Schäuble mahnt, Bas motiviert
CDU-Urgestein fordert Mut zum Streit – SPD-Politikerin neue Bundestagspräsidentin
- Zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ist am Dienstag mit Bärbel Bas eine Frau zur Bundestagspräsidentin gewählt worden. Die 53 Jahre alte SPD-Politikerin erhielt bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags am Dienstag in Berlin 576 von 724 abgegebenen Stimmen. Die Duisburgerin, vor der lediglich Annemarie Renger (SPD) und Rita Süssmuth (CDU) Parlamentspräsidentinnen waren, ist Nachfolgerin von CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble. Am Nachmittag entließ dann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die bisherige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) samt ihrem Kabinett. Geschäftsführend bleiben alle bis zur Kür einer neuen Regierung im Amt.
Der 79-jährige Schäuble, der als dienstältester Abgeordneter die Sitzung eröffnete, fand zu seinem Abschied aus dem Amt mahnende Worte. Er betonte die Bedeutung des parlamentarischen Streits und des Kompromisses im Kampf gegen eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Dass im Bundestag die Vielfalt der Meinungen offen zur Sprache komme, „wird noch wichtiger, weil in unserer Gesellschaft die Bereitschaft sinkt, gegensätzliche Standpunkte auszuhalten, Widerspruch überhaupt zuzulassen“, sagte er.
Mahnende Worte fand Schäuble für Teile der Klimaschutzbewegung. Das mitunter zähe Ringen um gesellschaftliche Mehrheiten sollte gerade auch jenen nahegebracht werden, „die mit Blick auf den Klimawandel von der Trägheit demokratischer Prozesse enttäuscht sind und sofortiges Handeln fordern“, sagte er. Deren Motive seien nachvollziehbar, aber wissenschaftliche Erkenntnis allein sei noch keine Politik „und schon gar nicht demokratische
Mehrheit“. Schäuble warnte: „Wer Ziele und Mittel absolut setzt, bringt sie gegen das demokratische Prinzip in Stellung.“Zudem mahnte er angesichts des auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestags eine Wahlrechtsreform an.
Seine Nachfolgerin Bas kündigte an, sie werde sich für eine neue Bürgernähe einsetzen. „Lassen Sie uns viele Menschen ansprechen, auf die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zugehen, vor allem auf jene, die sich von der Politik seit Langem nicht mehr angesprochen fühlen. Menschen, denen ,die Politik’ fremd geworden ist“, sagte sie.