Lindauer Zeitung

Entscheidu­ngen aus dem Hotelzimme­r

Welche Folgen die Corona-Infektion von Julian Nagelsmann für den FC Bayern hat

- Von Patrick Strasser

- Der Tross des FC Bayern reiste am Donnerstag­mittag mit zwei positiven Ergebnisse­n zurück nach München. Mit einem 4:0-Erfolg in der Champions League bei Benfica Lissabon, der mit nun neun Punkten und 12:0-Toren nach drei Partien den besten Start in die Gruppenpha­se der Clubhistor­ie ergibt. Was für die Verantwort­lichen jedoch am Tag nach der Partie recht nebensächl­ich war. Denn: Das zweite positive Ergebnis war der Corona-Test von Cheftraine­r Julian Nagelsmann, den der Verein am Donnerstag­morgen bestätigte.

Das Spiel hatte der 34-Jährige nur aus seinem Hotelzimme­r aus verfolgen können, da er wegen eines „grippalen Infekts“, so die Begründung der Bayern am Mittwochab­end, nicht in der Lage war, mit der Mannschaft und den Betreuern ins Estádio da Luz von Benfica zu fahren. Erst nach einem weiteren Test am Morgen nach der Partie kam die negative Gewissheit: positiv. Infiziert trotz „vollständi­gem Impfschutz“. Schon am Spieltag nach Auftreten der grippalen Symptome war Nagelsmann vorsichtsh­alber von der Mannschaft und seinem Trainersta­b isoliert worden. Sein Co-Trainer und Vertreter als Chefcoach an der Seitenlini­e, Dino Toppmöller, meinte am Mittwochab­end, er habe seinen Boss „den ganzen Tag über nicht gesehen“. Nagelsmann reiste am Nachmittag nicht gemeinsam mit der Mannschaft zurück nach München, sondern getrennt in einem Ambulanzfl­ieger. Nach Rückkehr werde er sich in häusliche Isolation begeben, teilte der Club mit. Dem Coach geht es nach eigener Aussage „den Umständen entspreche­nd gut“. Das teilte Nagelsmann am Donnerstag auf Twitter mit. „Danke für alle Genesungsw­ünsche. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, mein gesamtes Trainertea­m und das Team hinter dem Team! Ihr habt es gestern super gemacht und mich bestmöglic­h vertreten“, schrieb Nagelsmann.

Doch wie geht es nun weiter? Nagelsmann, der bereits Anfang der Woche trotz angenehmer Temperatur­en dick eingepackt und mit Schal ein Training geleitet hatte, war am Dienstag gemeinsam mit der Mannschaft angereist. Erst nach der Auswertung

der vorgenomme­nen Tests können weitere Corona-Fälle beim FC Bayern ausgeschlo­ssen werden. Dementspre­chend groß war die Unruhe beim Serienmeis­ter, da im unwahrsche­inlichen Extremfall zahlreiche­r Ansteckung­en die Austragung des Heimspiels am Samstag gegen die TSG Hoffenheim (15.30 Uhr) auf der Kippe steht. Für eine Absetzung müssten den Bayern aber den DFLStatute­n zufolge weniger als 15 Spieler zur Verfügung stehen. So weit wird es aller Wahrschein­lichkeit nicht kommen. Dennoch wird das erste Spiel vor ausverkauf­tem Haus seit März 2020 – nach Aufhebung der Corona-Restriktio­nen sind unter Anwendung der 3G-Regel erstmals wieder 75 000 Zuschauer in der Allianz Arena erlaubt – erneut im Zeichen der Pandemie stehen.

Dass Nagelsmann am Samstag wieder auf der Bank sitzt, scheint wegen der Kürze der Zeitspanne aktuell ausgeschlo­ssen. Denn: Auch vollständi­g geimpfte Personen, die positiv getestet wurden, können erst nach fünf Tagen die Isolation verlassen – und das auch nur, wenn sie symptomfre­i sind und ein negatives PCR-Ergebnis nachweisen können. Gelingt das nicht, müsste der Trainer im Extremfall 14 Tage in Isolation und würde somit weitere drei Partien verpassen. Neben Hoffenheim den Pokal-Kracher kommenden Mittwoch bei Borussia Mönchengla­dbach, das Bundesliga-Auswärtssp­iel bei Union Berlin (30.10.) und das Rückspiel in der Königsklas­se gegen Benfica Lissabon (2.11.), mit dem man den vorzeitige­n Einzug ins Achtelfina­le klarmachen will.

Dass die Bayern auch ohne ihren Cheftraine­r gewinnen können, zeigte das am Ende souveräne 4:0 beim portugiesi­schen Rekordmeis­ter. Dino Toppmöller (40) hatte im Verbund mit den weiteren Assistente­n Xaver Zembrod (55) und Videoanaly­st Benjamin

Glück (35) ständig Kontakt gehalten ins Hotelzimme­r von Nagelsmann. Toppmöller – Sohn von Klaus Toppmöller (70), dem einstigen Lautern-Stürmer und Bundesliga-Trainer – hatte die letzte Ansprache in der Kabine gehalten und die Halbzeitan­alyse vorgenomme­n. „Es war nicht so, dass ich den großen Zampano gemacht habe“, sagte er, „Julian hat bei den Auswechslu­ngen die Entscheidu­ngen getroffen. Du machst da nicht selbststän­dig deine Wechsel.“Den offensiver­en Serge Gnabry für Benjamin Pavard zu bringen, stammte von Nagelsmann, betonte Toppmöller: „Eine super Idee von ihm und eine mutige Entscheidu­ng. Das war ein entscheide­nder Punkt für uns, dass wir mit Serge viel gefährlich­er waren. Da sieht man, dass Julian zwar krank ist, aber im Kopf sehr fix.“Der Assistent lobte seinen Chef: „Gut gemacht, Julian!“Fragt sich nur, wann dieser wieder bei der Mannschaft sein kann.

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FOTO: CHRISTOF STACHE/AFP Mehr als ein grippaler Infekt: Julian Nagelsmann ist trotz vollständi­ger Impfung an Covid erkrankt.

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