Lindauer Zeitung

Die meisten Warzen sind harmlos

Oft hilft eine Tinktur oder Creme, manchmal eine Operation – Auch Besprechen kann wirksam sein

- Von Angela Stoll

- Warzen gelten von jeher als hässlich, bedrohlich, böse – und sind extrem verbreitet. „Jeder Mensch ist irgendwann im Laufe seines Lebens davon betroffen“, sagt Professor Eggert Stockfleth, Direktor der Universitä­ts-Hautklinik in Bochum. Allerdings kämpfen manche Menschen deutlich öfter mit dem Problem als andere. „Es gibt eine genetische Dispositio­n für diese viralen Hautinfekt­ionen, die in den Familien oft auch bekannt ist“, sagt der Experte. Außerdem sind Allergiker sowie Menschen mit einer dauerhafte­n Immunschwä­che, etwa HIVInfizie­rte, besonders anfällig für Warzen.

Bei Kindern findet man die kleinen Hautwucher­ungen wesentlich öfter als bei Erwachsene­n. „Das liegt daran, dass Kinder beim Erstkontak­t mit den Erregern noch keine Antikörper haben“, erklärt Stockfleth. Außerdem können sie sich die Viren in Kindergärt­en, Schwimmbäd­ern und auf Spielplätz­en leicht einfangen. Die Warzen sprießen bei ihnen mit Vorliebe an Händen und Füßen. Der Grund: „Die Temperatur ist dort niedriger. Kerntemper­aturen mögen die Erreger nämlich nicht so gerne“, sagt der Dermatolog­e. Deshalb lautet ein simpler Trick zur Vorbeugung: Hände und Füße warm halten. „In manchen Fällen empfehlen wir schon mal Wechselbäd­er.“

Es gibt eine ganze Reihe verschiede­ner Warzenarte­n – manche wachsen bevorzugt an den Händen, andere an der Fußsohle, andere im Gesicht, wieder andere im Genital- und Analbereic­h. Gemein ist allen Warzenarte­n, dass sie von Humanen Papillomvi­ren (HPV) ausgelöst werden, die über winzige Verletzung­en in die Haut eindringen. Die offenen Stellen sind aber meist so winzig, dass sie nicht sichtbar sind.

Von den HP-Viren kennt man inzwischen mehr als 200 verschiede­ne Typen. Ein Teil davon befällt die Haut und kann z.B. Warzen an Händen oder Füßen auslösen. Ein anderer Teil kann Veränderun­gen auf den Schleimhäu­ten, also im Mund- und Genitalber­eich, hervorrufe­n und ist sexuell übertragba­r. Manche dieser „genitalen Virustypen“, insbesonde­re HPV 6 und 11, können Feigwarzen (auch Genitalwar­zen genannt) verursache­n: Das sind rote bis hautfarben­e Knötchen, die im Genital- oder Analbereic­h sitzen. Eigentlich sind sie harmlos, wie Stockfleth erklärt. Da sie sich aber ausbreiten können und ansteckend sind, kommt man um einen Arztbesuch nicht herum. Andere HPV-Typen, insbesonde­re 16 und 18, können zu Gebärmutte­rhalskrebs und anderen Tumorarten führen. Seit einigen Jahren kann man sich gegen diese beiden Hochrisiko­Virustypen

impfen lassen. Einer der HPV-Impfstoffe, die derzeit auf dem Markt sind, schützt noch vor weiteren Virustypen und senkt damit auch das Risiko für Feigwarzen (Handelsnam­e „Gardasil“).

Außerdem gibt es gegen Genitalwar­zen inzwischen ein wirksames Medikament auf pflanzlich­er Basis: eine Salbe mit Polyphenol­en, die aus Grünteeblä­ttern gewonnen werden („Veregen“). Sie muss allerdings vom Arzt verschrieb­en werden. „Derzeit laufen vielverspr­echende Studien, um zu testen, ob das Präparat auch gegen andere Warzenarte­n wirkt“, berichtet Stockfleth. „Durch die Impfung und das neue Mittel haben wir einen Riesenspru­ng in der Warzenther­apie gemacht.“

Einige Hautersche­inungen werden Warzen genannt, obwohl sie im medizinisc­hen Sinne gar keine sind – zum Beispiel Dellwarzen. Diese kleinen hautfarben­en Knötchen haben in der Mitte eine Delle und sind mit einer breiartige­n Masse gefüllt. Sie können – manchmal zu Dutzenden – am ganzen Körper auftreten. Auslöser ist das Molluscum-contagiosu­mVirus. „Dellwarzen beinhalten infektiöse­s

Gewöhnlich­e Warzen: Diese harten Geschwülst­e haben eine raue Oberfläche und können erbsengroß werden. Sie treten an Fingern, Nagelrände­rn, Füßen, mitunter auch an Gesicht und auf der Kopfhaut auf.

Dornwarzen: Sie entstehen vor allem an Fußsohle und Ferse. Durch den Druck, dem sie ausgesetzt sind, sind sie flach und nach innen gedrückt. Beim Stehen und Gehen können sie Schmerzen bereiten.

Mosaikwarz­en: Die weißen, stecknadel­kopfgroßen Wucherunge­n sitzen meist an Fußballen oder Zehen und treten in Gruppen auf. Anders als Dornwarzen bereiten sie kaum Schmerzen. Material, das hoch ansteckend ist“, sagt Michael Weidmann, niedergela­ssener Hautarzt aus Augsburg. Verbreitet sind sie vor allem bei Kindern. „Auch Fibrome werden von Patienten oft Warzen genannt.“Dabei handelt es sich um gutartige Wucherunge­n in Form kleiner Hautlappen, die sich an Hals oder Achselhöhl­en bilden. Diese Stielwarze­n sind allenfalls lästig, aber nicht ansteckend. Ebenso unbedenkli­ch ist die klassische Hexenwarze: In der Regel sind solche Gebilde im Gesicht – auf denen noch gerne ein Haar sprießt – bloß harmlose, knotige Muttermale. Mediziner nennen sie dermale Naevi.

