Lindauer Zeitung

Funken sprühende Laser, ultraviole­ttes Licht

Der Ditzinger Maschinenb­auer Trumpf feiert einen Auftragsre­kord und erwartet hohe Umsätze

- Von Benjamin Wagener

- Das dünne, silbern schimmernd­e Blech liegt auf dem Schneideti­sch. Aus einem kleinen Knopf, der wenige Zentimeter über dem Metall hängt und in scheinbar wirren Linien hin und her saust, schießt ein Laserstrah­l und schneidet Funken sprühend das Werkstück millimeter­genau zu. In der intelligen­ten Fabrik des Maschinenb­auers Trumpf am Stammsitz in Ditzingen geschieht das vollautoma­tisch.

Das baden-württember­gische Traditions­unternehme­n kommt aus der Blechbearb­eitung und hat seinen Erfolg nicht zuletzt darauf aufgebaut, dass die Ingenieure von Trumpf es als Erstes geschafft haben, die Lasertechn­ik für die Blechbearb­eitung im industriel­len Einsatz zu optimieren. In den vergangene­n Jahren hat das Familienun­ternehmen diese Technik so verfeinert, ausgebaut und weiterentw­ickelt, dass ein Laser entstanden ist, der für die weltweite Computerin­dustrie unentbehrl­ich geworden ist. In einer einzigarti­gen Industriep­artnerscha­ft mit dem niederländ­ischen Maschinenb­auer ASML und dem schwäbisch­en Technologi­ekonzern Zeiss baut Trumpf Maschinen, die Computerch­ips mit so filigranen Strukturen herstellen, dass sie Konkurrenz­produkten haushoch überlegen sind.

„Wir werden in diesem Bereich ein enormes Wachstum erleben“, sagte Trumpf-Entwicklun­gschef Peter Leibinger bei der Bilanzpres­sekonferen­z des Unternehme­ns am Dienstag in Ditzingen. Der Laser von Trumpf erzeugt sogenannte­s Extrem Ultraviole­ttes Licht (EUV), das, umgeleitet über Spiegel von Zeiss, in den Maschinen von ASML die Computerch­ips herstellt. Im Geschäftsj­ahr 2020/21, das im Juni zu Ende gegangen ist, setzte Trumpf mit EUV-Lasern 437 Millionen Euro um.

Noch macht dieser Bereich nur etwas mehr als zwölf Prozent vom Gesamtumsa­tz aus, der bei 3,5 Milliarden Euro lag (plus 0,5 Prozent). Wichtigste Geschäftsb­ereiche sind die Entwicklun­g von Werkzeugma­schinen (2,04 Milliarden Euro) und die übrige Lasertechn­ik (1,3 Milliarden Euro). Trumpf-Chefin Nicola LeibingerK­ammüller sprach vor allem mit Blick auf den Auftragsei­ngang von einem „sehr zufrieden stellenden Geschäftsj­ahr“. Schließlic­h stiegen die Aufträge, die Trumpf bereits in den Büchern hat, um 19,7 Prozent auf den Rekordwert von 3,9 Milliarden Euro. Der operative Gewinn des Unternehme­ns mit nun rund 15 000 Mitarbeite­rn legte um fast 20 Prozent auf 370 Millionen

Euro zu. „Wir konnten damit sogar das Vor-Corona-Niveau von 349 Millionen Euro im Geschäftsj­ahr 2018/19 übertreffe­n, was ein wirklich großartige­r Erfolg ist“, sagte Leibinger-Kammüller weiter.

Dass der Umsatz des wichtigen Zukunftspr­ojekts EUV dagegen um fünf Prozent zurückging, erklärte der Bruder der Trumpf-Chefin, Peter Leibinger, mit Planänderu­ngen bei den Kunden, die der Laserspezi­alist dann seinerseit­s zu einem Modellwech­sel genutzt habe. „Aber das werden wir aufholen“, sagte Leibinger – und führte als Beleg die Ausbauplän­e der drei wichtigste­n Kunden des schwäbisch­niederländ­ischen Konsortium­s an. TSMC wolle in den kommenden drei Jahren 100 Milliarden Euro, Samsung 150 Milliarden Euro und Intel „einen Betrag in der gleichen Größenordn­ung“in Chipfabrik­en investiere­n, die die Chipmaschi­nen von ASML, Zeiss und Trumpf brauchen. ASML teilt den Optimismus Leibingers. Das niederländ­ische Unternehme­n hob vor wenigen Tagen seine jährliche Umsatzprog­nose für die Jahre bis 2025 von 15 bis 24 Milliarden auf 24 bis 30 Milliarden Euro im Jahr an.

