40 Stunden für jede Hirschlederne
Daniel Lochbihler macht sich als „Säckler“im Oberallgäu selbstständig
- Als Industriemechaniker war Daniel Lochbihler bei Bosch einer von vielen. Er wollte aber etwas Besonderes machen, etwas Kunstvolles vielleicht, mit Kopf und Händen arbeiten. Der junge Mann aus Engelpolz (Gemeinde Rettenberg) orientierte sich nach zwei Gesellenjahren um. Heute ist der 25Jährige ausgebildeter „Säckler“. Einer von ganz wenigen in Bayern. Säckler fertigen klassische TrachtenLederhosen – von Hand, ähnlich wie ein Schneider.
Jetzt startet der Oberallgäuer in seine zweite berufliche Laufbahn, und zwar als Selbstständiger. Im Ortsteil Vorderburg wird er demnächst einen kleinen Laden eröffnen. Jetzt fertigt er noch in seinem ehemaligen Kinderzimmer im Elternhaus. Die Arbeitstische aus Holz sind vom Onkel (einem Schreiner) gefertigt und mobil, ziehen demnächst mit um ins Gebäude gegenüber vom Gasthof Hirsch.
Lochbihler zeigt eine selbst gefertigte lederne Nagelschürze für Zimmerer, will künftig auch Handytaschen mit Initialen bestickt fertigen – und vielleicht auch mal „Handtaschen für die Tracht, damit ich auch für Damen a bissle was anbieten kann“. Und eventuell entwickelt sich ja auch alles noch weiter. Sein Traum ist es, ein kleines Trachtengeschäft zu führen. „Aber das ist noch Zukunftsmusik.“
Jetzt legt er zunächst einmal los mit Hirschledernen. Das war auch sein Ansinnen vor drei Jahren. „Ich wollte etwas neues, Ungewöhnliches machen.“Um viel Geld ging es ihm dabei nicht, sonst wäre er bei Bosch geblieben. In den beiden Bosch-Gesellenjahren hatte er so viel verdient, dass er sich die zweite Ausbildung leisten konnte. Ja, leisten konnte. Er hatte Erspartes auf der Seite. Das brauchte er zum Lebensunterhalt während der zweijährigen Ausbildung im oberbayerischen Peiting. Mit knapp 550 Euro brutto stieg der Azubi damals ein – nach monatelanger Suche nach einem Ausbildungsplatz. Einen Zuschuss bekam er nicht von der Arbeitsagentur, „weil es meine zweite Ausbildung war“.
Jährlich gebe es nur ein bis zwei Säckler-Azubis in Bayern. Dennoch ist der Oberallgäuer davon überzeugt, dass es immer Menschen geben wird, die eine für die Region typische Lederhose haben wollen – und diese vom Fachmann fertigen lassen. Auch wenn sie 1200 bis 1500 Euro kostet. Billiger sei es nicht zu machen, sagt Lochbihler. 30 bis 40 Stunden steckten in solch einer Lederarbeit. Zwei Drittel der Zeit gehe in die aufwendige Hand-Stickerei. „Die gehört einfach zur Allgäuer Trachtenhose dazu“, sagt Lochbihler. Übrigens kostet eine Bundhose, klassisch in Schwarz, so viel wie die kurze Hose. „Da ist ja nur das Messertäschle bestickt mit den Initialen“, sagt der Säckler. Da komme er mit der gleichen Arbeitszeit hin.
Die Gesellenprüfung legte er (verkürzt) nach zweieinhalb Jahren mit den Feintäschnern ab. Vor einigen Wochen wurde er Kammersieger in Oberbayern und jetzt auch bayerischer Landessieger.
Das Hirschleder bezieht Lochbihler übrigens von einer Gerberei, die mit Blauholzrinde färbt. Da sei ein sehr natürliches Verfahren. Mit der Wurzelbürste werde die Farbe immer wieder ins Leder gestrichen, „bis zu siebenmal, damit die Farbe richtig ins Leder reinhockt“. So entstehe ein schönes, tiefes Schwarz. Das Leder werde vorher „sämisch gegerbt“, mit Fischtran haltbar gemacht.
Wer nun glaubt, Daniel Lochbihler sei schon als Hosenmatz nur mit der kurzen Ledernen durchs Oberallgäu gesprungen, der täuscht sich. „I wollt als Kind ums Verrecken koi Lederhose anziehen.“Erst mit dem „Futgehen“– und weil seine Kumpels Lederhosen trugen – habe er das auch getan: Seine erste Lederhose war die seines Opas. Die hat er natürlich heute noch. Lochbihler: „Lederhosen halten über viele Generationen“, weiß er.