Zu Tode gequält
Ein Junge wird in Bopfingen misshandelt, bis er stirbt – Familie war dem Jugendamt bekannt
- In der Stadt Bopfingen im Ostalbkreis herrscht Entsetzen über den Tod eines misshandelten, knapp zweijährigen Jungen. Entsetzen, aber es gibt auch viele Fragen. Denn der Junge und seine Familie standen in Kontakt mit dem Jugendamt, auch vorher fiel die Familie bereits auf.
Das 23 Monate alte Kind ist am vergangenen Donnerstag aufgrund schwerer Misshandlungen im Krankenhaus Aalen gestorben. Beim Kind wurden „massive multiple Verletzungen“festgestellt, die eindeutig auf Misshandlung schließen ließen. Zu diesem Schluss kam man sowohl nach einer ersten kriminalpolizeilichen Leichenschau als auch nach einer anschließenden rechtsmedizinischen Obduktion des toten Jungen. Tatverdächtig ist der 32-jährige Lebensgefährte der Mutter. Er wurde am Freitagabend – auf Weisung der Staatsanwaltschaft Ellwangen – vorläufig festgenommen.
Laut des Bopfinger Bürgermeisters Gunter Bühler soll es bei der Familie wenigstens einen Polizeieinsatz in der Vergangenheit gegeben haben. Diesem Einsatz habe seinerzeit ein Amtsbote des Rathauses beigewohnt – allerdings nur als Zeuge, erklärt ein hörbar angegriffener Bürgermeister im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Näheres zu diesem Einsatz sei der Stadt nicht bekannt. „Das ist wirklich das Schlimmste, was passieren kann. Wenn ein kleines Kind so zu Tode kommt ...“Bekannt ist bislang, dass die Kinder der Familie – es sollen insgesamt vier gewesen sein – in der Vergangenheit eher „unauffällig“gewesen sind. Die Geschwister des Jungen hätten bereits den örtlichen Kindergarten beziehungsweise die Schule besucht.
Beim Jugendamt Schwäbisch Hall, das bei der Familie des getöteten Kindes eine sozialpädagogische Familienhilfe veranlasst hatte, zeigt man sich von dem Vorfall schockiert. Derweil werden in den sozialen Medien Vorwürfe laut, die Behörden hätten in dem Fall versagt.
In den digitalen Netzwerken entlädt sich der Zorn über den mutmaßlichen 32-jährigen Lebensgefährten der Mutter, der das Kind zu Tode misshandelt haben soll und bereits in
U-Haft sitzt. Hier werden auch Fragen laut, warum Polizei und Jugendamt nicht früher eingeschritten sind. Und viele äußern sich mit drastischen Beiträgen.
Bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen will man sich noch nicht konkret zu dem Fall äußern. „Mit Blick auf den Persönlichkeitsschutz des mutmaßlichen Täters und mit Blick auf die laufenden Ermittlungen machen wir derzeit keinerlei Angaben“, erklärt der Pressesprecher der Ellwanger Staatsanwaltschaft.
Auch bei der Polizei gibt man sich zurückhaltend. Hier bestätigt man aber zumindest, dass es einen Polizeieinsatz zum Jahresende 2020 gegeben hat. „Dabei handelte es sich um ein Ermittlungsverfahren der Polizei aus Bayern, das sich allerdings nicht gegen den jetzt tatverdächtigen 32-Jährigen, sondern gegen eine andere, damals dort wohnhafte Person gerichtet hat“, teilt ein Polizeisprecher auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Weiterführende Fragen, etwa worum es bei diesem Einsatz konkret ging, ließ der Polizeisprecher am Dienstag unbeantwortet.
Das Jugendamt Schwäbisch Hall äußert sich ebenfalls nur schriftlich zu dem Vorfall: „In der Familie war auf Veranlassung des Jugendamts Schwäbisch Hall eine Sozialpädagogische Familienhilfe eingesetzt. Mit dieser Aufgabe war ein freier Träger der Jugendhilfe beauftragt“, heißt es in der Mitteilung. Dass die Familie, die in Bopfingen im Ostalbkreis lebt, vom Jugendamt des Landkreises Schwäbisch Hall betreut wurde, sei nach Vorschriften des Sozialgesetzbuches VIII geregelt. Es dürfte mit dem Umzug der Familie zusammenhängen. In der Regel dauert es einige Monate bis ein Betreuungsfall an das neue Jugendamt übergeben wird. Eine kreisübergreifende Betreuung sei grundsätzlich möglich, teilt das Landratsamt in Schwäbisch Hall mit.
Zu schriftlichen Nachfragen zur Anzahl der Kinder, die in der Familie leben und den Konsequenzen aus dem Polizeieinsatz teilte die Behörde mit: „Wir müssen derzeit davon ausgehen, dass ein Bezug zur Familie hergestellt werden kann. Eine Auskunft können wir deshalb grundsätzlich nur mit Einwilligung der Betroffenen geben.“Viele Fragen in dieser schrecklichen Angelegenheit bleiben vorerst offen.