Große Probleme für kleine Flughäfen
Insolvenz von Frankfurt-Hahn befeuert Kritik an Regionalflughäfen – Bodensee Airport kämpft sich aus Schulden
Mit Hahn im Hunsrück hat in dieser Woche einer der größeren Regionalflughäfen in Deutschland Insolvenz angemeldet. Aber auch die anderen kleineren Airports kämpfen nicht erst seit der Corona-Krise mit Schwierigkeiten. Denn profitabel sind die wenigsten, das zeigte schon eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, deren Ergebnisse die Umweltorganisation BUND im vergangenen Jahr vorgestellt hatte.
Danach waren damals nur zwei der insgesamt 14 untersuchten Flughäfen profitabel, nämlich Memmingen und Weeze. „Wenn man sich die Ergebnisse der Flughäfen in Deutschland anschaut, sieht es so aus, als ob man ungefähr drei Millionen Passagiere benötigt, um profitabel zu sein“, erklärt Yvonne Ziegler, Professorin für internationales Luftverkehrsmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences. Viele Regionalflughäfen aber hätten eben auch in normalen Zeiten weniger Passagiere und entsprechend sei es für sie schwieriger: „Sprich: Sie machen keinen Gewinn.“
Basis für eine Airline zu sein, das garantiert eine bestimmte Zahl an Flügen und Passagieren. Deshalb kam der Insolvenzantrag des Flughafens Hahn nicht überraschend, nachdem der irische Billigflieger Ryanair in den vergangenen Jahren immer mehr Flugzeuge dort abgezogen und an den großen Rhein-Main-Flughafen verlagert hatte. „Der strukturelle Trend, eher größere Flughäfen als die kleinen Airports anzusteuern, dürfte sich nach der Corona-Krise fortsetzen“, sagt Eric Heymann, Luftfahrtexperte von Deutsche Bank Research. Mit dem fehlenden Angebot würden die Regionalflughäfen damit für Passagiere immer unattraktiver.
Noch werden viele der Regionalflughäfen staatlich unterstützt. Doch Betriebsbeihilfen erlaubt die Europäische Union nur noch bis 2024. Ein Problem für die Flughäfen, denn die kommen eigentlich nicht ohne Beihilfen und andere öffentliche Mittel aus. Schließlich sind bis auf Memmingen und Weeze die anderen Regionalflughäfen in öffentlicher Hand, Hahn gehörte noch zu 17,5 Prozent dem Land Hessen. Die Betreiber der Flughäfen haben da eine andere Haltung.
Der Betrieb der reinen Infrastruktur koste immer mehr Geld als man durch Gebühren einnehme, meint etwa Klaus-Jürgen Schwahn, Präsident der Interessengemeinschaft der regionalen Flugplätze (IDRF). Das gelte aber auch für alle anderen Verkehrsträger. Doch beim Luftverkehr sei man besonders kritisch. Im Öffentlichen Personennahverkehr oder bei der Deutschen Bahn frage man kaum nach der Höhe der Zuschüsse. Die Infrastruktur ist immer eine staatliche Aufgabe: „Nur bei Flugplätzen hat man zumindest hierzulande immer die etwas merkwürdige Einstellung, dass sie ihr Geld selber verdienen müssen.“
Wie es 2024 weitergehe mit den Flughäfen, das sei vor allem auch eine politische Frage, meint DeutscheBank-Experte Heymann. Diese zu schließen sei eine Möglichkeit. Man könnte aber auch durch ein „Gesundschrumpfen“die Fixkosten reduzieren, indem man zum Beispiel aus dem Linien- und Charterverkehr mit großen Maschinen aussteigt. Dann müssten die dafür notwendigen Infrastrukturen nicht mehr vorgehalten werden. Die Zukunft einiger Regionalflughäfen könnte etwa darin liegen, dass sie sich beispielsweise auf Schulungs- oder Rettungsflüge oder die Privatfliegerei konzentrieren. Die Regionalflughäfen BadenBaden oder Friedrichshafen etwa seien für die regionale Wirtschaft unverzichtbar, sagte Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem SWR.
Deswegen bemühen sich die Veranwortlichen in Friedrichshafen auch um eine gute Lösung für den Flughafen, der, wie andere Regionalflughäfen, schon länger ein finanzielles Sorgenkind ist. Unter anderem drückten hohe Schulden, die zum Teil einem Terminal zu verdanken sind, das für eine Million Fluggäste pro Jahr ausgelegt ist. Hinzu kamen mehrere Airline-Pleiten am Bodensee Airport, unter anderem Intersky, Hamburg International und Germania. Corona besorgte dann den Rest und ließ 2020 die Passagierzahlen im Jahresvergleich um 76 Prozent einbrechen (von 490 000 auf 119 000). Der Airport steuerte mit Sparmaßnahmen gegen, vor allem Kurzarbeit. Trotzdem musste sich der Flughafen im Februar 2021 unter den Schutzschirm eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung begeben, weil die Gefahr einer Überschuldung drohte.
Mittlerweile läuft das ordentliche Insolvenzverfahren, nach dessen Abschluss der Airport schuldenfrei sein wird. Die Gläubigerversammlung hat den Sanierungsplänen der Geschäftsführung bereits zugestimmt. Unter anderem wurde das Flughafengrundstück an Stadt und Kreis verkauft. Was jetzt noch fehlt, ist die Zustimmung der EU, die überprüft, ob die öffentliche Hand den Airport über Gebühr fördert. Kommt von dort grünes Licht, ist das Insolvenzverfahren beendet. Dies könnte noch in diesem Jahr passieren, spätestens aber 2022.
Positiv für künftige Bilanzen nicht nur des Friedrichshafener Flughafens
ist die Tatsache, dass der Bund die Kosten für die Flugsicherung seit 1. September übernimmt. Vor Corona hat der Bodensee-Airport dafür rund 1,5 Millionen Euro aufbringen müssen.
Die Flughafeninfrastruktur in Deutschland umfasst insgesamt fast 1000 Flughäfen und Landeplätze. Mit abnehmenden Nutzungszahlen könnte auch der Druck der lokalen Bevölkerung steigen, die Haushaltsmittel der Kommunen oder Länder nicht mehr für Zuschüsse an die Flughäfen zu verwenden, sondern diese eher anderen Verwendungszwecken zuzuführen.
Bisher war der Aus- oder Umbau meist Sache der Länder. „Es wäre sinnvoll, nun mehr Kompetenzen auf den Bund zu verlagern“, glaubt Eric Heymann von der Deutsche Bank Research. Der sollte grundsätzlich festlegen, wo noch Lücken im Netzwerk existierten, und wie diese geschlossen werden sollten.