Das Material kommt vollautomatisch
Projekt Bosch-Werk in Immenstadt-Seifen investiert 40 Millionen Euro in neue Logistik
- 1,4 Milliarden Bauteile produziert das Bosch-Werk Blaichach/Immenstadt in diesem Jahr. Das bedeutet Unmengen von Schrauben, Dichtungen, Schaltern und weiteren Materialien, die von den Maschinen zu Antiblockiersystemen (ABS), I-Boostern, also elektrischen Bremskraftverstärkern, oder Kameras für Fahrassistenzsysteme (MPC) zusammengebaut werden. Am Standort im Immenstädter Ortsteil Seifen bringen bisher noch Menschen das Material zu den einzelnen Produktionshallen. Ab Ende 2023 soll das vollautomatisch geschehen. Dafür investiert das Unternehmen 40 Millionen Euro.
Die beiden Werksleiter Anke Richmann und Jochen Kärcher stellten das Projekt jetzt mit den zuständigen Abteilungsleitern vor. Sie machten klar, dass das Volumen der im Oberallgäuer Werk hergestellten Bauteile gewachsen ist, seit ein großer Teil für Elektroautos und Hybridfahrzeuge produziert wird. So wurden seit dem Produktionsstart von i-Booster (2013) und IPB 4,5 Millionen davon in Seifen gebaut. Bei der IPB, der sogenannten Integrated Power Brake, handelt es sich um die Vereinigung von Bremskraftverstärker und ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) in einem Bauteil. „Größere Bauteile benötigen natürlich auch eine größere Lagerfläche“, sagte die kaufmännische Werksleiterin Richmann. Dies gelte sowohl für das angelieferte Material als auch für die fertigen Bauteile. Deshalb baut das Unternehmen am Standort Seifen jetzt ein Logistikzentrum mit einem Hochregallager. Aber Bosch wäre nicht Bosch, wenn nicht gleich einen Schritt weiter gedacht würde. So zieht das Hochregallager ein „Intralogistik-Projekt“nach sich, das Arbeitsabläufe grundlegend verändern wird.
Bisher wird das benötigte Material vom Lager aus auf dem riesigen Werksgelände, das etwa 18 Fußballfelder groß ist, mit Lkw zu den Produktionshallen transportiert und von dort dann per Handwagen zu den Maschinen gefahren, erklärten der technische Werksleiter Kärcher und Intralogistik-Projektleiter Christian Gohl. Die fertigen Bauteile nehmen den gleichen Transportweg bis zur Auslieferung zurück. Künftig soll all das vollautomatisch ablaufen.
Wie Kärcher und Gohl erläuterten, wird das Material unmittelbar nach der Anlieferung, bei der es entweder schon in die firmenübliche Kistengröße gebracht oder entsprechend umgeladen wird, im Hochregallager auf entsprechende Paletten einsortiert. Digital abgerufen, werden Schrauben, Dichtungen oder Rohlinge paletten- oder kistenweise auf ein Förderband gehoben. Die Rollbänder verlaufen dann in überdachten Gängen, die es schon auf dem Werksgelände gibt, zu den Produktionshallen, wo die Produkte weiterverarbeitet werden.
Dabei werden die Bänder unterhalb der Decke angebracht, damit darunter noch die Menschen trockenen Fußes unterwegs sein können. Die fertigen Bauteile nehmen den gleichen Weg auf einem zweiten Rollband zurück. „Vollautomatische Hochregallager sind in der heutigen Zeit nichts Besonderes mehr“, sagte Gohl. „Aber bei unserer Intralogistik beschreiten wir Neuland.“
Wenn bis dahin die Genehmigung vorliegt, „kann der Bau des Logistikzentrums nächstes Frühjahr starten“, erklärte Jochen Marr vom Facility Management. Neben einem eingeschossigen Industriegebäude (Grundfläche 40 auf 94 Meter) soll für das Hochregallager inklusive Photovoltaikanlage ein 22 Meter hohes Bauwerk (30 auf 94 Meter) entstehen. Dafür muss der Bebauungsplan der Stadt geändert werden.
Im Oberallgäuer Werk wird auch mit künstlicher Intelligenz (KI) gearbeitet. So gibt es laut Kärcher 6600 Geräte, die weltweit mit anderen Bosch-Werken vernetzt sind. Aber auch direkt vor Ort kommt KI zum Einsatz. Ist ein einzelnes Teil wie beispielsweise ein Schalter oder ein Kabel defekt, wird es mit einem Smartphone fotografiert, eine Ersatzteil-Finder-App bestimmt dann die Materialnummer und bestellt sofort ein neues im Lager.