Bürger wollen mehr online erledigen
Mehrheit hält laut Studie die Verwaltung am Wohnort für digital rückständig
- Ihren örtlichen Verwaltungen stellen die Bürgerinnen und Bürger bei der Digitalisierung ein schlechtes Zeugnis aus. Etwa zwei Drittel der in einer repräsentativen Studie des Digitalverbands Bitkom Befragten halten ihre Kommune digital für rückständig. Dabei wollen sie öffentliche Dienstleistungen am liebsten ins Internet verlagern.
Dafür sprechen sich vier von fünf Befragten aus. Selbst fast zwei Drittel der Senioren über 65 Jahre wollen sich manchen Gang zum Amt ersparen und ihr Anliegen lieber online klären. „Ein Gang zum Amt kostet die Bürger im Durchschnitt rund drei Stunden Zeit“, erklärt Bitkom-Chef Bernhard Rohleder den Wunsch nach einer Alternative. Oft müssten sie auch weite Wege dafür in Kauf nehmen. Laut des Onlinezugangsgesetzes sollen bis Ende 2022 rund 600 Verwaltungsleistungen online angeboten werden. Bundesweit wurden nach Bitkom-Angaben bisher nur rund 100 umgesetzt.
Andere Länder zeigen, dass es besser geht. So erhalten in Dänemark Eltern nach der Geburt ihres Kindes automatisch die Geburtsurkunde zugeschickt. „Das Amt weiß, dass ein junger Mensch geboren ist und kennt auch die Zustelladresse der Eltern“, sagt Rohleder. Insbesondere Familien würden ihre Kommunen gerne digital aufrüsten. Gewünscht sind Angebote wie die Bearbeitung von Familienleistungen,
eine Auswahl von freien Kitaplätzen oder digitale Bildungschancen für Kinder.
Die Hinwendung zu digitalen Leistungen ist laut Bitkom wohl auch durch die Pandemie gestiegen. „Das Bewusstsein ist gewachsen“, erläutert der Verbandschef. Aber auch positive Erfahrungen beim Einkauf verändern die Erwartungshaltung an die Verwaltung. Rohleder verweist auf die gängige Praxis der Paketdienste, die Kunden hinsichtlich der Abwicklung ihrer Bestellung auf dem Laufenden zu halten. Eine Nachverfolgbarkeit wünscht sich der Verband auch von der Verwaltung, etwa bei Bauanträgen: „Das würde mit Sicherheit zu mehr Zufriedenheit
in der Bevölkerung führen.“Damit es voran geht, soll der Bund nach Ansicht einer Mehrheit mehr Kompetenzen erhalten, etwa um nationale Standards für die Digitalisierung zu setzen. Bitkom pocht auf die Einrichtung eines Digitalministeriums in der neuen Bundesregierung. An der Spitze müsse jemand stehen, der auch bei anderen Ressorts Gehör findet. Dabei hat sich der Bund bisher auch noch nicht als besonders fortgeschritten in Sachen Digitalisierung gezeigt. Rohleder verweist zum Beispiel auf den elektronischen Führerschein, der schon wieder zurückgezogen wurde. „Es gibt in Deutschland überwiegend Rohrkrepierer.“