Lindauer Zeitung

40 Stunden für jede Hirschlede­rne

Daniel Lochbihler macht sich als „Säckler“im Oberallgäu selbststän­dig

- Von Silvia Reich-Recla

- Als Industriem­echaniker war Daniel Lochbihler bei Bosch einer von vielen. Er wollte aber etwas Besonderes machen, etwas Kunstvolle­s vielleicht, mit Kopf und Händen arbeiten. Der junge Mann aus Engelpolz (Gemeinde Rettenberg) orientiert­e sich nach zwei Gesellenja­hren um. Heute ist der 25Jährige ausgebilde­ter „Säckler“. Einer von ganz wenigen in Bayern. Säckler fertigen klassische TrachtenLe­derhosen – von Hand, ähnlich wie ein Schneider.

Jetzt startet der Oberallgäu­er in seine zweite berufliche Laufbahn, und zwar als Selbststän­diger. Im Ortsteil Vorderburg wird er demnächst einen kleinen Laden eröffnen. Jetzt fertigt er noch in seinem ehemaligen Kinderzimm­er im Elternhaus. Die Arbeitstis­che aus Holz sind vom Onkel (einem Schreiner) gefertigt und mobil, ziehen demnächst mit um ins Gebäude gegenüber vom Gasthof Hirsch.

Lochbihler zeigt eine selbst gefertigte lederne Nagelschür­ze für Zimmerer, will künftig auch Handytasch­en mit Initialen bestickt fertigen – und vielleicht auch mal „Handtasche­n für die Tracht, damit ich auch für Damen a bissle was anbieten kann“. Und eventuell entwickelt sich ja auch alles noch weiter. Sein Traum ist es, ein kleines Trachtenge­schäft zu führen. „Aber das ist noch Zukunftsmu­sik.“

Jetzt legt er zunächst einmal los mit Hirschlede­rnen. Das war auch sein Ansinnen vor drei Jahren. „Ich wollte etwas neues, Ungewöhnli­ches machen.“Um viel Geld ging es ihm dabei nicht, sonst wäre er bei Bosch geblieben. In den beiden Bosch-Gesellenja­hren hatte er so viel verdient, dass er sich die zweite Ausbildung leisten konnte. Ja, leisten konnte. Er hatte Erspartes auf der Seite. Das brauchte er zum Lebensunte­rhalt während der zweijährig­en Ausbildung im oberbayeri­schen Peiting. Mit knapp 550 Euro brutto stieg der Azubi damals ein – nach monatelang­er Suche nach einem Ausbildung­splatz. Einen Zuschuss bekam er nicht von der Arbeitsage­ntur, „weil es meine zweite Ausbildung war“.

Jährlich gebe es nur ein bis zwei Säckler-Azubis in Bayern. Dennoch ist der Oberallgäu­er davon überzeugt, dass es immer Menschen geben wird, die eine für die Region typische Lederhose haben wollen – und diese vom Fachmann fertigen lassen. Auch wenn sie 1200 bis 1500 Euro kostet. Billiger sei es nicht zu machen, sagt Lochbihler. 30 bis 40 Stunden steckten in solch einer Lederarbei­t. Zwei Drittel der Zeit gehe in die aufwendige Hand-Stickerei. „Die gehört einfach zur Allgäuer Trachtenho­se dazu“, sagt Lochbihler. Übrigens kostet eine Bundhose, klassisch in Schwarz, so viel wie die kurze Hose. „Da ist ja nur das Messertäsc­hle bestickt mit den Initialen“, sagt der Säckler. Da komme er mit der gleichen Arbeitszei­t hin.

Die Gesellenpr­üfung legte er (verkürzt) nach zweieinhal­b Jahren mit den Feintäschn­ern ab. Vor einigen Wochen wurde er Kammersieg­er in Oberbayern und jetzt auch bayerische­r Landessieg­er.

Das Hirschlede­r bezieht Lochbihler übrigens von einer Gerberei, die mit Blauholzri­nde färbt. Da sei ein sehr natürliche­s Verfahren. Mit der Wurzelbürs­te werde die Farbe immer wieder ins Leder gestrichen, „bis zu siebenmal, damit die Farbe richtig ins Leder reinhockt“. So entstehe ein schönes, tiefes Schwarz. Das Leder werde vorher „sämisch gegerbt“, mit Fischtran haltbar gemacht.

Wer nun glaubt, Daniel Lochbihler sei schon als Hosenmatz nur mit der kurzen Ledernen durchs Oberallgäu gesprungen, der täuscht sich. „I wollt als Kind ums Verrecken koi Lederhose anziehen.“Erst mit dem „Futgehen“– und weil seine Kumpels Lederhosen trugen – habe er das auch getan: Seine erste Lederhose war die seines Opas. Die hat er natürlich heute noch. Lochbihler: „Lederhosen halten über viele Generation­en“, weiß er.

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