Neues vom Biber
Die 43. Biberacher Filmfestspiele warten nicht nur mit einer neuen Intendantin auf, sondern setzen auch andere Schwerpunkte
Von Gerd Mägerle
- „Klappe, die Erste!“, heißt es vom 2. bis 7. November für Nathalie Arnegger, die neue Intendantin der Biberacher Filmfestspiele. Knapp 70 Filme in sieben Kategorien hat sie für die sechs Festivaltage aus rund 300 Einreichungen ausgesucht. Das sind die Schwerpunkte.
Die Biberacher Filmfestspiele erleben zwar bereits ihre 43. Auflage, und doch ist der Jahrgang 2021 ein Neustart, ist es doch das erste Festival nach der Ära des Filmfestgründers Adrian Kutter und seiner Ehefrau Helga Reichert. Im Frühjahr hat die gebürtige Ravensburgerin Nathalie Arnegger die künstlerische Leitung des als „Familienfest des deutschen Films“bezeichneten Festivals übernommen.
Sie tut dies mit einem hohen Anspruch und vielen neuen Gesichtern, wie sich bei der Programm-Pressekonferenz zeigte. Zwar bleibt die Grundstruktur des Festivals gleich, vom Kutter’schen Stammpersonal allerdings ist, was Regisseure, Produzenten und Jurymitglieder angeht, im neuen Programmheft nicht mehr viel zu finden. Allenfalls Marianne Sägebrecht, die bei der Abschlussgala am 7. November den Ehrenpreis der Biberacher Filmfestspiele erhalten wird, ist eine Reminiszenz an die Festivalvergangenheit.
Ansonsten hat Nathalie Arnegger zusammen mit Regisseurin Anke Rauthmann, die als Kuratorin fungiert, ihre Kontakte in die Branche spielen lassen. Herausgekommen ist dabei ein Programm, das ambitioniert und anspruchsvoll ist. Hatten Adrian Kutter und Helga Reichert während ihrer Intendanz immer auch die eine oder andere TV-Komödie eingestreut, sucht man danach heuer vergebens. „Wir haben die Sparte Fernsehproduktionen bewusst klein gehalten zugunsten der Spiel- und Dokumentarfilme“, sagt Arnegger, „deren Macherinnen und Macher haben in der Pandemie am meisten gelitten.“
So gehen sieben Spielfilme ins Rennen um den Hauptpreis des Festivals, den Goldenen Biber. Sechs Debütspielfilme sind zu sehen und gleich elf mittellange Spielfilme sowie vier Blöcke an Kurzfilmen. Insgesamt zehn Weltpremieren hält das Programm bereit.
Los geht es am 2. November in der Biberacher Stadthalle mit dem Eröffnungsfilm „Me, We“aus Österreich, der in vier ineinander verwobenen Geschichten die Themen Flucht und Migration mal tragisch, mal komisch aufgreift. Ein Themenkomplex, der auch in weiteren Wettbewerbsfilmen auftaucht.
Der österreichische Film ist noch mit zwei weiteren Produktionen vertreten, die sicher reichlich Zuschauer ins Festivalkino Traumpalast locken werden: zum einen der ORFLandkrimi „Vier“, der in Biberach seine Uraufführung erlebt, zum anderen ein Biopic über die Wiener Schriftstellerin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel („Sargnagel – der
Film“). Sie kommt am 5. November selbst nach Biberach und hält nach der Filmvorführung noch eine Lesung in der Kulturhalle Abdera.
Suche man nach einem übergreifenden Motiv für die diesjährigen Filmfestspiele, so sei es ein Festival „mit einem weiblichen Blick“, sagt die Intendantin. Viele Filme haben Aspekte des „Female Empowerment“zum Thema, also die Stärkung von Selbstbestimmung, Eigenmacht und Unabhängigkeit der Frau. Unter anderem erhält auch die Biberacher Gruppe von „One Billion Rising“, die sich gegen Gewalt an Frauen richtet, die Möglichkeit, sich mit einem Kurzfilm vorzustellen.
Ein immer wiederkehrendes Motiv in verschiedenen Filmen des Festivals sind schwierige Familienverhältnisse, in denen die Protagonisten aufwachsen oder in die sie hineingeraten. Aber auch das Thema Nachhaltigkeit und der Umgang mit unserer Umwelt werfen zwei Filme auf („A portrait on the search for happiness“, „Der geraubte Wald“).
Für Musikfreunde empfiehlt sich die Dokumentation „Cicero“, die Leben und Wirken der Ausnahmemusiker Eugen und Roger Cicero, Vater und Sohn, thematisiert.
An Kinder und Eltern richtet sich eine Veranstaltung am 7. November, wenn die „Schule des Sehens“des Dok.Festivals München nach Biberach kommt. Unter der Moderation von Maya Reichert erfahren kleine und große Zuschauer am Beispiel des Films „Dancing Abdullah“, wie ein Dokumentarfilm entsteht.
Passend zum Neustart bei der Intendanz sind auch die Biber, die Biberacher Filmpreise, die die sieben Jurys vergeben, von Bildhauer Frieder Kobler neu gestaltet worden.
Wichtig zu wissen: Auch dieses Jahr dürfen die Kinosäle im Traumpalast pandemiebedingt nur zu 50 Prozent ausgelastet werden. Es stehen für alle Vorstellungen statt der üblichen 11 000 deshalb nur 5500 Tickets zur Verfügung.
Begleitend zum Festival gibt es unter dem Titel „BFFS plus!“ein Online-on-Demand-Angebot, das neun Filme umfasst (fünf Kurzfilme, zwei Debütspielfilme, ein Spielfilm sowie ein mittellanger Spielfilm). Diese sind allerdings nicht Bestandteil der Filmfestspiele im Kino. Gegen einen kleinen Geldbetrag kann man sich so ein bisschen Filmfest-Feeling nach Hause holen. 30 Prozent des Erlöses gehen an die Filmschaffenden.
Das ausführliche Programm der 43. Biberacher Filmfestspiele gibt es unter www.filmfest-biberach.de. Der Vorverkauf beginnt am 30. Oktober ab 9 Uhr im Kino Traumpalast. Ab dieser Uhrzeit sind auch telefonische Ticketkäufe mit Kreditkarte über die Festival-TicketHotline 03871/2114059 möglich. Ab 11 Uhr können Tickets online unter https://biberach.traumpalast.de/filmfestspiele-2021 gebucht werden.