Keine Spur von Sputnik
Von Bayerns Plan mit dem Vakzin ist nichts mehr übrig
- Im April dieses Jahres ging Markus Söder mit einem besonderen Coup an die Öffentlichkeit. Bayern werde auf eigene Faust, so der CSU-Ministerpräsident, 2,5 Millionen Dosen des Sputnik-V-Impfstoffes kaufen. Zudem werde das Vakzin künftig auch im Freistaat produziert. „Söder holt die RussenSpritze“, titelte eine Münchner Boulevardzeitung. Zu diesem Zeitpunkt war Corona-Impfstoff noch rar und nicht richtig absehbar, wie schnell es mit der Herstellung der bereits zugelassenen Produkte klappen würde.
Ein halbes Jahr später ist es verdächtig still geworden um Söders Sputnik-Mission. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Katharina Schulze, greift das Thema nun auf und sagt der „Schwäbischen Zeitung“: „Es mangelt derzeit ja nicht an zugelassenen und vorhandenen Impfstoffen.“Söder und die Staatsregierung sollten „ihre ganze Energie“lieber darauf verwenden, die im Bundesvergleich niedrige Impfquote in Bayern zu steigern.
In Russland selbst ist Sputnik ein Ladenhüter. Die Bevölkerung misstraut dem Vektor-Präparat, die Impfquote ist mit nur 30 Prozent miserabel niedrig. Präsident Wladimir Putin und andere Politiker rufen immer verzweifelter dazu auf, sich die Spritzen geben zu lassen. In Russland sind keine anderen Impfstoffe zugelassen. International hat Sputnik einen beachtlichen Siegeszug bestritten: Es wird nach russischen Angaben in 69 Ländern verimpft.
Allerdings nicht in der EU mit Ausnahme von Ungarn. Denn die Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA und die Zulassung durch die EU stehen weiterhin aus. Der Hersteller liefert nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) nicht genügend Daten zur Sicherheit des Produktes. Im Oktober wollten EMA-Experten nach Moskau reisen, um sich Daten und Produktionsstätten zeigen zu lassen, der Trip wurde aber von Russland abgesagt. Nun ist ein Besuch für Dezember geplant. Ob Sputnik je auf den europäischen Markt gelangen wird, steht in den Sternen.
Ebenso unklar ist die Produktion. Der russische Impfstoff sollte von der Firma R-Pharm hergestellt werden, und zwar in deren Werk in Illertissen bei Neu-Ulm. Eine Anfrage blieb unbeantwortet. Der deutsche Standort ist ein Ableger, die Zentrale befindet sich in Moskau. Beobachter stellen fest, dass das Unternehmen an der sehr kurzen Leine gehalten und wohl im Wesentlichen von Moskau aus gesteuert wird. R-Pharm gehört dem russischen Milliardär Alexej Repik, ihm werden gute Beziehungen in den Kreml nachgesagt. Das stößt der Grünen Schulze auf: „Sputnik ist kein unpolitischer Impfstoff. Diese Söder-Show mit Putins Prestige-Projekt hat eine durchaus bedenkliche außenpolitische Dimension.“