Zwei Herzen schlagen für Tiere in Not
Tierärztin Barbara Zaltenbach-Hanßler und Martina Schwendner vom Tierheim werden von der Staatsregierung ausgezeichnet
- Damit gerechnet haben sie nicht. Umso überraschter waren die Lindauer Tierärztin Barbara Zaltenbach-Hanßler und Martina Schwendner, Leiterin des Tierheims, als sie mit dem bayerischen Tierschutzpreis ausgezeichnet wurden. „Wir freuen uns natürlich riesig über den Preis“, sagen die beiden Frauen, die seit Jahren zusammenarbeiten und sich mit viel Herzblut und Liebe um Tiere kümmern.
Sie haben schon viel gesehen. Trotzdem fehlen Barbara ZaltenbachHanßler und Martina Schwendner manchmal fast die Worte angesichts des Leids, das manche Tiere erfahren – und das ihnen oftmals von Menschen angetan wird. Wenn beispielsweise die Polizei im Jahr 2020 einen Tiertransport mit neun Welpen aus Bulgarien stoppt. Die erst sieben Wochen alten Hündchen sind in einen Käfig gepfercht, fünf Tage lang ohne Futter und Wasser. Sie sind so krank, dass bald einer stirbt. Oder einen Hundetransport aus Russland, von dem es insgesamt drei mit jeweils 20
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Rassetieren gegeben haben soll, von dem nur noch drei Welpen übrig sind, denen es miserabel geht. Oder wenn sie gemeinsam mit der Polizei aus einer Wohnung 73 Tiere befreien, die nicht artgerecht gehalten werden. Oder wenn Perserkatzen kaum versorgt in einen Keller gesperrt werden, nur weil ihre Besitzer in den Urlaub gefahren sind.
Eine Aufzählung, die die beiden Frauen stundenlang fortsetzen könnten – Martina Schwendner arbeitet seit 15 Jahren im Lindauer Tierheim, Barbara Zaltenbach-Hanßler ist dort seit 1996 Vertragsärztin. Ist ein Tier in Not, werden sie hinzugezogen, helfen, „weil es für uns selbstverständlich ist“. Schauen dabei nicht auf die Uhr, weil ihr Engagement und das ihrer Mitarbeiterinnen ohnehin nicht in Stunden zählbar ist. Und weil meistens schnelles Handeln gefragt ist.
So wie beim Gespräch mit der Lindauer Zeitung in der Praxis der Tierärztin. Martina Schwendner berichtet gerade von einem jungen Mädchen, das über Ebay einen Hund geschenkt bekommen und ihn mit dem Zug abgeholt hat. Am Bahnhof wird sie mit dem großen Tier nicht mehr fertig, die Polizei muss eingreifen, der Hund wird ins Tierheim gebracht. Mitten in der Erzählung geht die Tür auf, eine junge Mutter aus Wasserburg und ihre zwei Töchter kommen herein. In der Hand hält eines der Mädchen einen Karton. Barbara ZaltenbachHanßler springt auf. „Ihr habt vorher angerufen?“fragt sie. Die Drei nicken, überreichen der Tierärztin den Karton. Darin: Ein kleiner schmächtiger Igel, verletzt und übersät mit Zecken. Zwei der dicken Biester fallen gleich ab, so sehr haben sie sich sattgefressen an dem kleinen Stacheltier – und es damit noch mehr geschwächt, als es ohnehin schon war. Die Tierärztin schaut sich den Igel an, wickelt ihn in ein Handtuch, sagt den Dreien, sie könne nicht versprechen, ob sie ihn durchbekomme – er sei schon sehr ausgekühlt. Barbara ZaltenbachHanßler schreibt die Adresse der Finder auf, fragt, ob sie den Igel im Frühjahr wieder bei sich im Garten aussetzen wollen, so er überlebt, was die Mutter und die Kinder bejahen. Dann gehen die Drei wieder. Erst als der Igel versorgt ist – es ist gerade keine Sprechstunde – geht das Gespräch mit der LZ weiter.
Hunde, Katzen, Hasen, Meerschweinchen – die Zahl der Tiere, um die sich Martina Schwendner und Barbara Zaltenbach-Hanßler gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen kümmern, ist groß. Flaschenkinder werden in der Tierarztpraxis aufgepäppelt. Sind sie groß genug, ziehen sie ins Tierheim, wo schon größere Tiere sind. Auch wenn es die Vierbeiner im Tierheim gut haben, ist es das Ziel, sie in gute Hände abzugeben. Das ist nicht immer leicht, wie Martina Schwendner berichtet: Vor allem ältere oder kranke Tiere sind schwer zu vermitteln – es gibt Vierbeiner, die seit Jahren im Tierheim leben. Umso mehr hat sie sich gefreut, als Kater Paul, ein Epileptiker, bei einem jungen Paar ein Zuhause gefunden hat. Die beiden hatten Paul angeschaut und sich eine Nacht Bedenkzeit erbeten. Dann war klar: Genau dieser Kater soll es sein. Am Folgetag heirateten die beiden, nach den Flitterwochen
nahmen sie Paul zu sich. Die Tierärztin weiß auswendig nicht mehr, wie viele Tiere bei ihr „hängengeblieben“sind. Katzen, die nur noch ein Auge hatten oder ein Bein verloren hatten. Oder eine Elster, die nicht mehr fliegen kann, die in der Außenvoliere auf dem Grundstück der Tierärztin lebt und begeistert „Hallo“ruft, wenn Barbara Zaltenbach-Hanßler zu ihr kommt. Der Vogel kann auch „Mach schnell“rufen, wenn es ums Füttern geht.
Barbara Zaltenbach-Hanßler und Martina Schwendner leben und leiden mit ihren Tieren, den Tierhandel im Internet lehnen sie strikt ab – Tiere sind für sie keine Ware. Ihr Herz blutet, wenn sie Schützlinge, die die Polizei aus engen Transportbehältnissen
Mit dem Tierschutzpreis zeichnet die bayerische Staatsregierung Menschen, Organisationen und Initiativen aus, die sich in herausragender Weise um den Tierschutz verdient machen. Die Jury für den Tierschutzpreis setzt sich aus Vertretern von Staatsministerium, Tierschutzorganisationen, Tierärzteschaft, Wissenschaft und Landwirtschaft zusammen. Der bayerische Tierschutzpreis ist in diesem Jahr mit insgesamt 17 000 Euro dotiert. 2021 geht der Preis an vier Menschen und Initiativen. Martina Schwendner und Barbara Zaltenbach-Hanßler aus Lindau erhalten mit der Auszeichnung 4000 Euro für ihre Arbeit. (lz)
gerettet und die Martina Schwendner und Barbara Zaltenbach-Hanßler aufgepäppelt haben, wieder zurückgeben müssen. Im Fall des anfangs erwähnten Welpentransports aus Russland durften sie sich freuen: Die Behörden ordneten an, dass die Tiere eingezogen, also nicht zurückgebracht werden mussten. Wochenlang päppelten die Tierärztin und ihre Mitarbeiterinnen die drei Welpen auf. Zwei von ihnen konnten bald vermittelt werden. Nona nicht: Sie war, als sie in die Praxis gebracht wurde, sterbenskrank. Monatelang wurde der kleine Hund von der Tierärztin behandelt. Jetzt ist Nona wieder gesund und gehört zu den „Hängengebliebenen“: Sie hat im Haus ihrer Retterin am Bodensee ein Zuhause gefunden.