viele Kursräume der Wangener VHS nicht erreichbar

- Von Katrin Neef und Bernd Treffler

- Alt, historisch, verwinkelt: Diese Beschreibu­ng trifft auf zahlreiche Gebäude der Wangener Altstadt zu. Für viele Einwohner und Touristen durchaus etwas Positives. Für Rollstuhlf­ahrer aber kann das zum Problem werden – nicht nur wegen des Kopfsteinp­flasters. Denn für sie ist so mancher Ort nicht erreichbar. Zum Beispiel auch Kursräume der Volkshochs­chule.

Ulrike Schleifer machte in der Einwohnerf­ragestunde der jüngsten Gemeindera­tssitzung auf dieses Problem aufmerksam. Laut dem OnlineAuft­ritt der VHS sei deren Angebot „niederschw­ellig und inklusiv“. Das Erste stimme, so Schleifer, das Zweite aber nicht, denn fast alle Kurse seien in oberen Stockwerke­n, die nicht mit dem Aufzug erreichbar seien.

„Für viele Menschen, die wie ich stark gehbehinde­rt und auf einen Rollstuhl angewiesen sind, stellt dies ein unüberwind­bares Hindernis dar“, so die an Skleroderm­ie erkrankte Wangenerin. Viele würden damit von der Teilhabe an solchen Kursen ausgeschlo­ssen. „Für mich ist das ganz, ganz bitter.“Dabei gebe es doch zahlreiche Schulen, die schon eine komplette Infrastruk­tur für VHS-Kurse hätten. „Warum ist es dann nicht möglich, die Kurse in solchen barrierefr­eien Räumen anzubieten?“, fragte sie OB Michael Lang. Der sagte zu, dass man die Sache prüfen werde.

Bei der VHS stößt Ulrike Schleifer mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. „Ich bin ihr dankbar, dass sie dieses Thema vorbringt“, sagt VHSLeiter

Lorenz Macher. Denn die Volkshochs­chule wolle grundsätzl­ich alle Menschen ansprechen und niemanden ausschließ­en. An ihre Grenzen stößt diese Maxime in Wangen wegen der historisch­en Altstadt. „Unsere Kursräume haben oft sehr enge, verwinkelt­e Räume ohne Aufzug, die nicht barrierefr­ei sind“, sagt Macher.

Der Vorschlag, deshalb mehr Kurse in Schulgebäu­de zu verlegen, die besser zugänglich sind, sei grundsätzl­ich gut, so Macher weiter. Aber auch das sei nicht ganz so einfach. Da VHS-Kurse in Schulgebäu­den nur abends stattfinde­n könnten, müsste hierfür jeweils das komplette Schulgebäu­de aufgeschlo­ssen werden. „Das haben die Schulleite­r manchmal nicht so gern.“In der Realschule gebe es zwar einen kleinen Trakt, der vom restlichen Gebäude abtrennbar sei – „aber dort gibt es dann wieder eine Treppe“.

Auch würden in vielen Klassenzim­mern Materialie­n oder Geräte stehen, die nicht einfach weggeräumt werden können. „Es gibt wenige Räume, die so leer sind, dass man sie für externe Kurse nutzen kann.“„Ich prüfe das aber gerne nochmal und gehe auch nochmal auf die Schulleite­r zu“, sagt Lorenz Macher.

Der VHS-Leiter möchte Menschen mit Einschränk­ungen außerdem ermuntern, sich bei der VHS zu melden, wenn diese sich für einen Kurs interessie­ren, aber die Befürchtun­g haben, nicht in den Kursraum zu gelangen. „Wenn wir das vorher wissen, können wir versuchen, zu reagieren“, erklärt Macher. So gebe es zum Beispiel die Möglichkei­t,

Kurse im Weberzunft­haus-Café stattfinde­n zu lassen, das barrierefr­ei zugänglich ist.

Einige Kurse würden derzeit außerdem als Hybrid-Angebot stattfinde­n, sagt der VHS-Leiter. Das bedeutet, dass einige Teilnehmer persönlich im Kursraum sind und andere sich per Video online dazuschalt­en. Vor allem Bewegungsk­urse gebe es momentan in dieser Form, so Lorenz

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Macher. Diese Kurse seien im Programm als Hybridkurs­e gekennzeic­hnet. Bei Sprachkurs­en seien Hybrid-Angebote schwierige­r, da es hierbei viel um den Dialog gehe, um genaues Sprechen und Hören. Da seien noch technische Probleme zu lösen, und für Dozenten wolle man erst spezielle Schulungen anbieten. Das wird aber sicher ein immer größeres Thema“, ist Macher überzeugt.

Einen Schub in Sachen OnlineAnge­bote hatte die VHS durch die Corona-Pandemie bekommen. Da sie eine Zeit lang keine Präsenzkur­se anbieten durfte, hatte sie ihr gesamtes Programm digital umgestellt. Auch in dieser Sache hatte sich Ulrike Schleifer im April zu Wort gemeldet. In einer E-Mail an die VHS hatte sie geschriebe­n: „Während ,normale, gesunde’ Menschen wahrschein­lich den persönlich­en Kontakt vermisst haben und alles als Notlösung empfunden haben, war der VHS-Onlinekurs für mich, als stark Gehbehinde­rte und Bewegungse­ingeschrän­kte, eine Optimallös­ung.“Bereits damals hatte Schleifer ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die VHS auch weiterhin Onlinekurs­e anbietet. Das würde Menschen mit Behinderun­gen die Teilhabe erleichter­n.

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