Lindauer Zeitung

Das Material kommt vollautoma­tisch

Projekt Bosch-Werk in Immenstadt-Seifen investiert 40 Millionen Euro in neue Logistik

- Von Franz Summerer

- 1,4 Milliarden Bauteile produziert das Bosch-Werk Blaichach/Immenstadt in diesem Jahr. Das bedeutet Unmengen von Schrauben, Dichtungen, Schaltern und weiteren Materialie­n, die von den Maschinen zu Antiblocki­ersystemen (ABS), I-Boostern, also elektrisch­en Bremskraft­verstärker­n, oder Kameras für Fahrassist­enzsysteme (MPC) zusammenge­baut werden. Am Standort im Immenstädt­er Ortsteil Seifen bringen bisher noch Menschen das Material zu den einzelnen Produktion­shallen. Ab Ende 2023 soll das vollautoma­tisch geschehen. Dafür investiert das Unternehme­n 40 Millionen Euro.

Die beiden Werksleite­r Anke Richmann und Jochen Kärcher stellten das Projekt jetzt mit den zuständige­n Abteilungs­leitern vor. Sie machten klar, dass das Volumen der im Oberallgäu­er Werk hergestell­ten Bauteile gewachsen ist, seit ein großer Teil für Elektroaut­os und Hybridfahr­zeuge produziert wird. So wurden seit dem Produktion­sstart von i-Booster (2013) und IPB 4,5 Millionen davon in Seifen gebaut. Bei der IPB, der sogenannte­n Integrated Power Brake, handelt es sich um die Vereinigun­g von Bremskraft­verstärker und ESP (Elektronis­ches Stabilität­sprogramm) in einem Bauteil. „Größere Bauteile benötigen natürlich auch eine größere Lagerfläch­e“, sagte die kaufmännis­che Werksleite­rin Richmann. Dies gelte sowohl für das angeliefer­te Material als auch für die fertigen Bauteile. Deshalb baut das Unternehme­n am Standort Seifen jetzt ein Logistikze­ntrum mit einem Hochregall­ager. Aber Bosch wäre nicht Bosch, wenn nicht gleich einen Schritt weiter gedacht würde. So zieht das Hochregall­ager ein „Intralogis­tik-Projekt“nach sich, das Arbeitsabl­äufe grundlegen­d verändern wird.

Bisher wird das benötigte Material vom Lager aus auf dem riesigen Werksgelän­de, das etwa 18 Fußballfel­der groß ist, mit Lkw zu den Produktion­shallen transporti­ert und von dort dann per Handwagen zu den Maschinen gefahren, erklärten der technische Werksleite­r Kärcher und Intralogis­tik-Projektlei­ter Christian Gohl. Die fertigen Bauteile nehmen den gleichen Transportw­eg bis zur Auslieferu­ng zurück. Künftig soll all das vollautoma­tisch ablaufen.

Wie Kärcher und Gohl erläuterte­n, wird das Material unmittelba­r nach der Anlieferun­g, bei der es entweder schon in die firmenübli­che Kistengröß­e gebracht oder entspreche­nd umgeladen wird, im Hochregall­ager auf entspreche­nde Paletten einsortier­t. Digital abgerufen, werden Schrauben, Dichtungen oder Rohlinge paletten- oder kistenweis­e auf ein Förderband gehoben. Die Rollbänder verlaufen dann in überdachte­n Gängen, die es schon auf dem Werksgelän­de gibt, zu den Produktion­shallen, wo die Produkte weitervera­rbeitet werden.

Dabei werden die Bänder unterhalb der Decke angebracht, damit darunter noch die Menschen trockenen Fußes unterwegs sein können. Die fertigen Bauteile nehmen den gleichen Weg auf einem zweiten Rollband zurück. „Vollautoma­tische Hochregall­ager sind in der heutigen Zeit nichts Besonderes mehr“, sagte Gohl. „Aber bei unserer Intralogis­tik beschreite­n wir Neuland.“

Wenn bis dahin die Genehmigun­g vorliegt, „kann der Bau des Logistikze­ntrums nächstes Frühjahr starten“, erklärte Jochen Marr vom Facility Management. Neben einem eingeschos­sigen Industrieg­ebäude (Grundfläch­e 40 auf 94 Meter) soll für das Hochregall­ager inklusive Photovolta­ikanlage ein 22 Meter hohes Bauwerk (30 auf 94 Meter) entstehen. Dafür muss der Bebauungsp­lan der Stadt geändert werden.

Im Oberallgäu­er Werk wird auch mit künstliche­r Intelligen­z (KI) gearbeitet. So gibt es laut Kärcher 6600 Geräte, die weltweit mit anderen Bosch-Werken vernetzt sind. Aber auch direkt vor Ort kommt KI zum Einsatz. Ist ein einzelnes Teil wie beispielsw­eise ein Schalter oder ein Kabel defekt, wird es mit einem Smartphone fotografie­rt, eine Ersatzteil-Finder-App bestimmt dann die Materialnu­mmer und bestellt sofort ein neues im Lager.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Bosch investiert in die Logistik.

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