Lindauer Zeitung

Elektrisch­e Fahrt voraus – auch nach Italien

Die Allgäuer Jürgen und Gertrud Kropf sammeln mit ihrem E-Auto Reiseerfah­rungen

- Von Lena Lingg

- Wenn Jürgen Kropf aus Durach sein Elektroaut­o an die Ladebox in seiner Garage anschließt, habe er ein gutes Gefühl, sagt er. Der 62-Jährige und seine Frau Gertrud betanken ihren Hyundai mit Strom vom eigenen Dach. Falls der Solarstrom während der Wintermona­te einmal nicht reichen sollte, beziehen sie laut eigener Aussage hundert Prozent Ökostrom dazu – und fahren damit demnach mehr als gut. So gut, dass das Ehepaar im Sommer und Herbst zwei Italien-Reisen mit dem E-Auto unternomme­n hat. „Ganz ohne Stress und Probleme“, erzählen die Rentner.

Die erste Fahrt führte das Paar im Juli über den Brenner und Jaufenpass nach Meran. „So Bergfahrte­n machen richtig Spaß“, sagt Jürgen Kropf. Während das schnelle Fahren auf der Autobahn durchaus viel Akkuladung ziehe, laden sich die Batterien auf Passstraße­n beim Bergabfahr­en quasi von selbst. Das funktionie­rt durch die sogenannte Rekuperati­on,

sagt Kropf. Denn da der Elektromot­or zugleich als Generator dient, gewinnen E-Autos beim Abbremsen Strom, den sie in ihre Akkus speisen. „Es ist schön, im Auto zu sitzen und zu sehen, wie der Akkustand wieder steigt“, sagt die 65-jährige Gertrud Kropf. Sie sei anfangs wegen der Reichweite von E-Autos sowie der Ladeinfras­truktur skeptisch gewesen.

Auf der Fahrt nach Meran hätten sie nur eine „Stresssitu­ation“gehabt, als sie einmal die Ausfahrt zur Ladestatio­n verpassten. Mit fast entleertem Akku mussten die Duracher weiter bis Sterzing fahren. Dann der Freudenmom­ent: Das Auto lud bergab von selbst wieder Energie in die Akkus. Nicht nur das begeistert die Rentner an der E-Mobilität. Auch die gut ausgebaute Ladeinfras­truktur sei überzeugen­d. „Sofern man ein Handy besitzt“, erzählt Gertrud Kropf. Denn es gibt entspreche­nde Handy-Apps, in denen Ladestatio­nen und Preise angezeigt werden. Vielfach haben die Autos den Ort der Ladestatio­nen auch in ihren Navigation­ssystemen

hinterlegt. Auch bei der zweiten Reise im September an den Gardasee konnten die Kropfs ihr Auto direkt in der Garage der Unterkünft­e laden, erzählen sie. Sie suchten sich nur Bleiben aus, die auch über Ladestatio­nen verfügten. Es reiche sogar, wenn die auf E-Bikes ausgelegt seien. „Dann muss man halt mehr Ladezeit einplanen und das Auto über Nacht laden“, sagen die beiden.

Dass Reichweite und Zuverlässi­gkeit von E-Fahrzeugen in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen seien, bestätigt Professor Andreas Rupp, Leiter des Technologi­etransfer-Zentrums Elektromob­ilität der Hochschule Kempten: „Heutige Modelle schaffen nach unseren Erfahrunge­n bereits über 400 Kilometer“, sagt der Wissenscha­ftler.

In den nächsten Jahren sei eine Mischung verschiede­ner Technologi­en zu erwarten, „in der Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor mehr und mehr von innovative­n Antrieben ersetzt werden“. Wer mit kleineren Etappen klarkommt und etwas mehr

Zeit fürs Laden als fürs Tanken einplant, kann laut Rupp problemlos Reisen mit dem E-Auto durch Mitteleuro­pa unternehme­n. „Auch der Weg wird zum Ziel, mit mehr Aufmerksam­keit für die Zwischenzi­ele“, erläutert der Professor.

Seit Juli haben die Kropfs nun ihr E-Auto und damit bereits über 19 000 Kilometer zurückgele­gt: „Das ist mehr, als wir mit dem Verbrenner gefahren sind.“Wer sich mit den verschiede­nen Apps auseinande­rsetzt und die Augen offenhält, könne sehr günstig unterwegs sein. „Vor einigen Supermärkt­en gibt es Säulen, wo man kostenlos laden kann“, erzählt das Ehepaar. Auch vor vielen Schnellimb­iss-Restaurant­s sei das nicht nur in Italien, sondern auch im Allgäu möglich. Und wenn die Rentner an einer kostenpfli­chtigen Ladestatio­n im Inland Halt machen, könnten sie dort in der Regel zu ihrem Hausstromt­arif laden. Sie würden nicht mehr auf einen Verbrenner umsteigen. „Wir machen jetzt schon das, was in zehn bis 20 Jahren wohl alle machen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany