Funken sprühende Laser, ultraviolettes Licht
Der Ditzinger Maschinenbauer Trumpf feiert einen Auftragsrekord und erwartet hohe Umsätze
- Das dünne, silbern schimmernde Blech liegt auf dem Schneidetisch. Aus einem kleinen Knopf, der wenige Zentimeter über dem Metall hängt und in scheinbar wirren Linien hin und her saust, schießt ein Laserstrahl und schneidet Funken sprühend das Werkstück millimetergenau zu. In der intelligenten Fabrik des Maschinenbauers Trumpf am Stammsitz in Ditzingen geschieht das vollautomatisch.
Das baden-württembergische Traditionsunternehmen kommt aus der Blechbearbeitung und hat seinen Erfolg nicht zuletzt darauf aufgebaut, dass die Ingenieure von Trumpf es als Erstes geschafft haben, die Lasertechnik für die Blechbearbeitung im industriellen Einsatz zu optimieren. In den vergangenen Jahren hat das Familienunternehmen diese Technik so verfeinert, ausgebaut und weiterentwickelt, dass ein Laser entstanden ist, der für die weltweite Computerindustrie unentbehrlich geworden ist. In einer einzigartigen Industriepartnerschaft mit dem niederländischen Maschinenbauer ASML und dem schwäbischen Technologiekonzern Zeiss baut Trumpf Maschinen, die Computerchips mit so filigranen Strukturen herstellen, dass sie Konkurrenzprodukten haushoch überlegen sind.
„Wir werden in diesem Bereich ein enormes Wachstum erleben“, sagte Trumpf-Entwicklungschef Peter Leibinger bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens am Dienstag in Ditzingen. Der Laser von Trumpf erzeugt sogenanntes Extrem Ultraviolettes Licht (EUV), das, umgeleitet über Spiegel von Zeiss, in den Maschinen von ASML die Computerchips herstellt. Im Geschäftsjahr 2020/21, das im Juni zu Ende gegangen ist, setzte Trumpf mit EUV-Lasern 437 Millionen Euro um.
Noch macht dieser Bereich nur etwas mehr als zwölf Prozent vom Gesamtumsatz aus, der bei 3,5 Milliarden Euro lag (plus 0,5 Prozent). Wichtigste Geschäftsbereiche sind die Entwicklung von Werkzeugmaschinen (2,04 Milliarden Euro) und die übrige Lasertechnik (1,3 Milliarden Euro). Trumpf-Chefin Nicola LeibingerKammüller sprach vor allem mit Blick auf den Auftragseingang von einem „sehr zufrieden stellenden Geschäftsjahr“. Schließlich stiegen die Aufträge, die Trumpf bereits in den Büchern hat, um 19,7 Prozent auf den Rekordwert von 3,9 Milliarden Euro. Der operative Gewinn des Unternehmens mit nun rund 15 000 Mitarbeitern legte um fast 20 Prozent auf 370 Millionen
Euro zu. „Wir konnten damit sogar das Vor-Corona-Niveau von 349 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2018/19 übertreffen, was ein wirklich großartiger Erfolg ist“, sagte Leibinger-Kammüller weiter.
Dass der Umsatz des wichtigen Zukunftsprojekts EUV dagegen um fünf Prozent zurückging, erklärte der Bruder der Trumpf-Chefin, Peter Leibinger, mit Planänderungen bei den Kunden, die der Laserspezialist dann seinerseits zu einem Modellwechsel genutzt habe. „Aber das werden wir aufholen“, sagte Leibinger – und führte als Beleg die Ausbaupläne der drei wichtigsten Kunden des schwäbischniederländischen Konsortiums an. TSMC wolle in den kommenden drei Jahren 100 Milliarden Euro, Samsung 150 Milliarden Euro und Intel „einen Betrag in der gleichen Größenordnung“in Chipfabriken investieren, die die Chipmaschinen von ASML, Zeiss und Trumpf brauchen. ASML teilt den Optimismus Leibingers. Das niederländische Unternehmen hob vor wenigen Tagen seine jährliche Umsatzprognose für die Jahre bis 2025 von 15 bis 24 Milliarden auf 24 bis 30 Milliarden Euro im Jahr an.
