So verschwindet der B-32-Bahnübergang genau
Bei der jüngsten Infoveranstaltung gibt es neue Details zum Wangener Straßenbau-Jahrhundertprojekt
- Was passiert bei der Beseitigung des B-32-Bahnübergangs genau? Wie wird danach der 440 Meter lange Bereich der Bundesstraße aussehen? Und wie wirkt sich das Straßenbau-Mammutprojekt auf Natur, Lärm und Verkehr aus? Um solche Fragen ging es bei der jüngsten Infoveranstaltung in der Wangener Stadthalle. Die brachte auch einige Neuigkeiten mit sich.
Wie waren Ablauf und Stimmung bei der Infoveranstaltung?
Rund 50 Interessierte, viele davon Anlieger, kamen am Montagabend in die Wangener Stadthalle und durften nach der Begrüßung durch Viktoria Manka, Moderatorin vom Regierungspräsidium (RP), gleich an einer Mini-Umfrage teilnehmen. Das Ergebnis: Etwa die Hälfte steht regelmäßig vor den Bahnschranken im Stau. Und die Mehrzahl hat schon einmal eine Infoveranstaltung zum Bahnübergang besucht. Nach diesem lockeren Auftakt ging es ans Eingemachte: Zunächst ging es um den „Endzustand“der geplanten Bahnunterführung, dann um die Bauzeit und schließlich um die Auswirkungen des Jahrhundertprojekts. Nach jedem Block konnte das Publikum Fragen stellen. Dieses Angebot wurde reichlich angenommen (siehe Seite 15), und schnell wurde klar, dass der veranschlagte Zeitrahmen von zwei Stunden nicht ausreicht. Insgesamt war die Atmosphäre, wenn man so will, erfreulich unemotional, dafür die Beiträge umso sachorientierter.
Wie wird sich der Bereich des B-32-Bahnübergangs verändern? Der Bahnübergang soll in den Jahren nach der Landesgartenschau 2024 einer Unterführung weichen. Dafür wird die B 32 auf einer Länge von 440 Metern, ab der Einmündung HansSchnitzer-Weg und bis 50 Meter vor dem Abzweig Gegenbaurstraße, tiefergelegt. Bei den Nebenstraßen ändert sich baulich etwas auf einer Gesamtlänge von 670 Metern. Dazu sind insgesamt zehn neue Stützwände nötig, die wenn möglich als Gabionenwand mit Drahtschottergittern gestaltet werden sollen. Drei Brückenbauwerke entstehen: Die Praßbergstraße wird verlängert und mündet schließlich auf Höhe der Karl-Hirnbein-Straße in die Zeppelinstraße ein. Die nötige Bahnbrücke wird breiter und für einen möglichen zweigleisigen Ausbau ausgelegt. Das größte Bauwerk schließlich deckelt die Bundesstraße am Buchweg
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auf einer Länge von etwa 40 Metern und soll die Fronwiesen an die Bahnhofstraße anbinden.
Was passiert in den einzelnen Bauphasen genau?
Losgehen soll es mit den Arbeiten nach der Landesgartenschau, also Ende 2024 oder Anfang 2025. Als Erstes wird eine Baustraße erstellt, auf der der Verkehr an der Baustelle vorbeifließen kann. Die Straße verläuft ab der Zeppelinstraße auf Höhe Karl-Hirnbein-Straße, übers KutterAreal, entlang der Bahnschienen, nach einem Bogen über die Gleise und anschließend oberhalb des Wiedemann-Baus im Adler-Areal wieder auf den Buchweg. Dazu wird ein provisorischer Bahnübergang westlich des bestehenden gebaut, außerdem müssen im Einmündungsbereich Bahnhofstraße/B 32 einige teils groß gewachsene Bäume gefällt werden. Allein diese Bauphase eins wird sechs bis neun Monate dauern.
In einer zweiten Phase wird vor allem der Bereich an den Einmündungen Zeppelinstraße und Bahnhofstraße tiefergelegt, hierfür wird die B 32 für rund drei Monate komplett gesperrt. In den nächsten sieben Bauphasen wird zunächst der Bautrog ausgehoben, die Bundesstraße tiefergelegt, die neue Bahnbrücke südlich des bestehenden Bauwerks erstellt, damit sie innerhalb weniger Tage eingeschoben werden kann. Danach werden die beiden anderen Brücken (Praßbergstraße, Fronwiesen) gebaut, außerdem entstehen die neuen Geh- und Radwege. Während dieser Phasen werden auch diverse Stützwände im Bereich der Trogstrecke erstellt. Wenn schließlich die Baustraße vom Buchweg abgekoppelt wird, kann für vier bis sechs Wochen ebenfalls kein Verkehr auf der Wangener Hauptachse fließen. In den letzten beiden Bauphasen werden Bundesstraße und Nebenstraßen sowie die restlichen Fuß- und Radwege fertiggestellt, die Baustraße zurückgebaut und Restarbeiten wie die Begrünung ausgeführt. Insgesamt soll die Bauphase etwa dreieinhalb Jahre umfassen.
Wie sind die Auswirkungen auf den städtischen Verkehr?
