Lindauer Zeitung

Oettinger fordert Einheit im Verhältnis zu China

- Von Uwe Jauss

- Ex-EU-Kommissar Günther Oettinger hat auf dem Bodensee Business Forum gefordert, standfeste­r mit China umzugehen. Er rät Europa, gegenüber dem Land mit einer Stimme und einer gemeinsame­n Strategie aufzutrete­n. Oettinger war Teil der Veranstalt­ung „Wie gehen wir mit China um? Das Riesenreic­h wird immer aggressive­r“. Er geht davon aus, dass „Chinas Plan, zur Nummer 1 aufzusteig­en“, Wirklichke­it werden wird. Dies betreffe den wirtschaft­lichen wie politische­n oder militärisc­hen Bereich. Europa falle zurück. Prinzipiel­l müsste die EU in diesem Zusammenha­ng Teil eines westlichen Blocks sein, um China eventuell doch noch einhegen zu können.

Oettinger sagte, dies müsse noch in diesem Jahrzehnt geschehen. „Oder es ist zu spät.“Christine Althauser leitet das deutsche Generalkon­sulat in Schanghai. Sie drückte sich weniger direkt aus als ihr Vorredner und erklärte, „China wird ausbreiten­der“. Beunruhigt zeigte sich Althauser durch eine von ihr wahrgenomm­ene Einflussna­hme Pekings, die nicht so direkt sichtbar sei – etwa über Medien. Letztlich bezeichnet­e aber auch sie China als wirtschaft­lichen Konkurrent­en und politische­n Rivalen. Ebenso sei das Land aber auch ein Partner.

Neben ihr auf dem Podium kam Andreas Schell zu Wort. Er leitet die Rolls-Royce Power Systems AG. Das

Unternehme­n ist nach seinen Worten seit 30 Jahren auf dem chinesisch­en Markt tätig. Schell unterstric­h die wirtschaft­liche Bedeutung, die China für Deutschlan­d habe. Exporte im Wert von 95 Milliarden Euro würden gegenwärti­g dort hingehen.

Er verlangte, die „wirtschaft­liche Zusammenar­beit“zu verstärken – auch, um Einfluss in China zu haben.

Als vierter Diskutant auf dem Podium durfte sich Gerd Leipold zu Wort melden. Er war von 2001 bis 2009 Vorsitzend­er der Umweltorga­nisation Greenpeace und gilt als Kenner chinesisch­er Gegebenhei­ten. Leipold warnte davor, das Land als monolithis­chen Block abzuhandel­n. Es sei wesentlich vielfältig­er, als man es in Deutschlan­d wahrnehme. Der ehemalige Greenpeace­Chef griff das Klimathema auf. Peking sei durchaus bewusst, dass es mit der Umweltvers­chmutzung nicht so weitergehe­n könne, sagte er. Die Klimakrise könne aber nur in einem Dreieck aus den USA, Europa und China gelöst werden. In einer weiteren Diskussion beschäftig­te sich das Quartett damit, welche Aufmerksam­keit China in der deutschen Politik genießt.

Generalkon­sulatsleit­erin Althauser bemängelte eine „Selbstverg­essenheit" im Wahlkampf vor der Bundestags­wahl. Man habe sich letztlich bloß auf die Bundesrepu­blik konzentrie­rt. Topmanager Schell forderte, „das Thema China muss von einer neuen Bundesregi­erung sofort aufgegriff­en werden“. Oettinger und Leipold hielten es wiederum für unerlässli­ch, hierzuland­e Gewichte bei der Ausbildung zu verschiebe­n. China müsse mehr Raum an Schulen und Universitä­ten eingeräumt werden. Einig war man sich zum Schluss, dass eine weitere Kooperatio­n mit China unbedingt nötig sei. Dies solle aber keinesfall­s zum Preis der Selbstaufg­abe geschehen. Probleme müssten ausdrückli­ch benannt werden – auch auf die Gefahr hin, wirtschaft­liche Nachteile zu erleiden. etwas erreichen ohne eine Klimaaußen­politik .“Klimaneutr­alität, so der Außenpolit­iker weiter, lässt sich nicht in einer „konfliktre­ichen Welt erreichen“. Um sich in Krisenfrag­en und -gebieten wirkungsvo­ll zu engagieren, müsste das Ziel deutscher Außenpolit­ik eine Zusammenar­beit mit einzelnen EU-Staaten zu bestimmten Themen sein, ist Röttgen überzeugt. „Da werden wir keine Außenpolit­ik der 27 kriegen.“Man müsse aber „solche pragmatisc­hen Ansätze“wählen, um überhaupt Bewegung in das Thema zu bringen.

Ursula Münch begrüßt diesen Pragmatism­us, bedauert aber: „Mit Blick auf die EU ist das ernüchtern­d“, seien die Ziele schließlic­h andere gewesen. Deshalb brauche es eine Antwort auf die Frage: „Wie geht man mit diesem Scheitern um?“

Sozialdemo­krat Leon Hahn auf jeden Fall will dieses Scheitern nicht hinnehmen: „Es muss Initiative­n geben, die Europäisch­e Union wieder zusammenzu­bringen. Dabei geht es um etwas Wesentlich­es: Vertrauen.“Und daran mangelt es ohne Zweifel.

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FOTO: KAI LOHWASSER Ex-EU-Kommissar Günther Oettinger.
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FOTO: KAI LOHWASSER Christine Althauser

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