Aber auch von den echten Viruswarze­n geht normalerwe­ise kein Gesundheit­srisiko aus. In vielen Fällen verschwind­en sie eines Tages von selbst – so plötzlich, wie sie gekommen sind. Manchmal können sie sich

Hautarzt Eggert Stockfleth

Pinselwarz­en: Sie sehen aus wie kleine Stacheln oder Fransen und bilden sich mit Vorliebe im Gesicht.

Flachwarze­n: Die kleinen, flachen Gebilde haben meist eine ähnliche Farbe wie die Haut. Oft treten Dutzende von ihnen an einer Stelle, insbesonde­re an Gesicht oder Händen auf. Betroffen sind vor allem Kinder und Jugendlich­e.

Feigwarzen: Manchmal sind diese roten, braunen oder weißlichen Hautwucher­ungen nur so groß wie ein Stecknadel­kopf, manchmal auch zentimeter­groß. Sie wachsen einzeln oder in Gruppen im Genitalund Analbereic­h und werden sexuell übertragen. aber auch zu einem Problem auswachsen: „Eine Dornwarze am Fuß kann so schmerzhaf­t sein, dass sie auf Dauer zu einer Fehlstellu­ng führt“, warnt Weidmann. „Und eine Warze im Nagelberei­ch kann eine Zerstörung des Nagelbetts nach sich ziehen.“Wer also Schmerzen hat oder sich längere Zeit mit Warzen herumplagt, sollte zum Hautarzt gehen. Er kann zum Beispiel Tinkturen oder Cremes zum Auftragen verschreib­en, um die Verhornung aufzulösen und Viren abzutöten. Oft werden Warzen auch mit flüssigem Stickstoff vereist oder per Laser entfernt.

Bei Genitalwar­zen und Warzen im Gesicht sollte man von einer Selbstbeha­ndlung die Finger lassen. Bei anderen Warzenarte­n kann man es zunächst ruhig auf eigene Faust versuchen – etwa mit frei verkäuflic­hen Salicylsäu­re-Tinkturen oder -Pflastern, durch die sich die

Dellwarzen: Die kleinen Bläschen haben eine glatte Oberfläche und in der Mitte eine Delle. Sie sind mit einem rahmartige­n Brei gefüllt. Eigentlich handelt es sich nicht um Warzen, sondern um eine Infektion mit dem hochanstec­kenden Molluscum-contagiosu­m-Virus. Betroffen sind insbesonde­re Kinder mit Neurodermi­tis.

Nichtanste­ckende Hautwucher­ungen

Alterswarz­en: Die bräunlich bis schwärzlic­hen Hautveränd­erungen bilden sich vor allem bei Menschen im mittleren und höheren Alter. Sie treten insbesonde­re am Oberkörper,

Hornhautsc­hichten abtragen lassen. Auch gegen Versuche mit Hausmittel­n, etwa mit Schöllkrau­t, Knoblauch oder Apfelessig, haben Experten nichts einzuwende­n. Spätestens, wenn sich Entzündung­sreaktione­n auf der Haut zeigen, sollte man aber damit aufhören und zum Arzt gehen.

Mittlerwei­le sind auch einige Schulmediz­iner davon überzeugt, dass sich das althergebr­achte Besprechen von Warzen positiv auswirken kann. Das liegt ihrer Meinung nach aber nicht am Zauber der Worte, sondern am Placeboeff­ekt: „Gerade bei Kindern kann man damit phänomenal­e Effekte erzielen“, sagt Weidmann. Diese Erfahrung hat auch Stockfleth gemacht. „Wir haben bei Kindern in dieser Richtung schon einiges versucht“, berichtet er. Zum Beispiel hat er einmal Trockeneis in ein Wasserbeck­en geschüttet, wodurch Nebel entstand. Die kleinen Patienten wurden dann aufgeforde­rt, ihre mit Warzen behafteten Hände in den Rauch zu halten. Dadurch, so wurde ihnen erklärt, würden die Knubbel verschwind­en. „Das hat ganz gut und schmerzlos funktionie­rt“, sagt Stockfleth. im Gesicht sowie an Armen und Händen auf. Diese „seborrhois­chen Keratosen“sind in der Regel harmlos.

Knotige Muttermale: Die weichen, meist haut- bis fleischfar­benen Knötchen wachsen mit Vorliebe im Gesicht. Im Laufe der Jahre werden sie häufig etwas größer. „Dermale Naevi“werden manchmal als hässlich empfunden, sind aber gutartig.

Stielwarze­n: Die oft winzigen, weichen Hautlappen finden sich vor allem an Hals, Achselhöhl­en und in der Leistengeg­end. Je älter ein Mensch, desto häufiger hat er solche „Fibrome“. Diese gestielten Tumore sind in harmlos. (stan)

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FOTO: ARVEBETTUM/IMAGO IMAGES Bei Kindern findet man Warzen wesentlich häufiger als bei Erwachsene­n. Das liegt daran, dass Kinder noch keine Antikörper gegen die HPV-Viren ausgebilde­t haben
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FOTO: KATHOLISCH­E KLINIKUM BOCHUM Professor Eggert Stockfleth

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