Hindernisse auf dem Weg zum VHS-Kurs
Für Rollstuhlfahrer sind viele Kursräume der Wangener VHS nicht erreichbar
- Alt, historisch, verwinkelt: Diese Beschreibung trifft auf zahlreiche Gebäude der Wangener Altstadt zu. Für viele Einwohner und Touristen durchaus etwas Positives. Für Rollstuhlfahrer aber kann das zum Problem werden – nicht nur wegen des Kopfsteinpflasters. Denn für sie ist so mancher Ort nicht erreichbar. Zum Beispiel auch Kursräume der Volkshochschule.
Ulrike Schleifer machte in der Einwohnerfragestunde der jüngsten Gemeinderatssitzung auf dieses Problem aufmerksam. Laut dem OnlineAuftritt der VHS sei deren Angebot „niederschwellig und inklusiv“. Das Erste stimme, so Schleifer, das Zweite aber nicht, denn fast alle Kurse seien in oberen Stockwerken, die nicht mit dem Aufzug erreichbar seien.
„Für viele Menschen, die wie ich stark gehbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen sind, stellt dies ein unüberwindbares Hindernis dar“, so die an Sklerodermie erkrankte Wangenerin. Viele würden damit von der Teilhabe an solchen Kursen ausgeschlossen. „Für mich ist das ganz, ganz bitter.“Dabei gebe es doch zahlreiche Schulen, die schon eine komplette Infrastruktur für VHS-Kurse hätten. „Warum ist es dann nicht möglich, die Kurse in solchen barrierefreien Räumen anzubieten?“, fragte sie OB Michael Lang. Der sagte zu, dass man die Sache prüfen werde.
Bei der VHS stößt Ulrike Schleifer mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. „Ich bin ihr dankbar, dass sie dieses Thema vorbringt“, sagt VHSLeiter
Lorenz Macher. Denn die Volkshochschule wolle grundsätzlich alle Menschen ansprechen und niemanden ausschließen. An ihre Grenzen stößt diese Maxime in Wangen wegen der historischen Altstadt. „Unsere Kursräume haben oft sehr enge, verwinkelte Räume ohne Aufzug, die nicht barrierefrei sind“, sagt Macher.
Der Vorschlag, deshalb mehr Kurse in Schulgebäude zu verlegen, die besser zugänglich sind, sei grundsätzlich gut, so Macher weiter. Aber auch das sei nicht ganz so einfach. Da VHS-Kurse in Schulgebäuden nur abends stattfinden könnten, müsste hierfür jeweils das komplette Schulgebäude aufgeschlossen werden. „Das haben die Schulleiter manchmal nicht so gern.“In der Realschule gebe es zwar einen kleinen Trakt, der vom restlichen Gebäude abtrennbar sei – „aber dort gibt es dann wieder eine Treppe“.
Auch würden in vielen Klassenzimmern Materialien oder Geräte stehen, die nicht einfach weggeräumt werden können. „Es gibt wenige Räume, die so leer sind, dass man sie für externe Kurse nutzen kann.“„Ich prüfe das aber gerne nochmal und gehe auch nochmal auf die Schulleiter zu“, sagt Lorenz Macher.
Der VHS-Leiter möchte Menschen mit Einschränkungen außerdem ermuntern, sich bei der VHS zu melden, wenn diese sich für einen Kurs interessieren, aber die Befürchtung haben, nicht in den Kursraum zu gelangen. „Wenn wir das vorher wissen, können wir versuchen, zu reagieren“, erklärt Macher. So gebe es zum Beispiel die Möglichkeit,
Kurse im Weberzunfthaus-Café stattfinden zu lassen, das barrierefrei zugänglich ist.
Einige Kurse würden derzeit außerdem als Hybrid-Angebot stattfinden, sagt der VHS-Leiter. Das bedeutet, dass einige Teilnehmer persönlich im Kursraum sind und andere sich per Video online dazuschalten. Vor allem Bewegungskurse gebe es momentan in dieser Form, so Lorenz
ANZEIGEN
Macher. Diese Kurse seien im Programm als Hybridkurse gekennzeichnet. Bei Sprachkursen seien Hybrid-Angebote schwieriger, da es hierbei viel um den Dialog gehe, um genaues Sprechen und Hören. Da seien noch technische Probleme zu lösen, und für Dozenten wolle man erst spezielle Schulungen anbieten. Das wird aber sicher ein immer größeres Thema“, ist Macher überzeugt.
Einen Schub in Sachen OnlineAngebote hatte die VHS durch die Corona-Pandemie bekommen. Da sie eine Zeit lang keine Präsenzkurse anbieten durfte, hatte sie ihr gesamtes Programm digital umgestellt. Auch in dieser Sache hatte sich Ulrike Schleifer im April zu Wort gemeldet. In einer E-Mail an die VHS hatte sie geschrieben: „Während ,normale, gesunde’ Menschen wahrscheinlich den persönlichen Kontakt vermisst haben und alles als Notlösung empfunden haben, war der VHS-Onlinekurs für mich, als stark Gehbehinderte und Bewegungseingeschränkte, eine Optimallösung.“Bereits damals hatte Schleifer ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die VHS auch weiterhin Onlinekurse anbietet. Das würde Menschen mit Behinderungen die Teilhabe erleichtern.