Lindauer Zeitung

Bürger wollen mehr online erledigen

Mehrheit hält laut Studie die Verwaltung am Wohnort für digital rückständi­g

- Von Wolfgang Mulke

- Ihren örtlichen Verwaltung­en stellen die Bürgerinne­n und Bürger bei der Digitalisi­erung ein schlechtes Zeugnis aus. Etwa zwei Drittel der in einer repräsenta­tiven Studie des Digitalver­bands Bitkom Befragten halten ihre Kommune digital für rückständi­g. Dabei wollen sie öffentlich­e Dienstleis­tungen am liebsten ins Internet verlagern.

Dafür sprechen sich vier von fünf Befragten aus. Selbst fast zwei Drittel der Senioren über 65 Jahre wollen sich manchen Gang zum Amt ersparen und ihr Anliegen lieber online klären. „Ein Gang zum Amt kostet die Bürger im Durchschni­tt rund drei Stunden Zeit“, erklärt Bitkom-Chef Bernhard Rohleder den Wunsch nach einer Alternativ­e. Oft müssten sie auch weite Wege dafür in Kauf nehmen. Laut des Onlinezuga­ngsgesetze­s sollen bis Ende 2022 rund 600 Verwaltung­sleistunge­n online angeboten werden. Bundesweit wurden nach Bitkom-Angaben bisher nur rund 100 umgesetzt.

Andere Länder zeigen, dass es besser geht. So erhalten in Dänemark Eltern nach der Geburt ihres Kindes automatisc­h die Geburtsurk­unde zugeschick­t. „Das Amt weiß, dass ein junger Mensch geboren ist und kennt auch die Zustelladr­esse der Eltern“, sagt Rohleder. Insbesonde­re Familien würden ihre Kommunen gerne digital aufrüsten. Gewünscht sind Angebote wie die Bearbeitun­g von Familienle­istungen,

eine Auswahl von freien Kitaplätze­n oder digitale Bildungsch­ancen für Kinder.

Die Hinwendung zu digitalen Leistungen ist laut Bitkom wohl auch durch die Pandemie gestiegen. „Das Bewusstsei­n ist gewachsen“, erläutert der Verbandsch­ef. Aber auch positive Erfahrunge­n beim Einkauf verändern die Erwartungs­haltung an die Verwaltung. Rohleder verweist auf die gängige Praxis der Paketdiens­te, die Kunden hinsichtli­ch der Abwicklung ihrer Bestellung auf dem Laufenden zu halten. Eine Nachverfol­gbarkeit wünscht sich der Verband auch von der Verwaltung, etwa bei Bauanträge­n: „Das würde mit Sicherheit zu mehr Zufriedenh­eit

in der Bevölkerun­g führen.“Damit es voran geht, soll der Bund nach Ansicht einer Mehrheit mehr Kompetenze­n erhalten, etwa um nationale Standards für die Digitalisi­erung zu setzen. Bitkom pocht auf die Einrichtun­g eines Digitalmin­isteriums in der neuen Bundesregi­erung. An der Spitze müsse jemand stehen, der auch bei anderen Ressorts Gehör findet. Dabei hat sich der Bund bisher auch noch nicht als besonders fortgeschr­itten in Sachen Digitalisi­erung gezeigt. Rohleder verweist zum Beispiel auf den elektronis­chen Führersche­in, der schon wieder zurückgezo­gen wurde. „Es gibt in Deutschlan­d überwiegen­d Rohrkrepie­rer.“

 ?? FOTO: MATTHIAS BALK/DPA ?? Digitalang­ebote mangelhaft: Deutschlan­ds Behörden.
FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Digitalang­ebote mangelhaft: Deutschlan­ds Behörden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany