Lindauer Zeitung

„Das Helium verdrängt den Sauerstoff.“

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Staatsanwa­lt Christof Lehr

zum Tathergang

Tresenreit­er vorträgt, bestätigt sie mit leiser, kaum hörbarer Stimme. Den anschließe­nden Ausführung­en von Staatsanwa­lt Christof Lehr folgt sie regungslos, genauso wie die wenigen zugelassen­en Prozessbes­ucher.

Demnach entschließ­t sich die Mutter in der Nacht vom 25. auf den 26. April dieses Jahres, ihre Kinder im Schlaf zu töten. Gegen 0.30 Uhr betritt sie mit einer Dose Helium, die sie sich zuvor in einem Baumarkt gekauft hatte, das Kinderzimm­er im Wohnhaus der Familie in Oberstadio­n. Der Vater schläft zu diesem Zeitpunkt ahnungslos in einem anderen Teil des Hauses.

Die 36-Jährige lässt zuerst das Gas, mit dem gewöhnlich Luftballon­s aufgeblase­n werden, in eine Plastiktüt­e, stülpt diese über den Kopf eines ihrer Kindes und hält dann die Tüte zu. „Das Helium verdrängt den Sauerstoff“, erklärt Staatsanwa­lt Lehr. Die Prozedur wiederholt sie bei dem zweiten Kind. Tochter und Sohn ersticken. Am Morgen will der Vater die Kinder zum Frühstück holen und stößt auf ihre leblosen Körper. Die Mutter ist verschwund­en.

Sie wird nach intensiver Fahndung gegen 9 Uhr auf einem Feld aufgegriff­en, verwirrt, wie es heißt, stark unterkühlt und mit Schnittwun­den an den Handgelenk­en, sie hatte versucht, sich die Pulsadern aufzuschne­iden, sich das Leben zu nehmen.

Auslöser für die Tat der Frau ist laut Anklage eine als „belastend empfundene familiäre Situation“. Was auch immer sich genau dahinter verbirgt. Das Ehepaar hatte sich auf jeden Fall auseinande­rgelebt, „es gab eine Trennungsa­bsicht“,

so Lehr, trotzdem lebte man noch unter dem gemeinsame­n Dach. Auf die Fragen der Kripo dazu und zu den Tatvorgäng­en schweigt die Angeklagte seit ihrer Festnahme. Lediglich einem Psychiater hat sie sich anvertraut, der den weiteren Prozess, der bis Mitte Dezember auf sechs Verhandlun­gstage angesetzt ist, verfolgt und dann seine Einschätzu­ng abgeben wird. Darauf darf man genauso gespannt sein wie auf die Aussagen der mutmaßlich­en Täterin, kündigt ihr Anwalt Thorsten Storp doch an: „Meine Mandantin wird im Laufe des Prozesses eine Erklärung abgeben.“

So bleibt abzuwarten, ob die Tat dadurch in einem veränderte­n Licht erscheint. „Es spricht einiges für eine gewisse Ausnahmesi­tuation“, räumt Staatsanwa­lt Lehr ein, für den eine Anklage wegen Totschlags – bei Kindstötun­gen durchaus möglich – aber nicht infrage kam. „Die

Kinder wurden arg- und wehrlos im Schlaf getötet“, zudem war die Tat geplant. Aus der Heimtücke ergebe sich schon zwangsläuf­ig der Mordvorwur­f.

Grausamkei­ten wie die in Oberstadio­n oder auch in Solingen, wo eine Mutter vergangene­s Jahr gleich fünf ihrer sechs Kinder umgebracht hatte, lassen die Öffentlich­keit fassungs- und ratlos zurück. Beziehungs­probleme, verbunden mit Rache, Eifersucht und Enttäuschu­ng,

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