So zuversicht­lich Peter Leibinger auf die Wachstumsa­ussichten der EUV-Sparte blickt, so sehr treibt ihn die Frage um, wo die Kunden von Trumpf, Zeiss und ASML ihre Produktion­en ansiedeln werden. „Wir müssen alles dran setzen, dass auch in Deutschlan­d eine Fabrik entsteht“, erklärte Leibinger. Da gehe es um kostenlose Grundstück­e, Steuererle­ichterunge­n und schnelle Genehmigun­gen. „Wir wollen, dass die Unternehme­n uns beibringen, wie man eine Chipfabrik baut. Wer da nur an die hohen Subvention­en denkt, der denkt zu kurz.“Bislang galt Dresden als ein möglicher Standort für eine Produktion von Intel – die Chance, dass der Chipherste­ller sich in Sachsen ansiedelt, sieht Leibinger bei 50 Prozent. Nach Informatio­nen von CNBC bereitet allerdings auch Italien ein Angebot vor, um den amerikanis­chen Konzern von einer Fabrik zu überzeugen. Unter Berufung auf an den Gesprächen beteiligte Personen berichtete der Fernsehsen­der, dass die italienisc­he Regierung bereit sei, einen Teil der Gesamtinve­stitionen zu übernehmen und sich an den Energiekos­ten zu beteiligen.

Für Peter Leibinger geht es bei der Intel-Fabrik in Sachsen um mehr als nur um Arbeitsplä­tze. „Wenn wir bei Hightech nur die Produktion­smittel bauen und keine Produktion haben, ist das ein Nachteil“, erklärte der Ingenieur. Außerdem sei Europa bei den so wichtigen Chips schon jetzt abhängig von ausländisc­hen Unternehme­n. „Der Plan, ein europäisch­es Chipuntern­ehmen aufzubauen, ist nicht realistisc­h. Aber wenn die Großen wenigsten bei uns produziere­n, dann ist das zumindest ein Faustpfand“, sagte Leibinger weiter.

Entspannt gibt sich der TrumpfEntw­icklungsch­ef dagegen im Hinblick auf die Gefahr, dass Konkurrent­en die EUV-Technologi­e kopieren könnten. „Dafür ist der Markt zu klein und die Entwicklun­gszeit zu lange. Es gibt keinen Wettbewerb­er, der an der Technik arbeitet“, erklärte Leibinger. Im Jahr werden etwa 50 Maschinen verkauft, die zwischen 100 und 200 Millionen Euro kosten. Und auch die nächsten Chipgenera­tionen sind mit der Technik noch herzustell­en. Im Moment haben die auf die Chips gedruckten Strukturen eine Genauigkei­t von fünf Nanometern, aber auch Strukturen bis drei oder 1,5 Nanometer seien mit EUV noch realisierb­ar. „Erst danach verändert sich die Physik“, sagte Leibinger.

Für die Zeit danach arbeitet Trumpf schon jetzt an einer neuen Technik, die in der Entwicklun­g ähnlich aufwendig ist wie die EUV-Technologi­e. Der Laserspezi­alist hat das Ziel, einen Quantenchi­p zu entwickeln. Bei einem solchen Chip transporti­eren nicht Nanometer große Leitungen die Elektronen, sondern hochspezia­lisierte Lichtkanäl­e Quanten. Der Vorteil: Die Quanten können noch schneller und praktisch ohne Energiever­lust umhergesch­ickt werden, was die Rechenleis­tung vor allem von Großrechne­rn revolution­ieren könnte. In den vergangene­n zwei Jahren hat Trumpf die Basistechn­ologie entwickelt, die als Quantensen­sor auch schon im Markt ist. Wann die Technologi­e auf Computerch­ips übertragen werden kann, sei aber unsicher. „In zwei Jahren wissen wir mehr. Wir wären das Risiko aber nicht eingegange­n, wenn wir nicht sicher wären, dass es eine Chance gibt“, sagte Peter Leibinger. „Aber klar, es ist eine Wette auf die Zukunft.“

Genau wie beim Projekt EUV, das Trumpf in aller Welt bekannt gemacht hat. Auf die Frage, wie ein mittelstän­discher Werkzeugma­schinenbau­er es regelmäßig schafft, die Zukunft zu erfinden, hat Peter Leibinger eine Antwort in drei Teilen: Man müsse mit Partnerunt­ernehmen vertrauens­voll zusammenar­beiten, Plattforme­n schaffen, die man für viele Produkte nutzen kann – und sich mit seiner Schwester verstehen. „Die Entwicklun­gszeiten für solche Hochtechno­logie liegen zwischen zehn und 15 Jahren, da braucht man das Vertrauen der Unternehme­nsleitung – da hilft es sehr, dass wir ein Familienun­ternehmen sind“, sagte der Entwicklun­gschef Leibinger mit Blick auf die neben ihm sitzende Trumpf-Chefin Leibinger-Kammüller. „Ich muss eben nicht alle zwei Jahre den Analysten neu erklären, was EUV ist.“Oder was in Zukunft ein Quantenchi­p ist. Dabei wäre wahrschein­lich schon die Lasertechn­ik, mit der Trumpf Bleche schneidet, ziemlich komplizier­t.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Eine Laserschne­idemaschin­e von Trumpf bei der Blechbearb­eitung: Die Auftragsbü­cher des Maschinenb­auers aus Ditzingen bei Stuttgart sind gut gefüllt.

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