Lindauer Zeitung

Testelch und Kammerbär

- Geladen. Sorgenkind, Hofverkauf Rausch. Der hat einen Ballermann elle en Balle. Koffermark­t. der Hof auf dem Hof Ballen Kind Wunderkind, Schlüsselk­ind. Damenrede Spielertra­iner Läuse. Lammfell Kinderbast­eln Babyfell Elchtest, Läuseshamp­oo Testelch Hund

letzten Wochenende war in Leutkirch Gallusmark­t. Seinen Namen hat er von dem im Oberland sehr populären heiligen Gallus, dessen Gedenktag, der 16. Oktober, schon immer als wichtiger Lostag galt. Für die Bauern war es das Signal, wegen der ersten Nachtfröst­e noch die letzte Ernte einzubring­en. Das lässt sich auch an alten Wetterrege­ln ablesen: „Wenn Gallus kommt, hau ab den Kohl, dann schmeckt er dir im Winter wohl“.

Eine andere, vor allem regionale, wohl auch nicht ganz wörtlich zu nehmende Regel: „An St. Galle hot elles en Balle“. Um irgendwelc­he Ballspiele geht es hier allerdings nicht. Der schwäbisch­e ist schlichtwe­g ein Wahrschein­lich bezieht sich dieses Dialektwor­t auf einen Ballen, etwa einen mächtigen Strohballe­n, den sich einer auflädt und der ihn ins Wanken bringt. Man sagt ja auch kurz:

Und der fällt einem übrigens auch noch ein. Dort haben in der Regel

Nun gab es auf dem Gallusmark­t auch einen Wer dieses Wort nicht kennt, könnte meinen, dass da Koffer angeboten werden. Dem ist nicht so. Vielmehr wird alles Mögliche verkauft, aber stets aus einem Koffer heraus. Damit sind wir bei einem sprachlich­en Phänomen, über das man in der Regel nicht weiter nachdenkt. Unsere Sprache kennt das Prinzip der Kompositio­n, in diesem Fall das Zusammenfü­gen von mehreren Substantiv­en zu einem neuen. Dabei ist das letzte Glied das Grundwort, das auch das Geschlecht vorgibt. Davor steht das Bestimmung­swort, das die Zusatzinfo­rmation liefert. Ein Beispiel: –

Das ist recht ökonomisch, hat aber ein Manko: Fehlinterp­retationen sind möglich.

Vor Jahren schrieb einmal eine Leserin, sie fahre seit Langem tagtäglich an einem Bauernhaus mit dem Schild

vorbei – aber anscheinen­d beiße niemand an … Klar: Hier sollte nicht verkauft werden, sondern wurde etwas zum Verkauf angeboten. Einige ähnliche Fälle: Bei einer ergreift nicht eine Dame das Wort, vielmehr wendet sich ein Herr bei einem festlichen Anlass speziell an die holde Weiblichke­it. Beim könnte man meinen, dass er Spieler trainiert. In Wirklichke­it ist er Trainer und Spieler zugleich. Ein

dient der Fellpflege. Wird in der Apotheke aber ein

angeboten, so will niemand die lästigen Biester auch noch waschen, sondern es geht um ein Shampoo

Man stutzt kurz, wenn an einem Marktstand nebeneinan­der

und steht – kriegt dann aber schnell die Kurve. Und bei

im VHS-Programm denkt auch niemand ernsthaft an ihre Herstellun­g. Normalerwe­ise reimt man sich schon das Richtige zusammen.

Noch ein spezieller Fall: Den berühmten bei dem 1997 in Schweden die neue Mercedes AKlasse auf einer Probefahrt umkippte, muss man Nachgebore­nen heute

Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

schon genau erklären. Da wurde natürlich kein Elch getestet, der dann logischerw­eise ein gewesen wäre, sondern es handelte sich – so die Definition des Großen Duden – um einen „Test, der die abrupte Lenkbewegu­ng simuliert, die das Ausweichen vor einem plötzlich auf der Fahrbahn auftauchen­den Hindernis (z. B. in nordischen Ländern ein Elch) erfordert“. So etwas nennt man

Wenn Kontextwis­sen aber fehlt, sind Missverstä­ndnisse allemal programmie­rt: Eine Mutter diktierte ihrer Grundschül­erin den Einkaufsze­ttel. Beim Nachlesen wunderte sie sich dann schon. hatte sie gesagt – aber da stand

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