So zuversichtlich Peter Leibinger auf die Wachstumsaussichten der EUV-Sparte blickt, so sehr treibt ihn die Frage um, wo die Kunden von Trumpf, Zeiss und ASML ihre Produktionen ansiedeln werden. „Wir müssen alles dran setzen, dass auch in Deutschland eine Fabrik entsteht“, erklärte Leibinger. Da gehe es um kostenlose Grundstücke, Steuererleichterungen und schnelle Genehmigungen. „Wir wollen, dass die Unternehmen uns beibringen, wie man eine Chipfabrik baut. Wer da nur an die hohen Subventionen denkt, der denkt zu kurz.“Bislang galt Dresden als ein möglicher Standort für eine Produktion von Intel – die Chance, dass der Chiphersteller sich in Sachsen ansiedelt, sieht Leibinger bei 50 Prozent. Nach Informationen von CNBC bereitet allerdings auch Italien ein Angebot vor, um den amerikanischen Konzern von einer Fabrik zu überzeugen. Unter Berufung auf an den Gesprächen beteiligte Personen berichtete der Fernsehsender, dass die italienische Regierung bereit sei, einen Teil der Gesamtinvestitionen zu übernehmen und sich an den Energiekosten zu beteiligen.
Für Peter Leibinger geht es bei der Intel-Fabrik in Sachsen um mehr als nur um Arbeitsplätze. „Wenn wir bei Hightech nur die Produktionsmittel bauen und keine Produktion haben, ist das ein Nachteil“, erklärte der Ingenieur. Außerdem sei Europa bei den so wichtigen Chips schon jetzt abhängig von ausländischen Unternehmen. „Der Plan, ein europäisches Chipunternehmen aufzubauen, ist nicht realistisch. Aber wenn die Großen wenigsten bei uns produzieren, dann ist das zumindest ein Faustpfand“, sagte Leibinger weiter.
Entspannt gibt sich der TrumpfEntwicklungschef dagegen im Hinblick auf die Gefahr, dass Konkurrenten die EUV-Technologie kopieren könnten. „Dafür ist der Markt zu klein und die Entwicklungszeit zu lange. Es gibt keinen Wettbewerber, der an der Technik arbeitet“, erklärte Leibinger. Im Jahr werden etwa 50 Maschinen verkauft, die zwischen 100 und 200 Millionen Euro kosten. Und auch die nächsten Chipgenerationen sind mit der Technik noch herzustellen. Im Moment haben die auf die Chips gedruckten Strukturen eine Genauigkeit von fünf Nanometern, aber auch Strukturen bis drei oder 1,5 Nanometer seien mit EUV noch realisierbar. „Erst danach verändert sich die Physik“, sagte Leibinger.
Für die Zeit danach arbeitet Trumpf schon jetzt an einer neuen Technik, die in der Entwicklung ähnlich aufwendig ist wie die EUV-Technologie. Der Laserspezialist hat das Ziel, einen Quantenchip zu entwickeln. Bei einem solchen Chip transportieren nicht Nanometer große Leitungen die Elektronen, sondern hochspezialisierte Lichtkanäle Quanten. Der Vorteil: Die Quanten können noch schneller und praktisch ohne Energieverlust umhergeschickt werden, was die Rechenleistung vor allem von Großrechnern revolutionieren könnte. In den vergangenen zwei Jahren hat Trumpf die Basistechnologie entwickelt, die als Quantensensor auch schon im Markt ist. Wann die Technologie auf Computerchips übertragen werden kann, sei aber unsicher. „In zwei Jahren wissen wir mehr. Wir wären das Risiko aber nicht eingegangen, wenn wir nicht sicher wären, dass es eine Chance gibt“, sagte Peter Leibinger. „Aber klar, es ist eine Wette auf die Zukunft.“
Genau wie beim Projekt EUV, das Trumpf in aller Welt bekannt gemacht hat. Auf die Frage, wie ein mittelständischer Werkzeugmaschinenbauer es regelmäßig schafft, die Zukunft zu erfinden, hat Peter Leibinger eine Antwort in drei Teilen: Man müsse mit Partnerunternehmen vertrauensvoll zusammenarbeiten, Plattformen schaffen, die man für viele Produkte nutzen kann – und sich mit seiner Schwester verstehen. „Die Entwicklungszeiten für solche Hochtechnologie liegen zwischen zehn und 15 Jahren, da braucht man das Vertrauen der Unternehmensleitung – da hilft es sehr, dass wir ein Familienunternehmen sind“, sagte der Entwicklungschef Leibinger mit Blick auf die neben ihm sitzende Trumpf-Chefin Leibinger-Kammüller. „Ich muss eben nicht alle zwei Jahre den Analysten neu erklären, was EUV ist.“Oder was in Zukunft ein Quantenchip ist. Dabei wäre wahrscheinlich schon die Lasertechnik, mit der Trumpf Bleche schneidet, ziemlich kompliziert.