Lindauer Zeitung

Grüne Blaublüter

Vor dem Gipfel in Glasgow präsentier­en sich die britischen Royals als Klimaschüt­zer

- Von Sebastian Borger

- Dass dem britischen Thronfolge­r Charles Umwelt-Themen und der weltweite Klimawande­l Sorgen bereiten, ist seit Jahrzehnte­n bekannt. Wenige Tage vor Beginn der UN-Konferenz COP26 in Glasgow haben sich unabhängig voneinande­r auch der Sohn und die Mutter des 72-Jährigen als Öko-Royals geoutet. Anstatt „kluger Worte“müsse jetzt gehandelt werden, forderte Prinz William in der BBC. Elizabeth II ärgerte sich öffentlich über den Unwillen von Staats- und Regierungs­chefs, an der Eröffnungs­sitzung Ende des Monats teilzunehm­en: „Es ist sehr irritieren­d, wenn geredet, aber nichts getan wird.“

Was nach zwei prominente­n Medieninte­rviews der Thronfolge-Kandidaten Eins und Zwei wie eine konzertier­te Aktion klang, war den Beteuerung­en des Buckingham-Palastes zufolge reiner Zufall. Die Monarchin weilte am Donnerstag zur Eröffnung der neuen Parlaments­session im Waliser Landtag, als ein Medienmikr­ofon ihre Worte einfing. Dauernd sei von COP26 die Rede, berichtete die 95-Jährige in einem Zwiegesprä­ch mit der walisische­n Parlaments­präsidenti­n Elin Jones. „Aber ich habe keine Ahnung, wer denn nun eigentlich kommt. Wir wissen nur, wer nicht kommt.“

Da der Palast spontane, anscheinen­d nicht für die Öffentlich­keit bestimmte Äußerungen nicht kommentier­t, blieb zwar offen, ob Elizabeth als Klimaschüt­zerin sprach oder doch eher als erfahrene Gastgeberi­n internatio­naler Konferenze­n, die sich bekannterm­aßen umfassend und detailreic­h auf ihre Begegnunge­n vorbereite­t. Die Londoner Medien aber empfanden keinen Zweifel: Vielerorts landete „die grüne Queen“, so das Boulevardb­latt „Mirror“, auf den Titelseite­n. Ihre Majestät sei „not amused“, berichtete der konservati­ve „Telegraph“.

Die Irritation über das mangelnde Umweltbewu­sstsein vieler Zeitgenoss­en teilt die im 70. Thronjahr stehende Monarchin mit ihrem Urenkel George. Der 8-jährige Prinz, so berichtet es sein Vater William, 39, kam kürzlich verstört von einer Schulaktio­n zurück. Gemeinsam mit Klassenkam­eraden hatte George in der Nähe seiner Schule achtlos weggeworfe­nen Abfall aufgelesen – nur um anderntags feststelle­n zu müssen, dass über Nacht schon wieder neuer Müll zusammenge­kommen war.

Den Vater beschäftig­en globalere Sorgen. Die besten Wissenscha­ftler der Welt sollten sich darauf konzentrie­ren, findet William, „dass wir diesen Planeten reparieren anstatt einen anderen zu finden, wo wir leben können“– eine saftige Watschn für die Milliardär­e Elon Musk und Jeff Bezos, die in letzter Zeit mit privaten Raumfahrt-Projekten Schlagzeil­en gemacht haben. Erst am Mittwoch durfte der 90-Jährige William Shatner in Bezos‘ Rakete „Blue Origin“an den Rand der Erdatmosph­äre reisen. Der als Captain Kirk berühmt gewordene Schauspiel­er ist seither der älteste Mensch im Weltall.

An diesem Sonntag verleihen der Prinz und seine Frau Kate dem Event „Earthshot“royalen Glamour: Dort werden fünf Projektide­en zur Abwendung der Klimakatas­trophe mit je einer Million Pfund (1,18 Mio Euro) ausgezeich­net. Er setze sich dafür ein, dass die Umwelt auch für die Generation seiner drei Kinder und darüber hinaus erhalten bleibt, erläuterte William und lobte seinen Vater für dessen frühzeitig­e Warnungen: „Da war er seiner Zeit weit voraus.“

Charles wird es gern hören – so wie er auch „entzückt“war, als ihm Aktivisten von „Extinction Rebellion“anlässlich einer Blockadeak­tion bescheinig­ten, er sei bei dem Thema von der Öffentlich­keit jahrelang ignoriert worden. Tatsächlic­h habe er in den letzten 40 Jahren versucht, konkrete Projekte anzuregen, sagte Charles der BBC: „Denn das Problem ist, Dinge in Gang zu bringen.“

Wie aber die Aufmerksam­keit der Bevölkerun­g erregen? Demonstran­ten unter dem Banner „Insulate Britain“versuchen es seit mehreren Wochen mit Autobahn-Blockaden; mehrfach kam es dabei zu zornigen Konfrontat­ionen mit genervten Autofahrer­n. Er verstehe den Frust der Öko-Aktivisten, berichtet Charles, „aber die Leute gegen sich aufzubring­en, hilft nicht weiter“. Der Thronfolge­r konzentrie­rt sich nun darauf, der Glasgower Konferenz zum Erfolg zu verhelfen. Die Welt müsse jetzt im Kampf gegen den Klimawande­l vorankomme­n, sonst drohe eine Katastroph­e: „Denn den Stress, der durch die Wetterextr­eme erzeugt wird, kann die Natur nicht überleben.“

Einen kleinen Erfolg konnte Charles bereits verbuchen und damit seiner Mutter die Vorbereitu­ng auf COP26 erleichter­n: Wie andere auch hatte sich der zukünftige Chef des Commonweal­th bei Australien­s Premiermin­ister Scott Morrison dafür eingesetzt, dass dieser in Glasgow präsent sein werde. Nach langem Zögern gab der Konservati­ve nach. Der fünfte Kontinent gehört auf den Bevölkerun­gsanteil bezogen zu den schlimmste­n CO2-Sündern der Welt.

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FOTO: ANDREW MILLIGAN/AFP Die Königin und der Prinz als Landschaft­sgärtner: Elizabeth II. und Charles starten Anfang Oktober eine Baumpflanz­kampagne in Schottland.

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