In einem Wort: beträchtlich. Die kritischsten Phasen sind zu Beginn des Bauprozesses, während der Tieferlegung des Anschlussbereichs von Zeppelin- und Bahnhofstraße, und gegen Ende, beim Abkoppeln der
Baustraße vom Buchweg. Hier ist eine Komplettsperrung von drei Monaten beziehungsweise vier bis sechs Wochen nötig. In diesen Zeiträumen muss der überörtliche Verkehr weiträumig umgeleitet werden. Auch innerörtlich werden die Wangener Ausweichstraßen stärker belastet sein. Beinahe während der gesamten Bauzeit wird es zudem eine Umleitung für zwei besonders betroffene Stadtgebiete geben. Die Kleingartenanlage Fronwiesen wird über die Fachkliniken angebunden sein, der Bereich Praßberg(straße) kann auch über den an einzelnen Stellen auszubauenden Argenauweg und die K 8007 angefahren werden.
Zu den Folgen für das künftige Verkehrsaufkommen gibt es Modellrechnungen, die ebenfalls bei der Infoveranstaltung erläutert wurden. Im Bereich der Bahnunterführung sehen die prognostizierten Verkehrsströme beispielsweise eine Zunahme von 3000 auf dann täglich rund 25 000 Fahrzeuge vor. Dagegen werden andere Umgehungswege, wie Zeppelinstraße oder Südring, entlastet. „Insgesamt wird künftig der Verkehr auf der B 32 gebündelt, weil dort das Fahren attraktiver wird“, lautet das Fazit der Fachplaner.
Und die RP-Planerin Bettina Wöhrmann sagt zur Bauzeit: „Das wird verkehrlich in Wangen nicht leicht. Wir sind uns bewusst über die zusätzliche Belastung.“
Welche Folgen hat das Bauprojekt für Umwelt und Natur?
Mit am stärksten ist der Eingriff in das Naherholungsgebiet Buch. Weil die tiefer gelegte Bundesstraße und die Stützwände Platz brauchen, fallen etwa 1400 Quadratmeter Wald weg, wie der zuständige Fachplaner sagte. Zudem kämen insgesamt „33 stadtbildprägende Bäume weg“. Der Waldrand solle aber wieder hergestellt werden, zusammen würden circa 60 Bäume neu gepflanzt. Er sprach zudem von diversen Baumund Artenschutzmaßnahmen. Unter die Ausgleichsmaßnahmen fällt auch die Aufwertung des Landschaftsschutzgebiets Hammerweiher, vor allem des darin liegenden Laichgewässers für Amphibien. Das Fazit des Fachmanns: „Die Beeinträchtigungen der Schutzgüter werden durch die Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.“
Weniger stark erscheinen die Auswirkungen bei Schall und Lärm. Auch hier gab es Modellrechnungen, in die der künftig lärmmindernde Fahrbahnbelag, die Teilabdeckungen der B 32 sowie die absorbierenden Stützwände einflossen. Das Ergebnis laut Fachplaner: Bei nur drei Gebäuden werden die gesetzlichen Grenzwerte überschritten, in diesen Fällen bestehe der Anspruch auf Lärmschutzfenster. Anders sehe es während der Bauphase aus, wo zeitweise mit erhöhtem Lärm zu rechnen sei.
Informationen gab es auch zum Thema Altlasten und Grundwasser. Hier wurden schon im Vorfeld im gesamten Bereich des Bahnübergangs Probebohrungen bis zu 18 Metern Tiefe gemacht, um die Böden beziehungsweise den Schadstoffgehalt zu prüfen. Solche Kontrollen, auch beim Grundwasser, soll es regelmäßig auch während der Bauzeit geben. Geprüft wird zudem, ob es beim Abtragen der Oberfläche und des Asphalts etwaige Altlasten gibt.
Wie geht es jetzt unmittelbar weiter und wie ist der Zeithorizont? Diese Infoveranstaltung sei der Ausgangspunkt für die Beteiligung der Öffentlichkeit am Genehmigungsverfahren, sagte Wangens OB Michael Lang. Als nächster Schritt werden die gesamten Planunterlagen zusammengetragen und im Frühjahr 2022 öffentlich ausgelegt, wie Bettina Wöhrmann erläuterte. Zur Planung können Bürger und Behörden Stellung nehmen. Das RP als zuständige Behörde wird dann entsprechende Antworten formulieren, die schließlich bei einem Erörterungstermin diskutiert werden. Am Ende dieses Verfahrensschritts steht der sogenannte Planfeststellungsbeschluss – und damit Baurecht. Bis dahin kalkulieren die Verantwortlichen mit einer Dauer von ein bis zwei Jahren – wenn es zu keinen Klagen kommt.
Wohl auch wegen solcher Unwägbarkeiten hüllte sich das RP bei der Infoveranstaltung hinsichtlich des Zeitplans bis zur Fertigstellung in Schweigen. Abhängig davon, wie viel Zeit die anschließende Ausführungsplanung (wann wird was wie und von wem genau gemacht?) in Anspruch nimmt, könnte es durchaus 2025, vielleicht sogar 2026, werden, bis es zu einem symbolischen Spatenstich kommt. Und wenn die dreieinhalbjährige Bauphase realistisch ist, nähert man sich bereits dem Ende dieses Jahrzehnts. Was man auf jeden Fall sagen kann: Die Wangener brauchen für dieses Straßenbau-Jahrhundertprojekt nicht nur Geduld, sondern auch einen sehr langen Atem.