Grüne Blaublüter
Vor dem Gipfel in Glasgow präsentieren sich die britischen Royals als Klimaschützer
- Dass dem britischen Thronfolger Charles Umwelt-Themen und der weltweite Klimawandel Sorgen bereiten, ist seit Jahrzehnten bekannt. Wenige Tage vor Beginn der UN-Konferenz COP26 in Glasgow haben sich unabhängig voneinander auch der Sohn und die Mutter des 72-Jährigen als Öko-Royals geoutet. Anstatt „kluger Worte“müsse jetzt gehandelt werden, forderte Prinz William in der BBC. Elizabeth II ärgerte sich öffentlich über den Unwillen von Staats- und Regierungschefs, an der Eröffnungssitzung Ende des Monats teilzunehmen: „Es ist sehr irritierend, wenn geredet, aber nichts getan wird.“
Was nach zwei prominenten Medieninterviews der Thronfolge-Kandidaten Eins und Zwei wie eine konzertierte Aktion klang, war den Beteuerungen des Buckingham-Palastes zufolge reiner Zufall. Die Monarchin weilte am Donnerstag zur Eröffnung der neuen Parlamentssession im Waliser Landtag, als ein Medienmikrofon ihre Worte einfing. Dauernd sei von COP26 die Rede, berichtete die 95-Jährige in einem Zwiegespräch mit der walisischen Parlamentspräsidentin Elin Jones. „Aber ich habe keine Ahnung, wer denn nun eigentlich kommt. Wir wissen nur, wer nicht kommt.“
Da der Palast spontane, anscheinend nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Äußerungen nicht kommentiert, blieb zwar offen, ob Elizabeth als Klimaschützerin sprach oder doch eher als erfahrene Gastgeberin internationaler Konferenzen, die sich bekanntermaßen umfassend und detailreich auf ihre Begegnungen vorbereitet. Die Londoner Medien aber empfanden keinen Zweifel: Vielerorts landete „die grüne Queen“, so das Boulevardblatt „Mirror“, auf den Titelseiten. Ihre Majestät sei „not amused“, berichtete der konservative „Telegraph“.
Die Irritation über das mangelnde Umweltbewusstsein vieler Zeitgenossen teilt die im 70. Thronjahr stehende Monarchin mit ihrem Urenkel George. Der 8-jährige Prinz, so berichtet es sein Vater William, 39, kam kürzlich verstört von einer Schulaktion zurück. Gemeinsam mit Klassenkameraden hatte George in der Nähe seiner Schule achtlos weggeworfenen Abfall aufgelesen – nur um anderntags feststellen zu müssen, dass über Nacht schon wieder neuer Müll zusammengekommen war.
Den Vater beschäftigen globalere Sorgen. Die besten Wissenschaftler der Welt sollten sich darauf konzentrieren, findet William, „dass wir diesen Planeten reparieren anstatt einen anderen zu finden, wo wir leben können“– eine saftige Watschn für die Milliardäre Elon Musk und Jeff Bezos, die in letzter Zeit mit privaten Raumfahrt-Projekten Schlagzeilen gemacht haben. Erst am Mittwoch durfte der 90-Jährige William Shatner in Bezos‘ Rakete „Blue Origin“an den Rand der Erdatmosphäre reisen. Der als Captain Kirk berühmt gewordene Schauspieler ist seither der älteste Mensch im Weltall.
An diesem Sonntag verleihen der Prinz und seine Frau Kate dem Event „Earthshot“royalen Glamour: Dort werden fünf Projektideen zur Abwendung der Klimakatastrophe mit je einer Million Pfund (1,18 Mio Euro) ausgezeichnet. Er setze sich dafür ein, dass die Umwelt auch für die Generation seiner drei Kinder und darüber hinaus erhalten bleibt, erläuterte William und lobte seinen Vater für dessen frühzeitige Warnungen: „Da war er seiner Zeit weit voraus.“
Charles wird es gern hören – so wie er auch „entzückt“war, als ihm Aktivisten von „Extinction Rebellion“anlässlich einer Blockadeaktion bescheinigten, er sei bei dem Thema von der Öffentlichkeit jahrelang ignoriert worden. Tatsächlich habe er in den letzten 40 Jahren versucht, konkrete Projekte anzuregen, sagte Charles der BBC: „Denn das Problem ist, Dinge in Gang zu bringen.“
Wie aber die Aufmerksamkeit der Bevölkerung erregen? Demonstranten unter dem Banner „Insulate Britain“versuchen es seit mehreren Wochen mit Autobahn-Blockaden; mehrfach kam es dabei zu zornigen Konfrontationen mit genervten Autofahrern. Er verstehe den Frust der Öko-Aktivisten, berichtet Charles, „aber die Leute gegen sich aufzubringen, hilft nicht weiter“. Der Thronfolger konzentriert sich nun darauf, der Glasgower Konferenz zum Erfolg zu verhelfen. Die Welt müsse jetzt im Kampf gegen den Klimawandel vorankommen, sonst drohe eine Katastrophe: „Denn den Stress, der durch die Wetterextreme erzeugt wird, kann die Natur nicht überleben.“
Einen kleinen Erfolg konnte Charles bereits verbuchen und damit seiner Mutter die Vorbereitung auf COP26 erleichtern: Wie andere auch hatte sich der zukünftige Chef des Commonwealth bei Australiens Premierminister Scott Morrison dafür eingesetzt, dass dieser in Glasgow präsent sein werde. Nach langem Zögern gab der Konservative nach. Der fünfte Kontinent gehört auf den Bevölkerungsanteil bezogen zu den schlimmsten CO2-Sündern der Welt.