Lindauer Zeitung

Historisch­es Debakel für die Bayern

Rekordsieg­er verliert im Pokal gegen Gladbach mit 0:5 und damit so hoch wie nie zuvor in diesem Wettbewerb

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(SID) - Thomas Müller schlich wie ein geprügelte­r Hund vom Platz, Ersatz-Coach Dino Toppmöller verschwand mit versteiner­ter Miene in Richtung Kabine: Nach der höchsten Niederlage der Pokal-Geschichte waren die Bayern restlos bedient. „Ich bin absolut schockiert. Wie waren einfach nicht da“, sagte Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic nach der Münchner 0:5 (0:3)-Packung bei Borussia Mönchengla­dbach.

90 Minuten lang hatten die Bayern eine grausige Vorstellun­g abgeliefer­t und waren hochkant aus dem DFB-Pokal geflogen, die erste Titelchanc­e ist damit futsch. „Wir haben uns in jeder Situation den Schneid abkaufen lassen. Ein kollektive­r Blackout“, sagte Salihamidz­ic.

Manu Kone (2.) und Ramy Bensebaini (15./21., Foulelfmet­er) sorgten in einer furiosen Anfangspha­se für ein schnelles 3:0 für die wie entfesselt beginnende­n Gladbacher, die im siebten Versuch erstmals den alten Rivalen aus dem Pokal warfen. Breel Embolo (51./57.) legte nach der Pause einen Doppelpack nach.

Gladbachs Sportdirek­tor Max Eberl konnte sein Glück kaum fassen. „Man träumt ab und zu von so was. Aber das so etwas mal Realität wird, glaubt man nicht. Das war eine großartige Leistung“, sagte Eberl. Zuvor war das 1:5 im Viertelfin­ale 1971/72 gegen Köln Bayerns höchste Niederlage im Pokal gewesen.

Keine Spielkontr­olle, kein Biss, keine Ideen – dazu viele Wackler und haarsträub­ende Fehler, insbesonde­re des völlig indisponie­rten Neuzugangs Dayot Upamecano. Von der sonst so erdrückend­en Dominanz war nichts zu sehen. Vielmehr war es eine Demütigung, die der Club nicht allzu oft in seiner ruhmreiche­n Clubgeschi­chte erlebt hat. Der positiv auf Corona getestete Coach Nagelsmann dürfte daheim in seiner Küche geradezu erschrocke­n ob des Auftretens gewesen sein. Vor 48 500 Zuschauern im Hexenkesse­l Borussia-Park traten die Münchner vor allem vor der Pause erschrecke­nd harmlos auf und schieden völlig verdient aus. Zwei Achtelfina­ls in Folge ohne die Münchner hatte es zuletzt 1994 und 1995 gegeben.

Die Borussia verdiente sich den Sieg in einem denkwürdig­en Pokalfight durch eine spielerisc­h bärenstark­e Leistung sowie einen überragend­en Bensebaini. Am Ende gelang ein furioser Erfolg gegen die Bayern, die erneut ohne Nagelsmann auskommen mussten. Der Cheftraine­r zog aus seiner Corona-Quarantäne die Fäden und wurde am Niederrhei­n

von Dino Toppmöller vertreten.

Von der „schwersten Aufgabe, die

Weltmeiste­r Lucas Hernández (Foto: imago images) muss nicht ins Gefängnis. Kurz vor dem Fristende durften der Rekordeink­auf des FC Bayern München und der deutsche Serienmeis­ter aufatmen, nachdem die spanische Justiz einer Berufungsk­lage des 25 Jahre alten Franzosen stattgegeb­en hatte. Die Frist zum Antritt der Haftstrafe wäre am Donnerstag um Mitternach­t abgelaufen, dann hätte sich Hernández für ein halbes Jahr in ein spanisches Gefängnis seiner Wahl begeben müssen. Am Vormittag des Pokalspiel­s der Münchner bei Borussia Mönchengla­dbach war die für Club und Spieler erfreulich­e Nachricht publik gemacht worden. Wenn die Justizents­cheidung sich verzögert hätte, hätte das laufende Berufungsv­erfahren keine aufschiebe­nde Wirkung gehabt – Hernández hätte am Tag nach dem Gladbach-Spiel in Haft gemusst. „Wir sind alle froh, dass es so ausgegange­n ist, wie es ausgegange­n ist“, es in dieser Pokalrunde geben kann“, hatte Nagelsmann vor dem Anstoß aus der heimischen Isolation gewarnt. Und er behielt recht: Gerade einmal 80 Sekunden waren gespielt, als der erst 20 Jahre alte Kone einen schlampige­n Pass von Alphonso Davies abfing, nach Zusammensp­iel mit Embolo erneut an den Ball kam und überlegt zur Führung abschloss. Für den Franzosen war es das erste Tor im Gladbach-Dress.

Und der Sturmlauf der Borussia ging weiter. Während die Bayern kaum wussten, wie ihnen geschah und in der Abwehr wie ein Hühnerhauf­en wirkten, erspielte sich die Hütter-Elf eine Chance nach der anderen. Als Bensebaini einen Angriff wie aus dem Lehrbruch über Embolo und Nationalsp­ieler Jonas Hofmann gegen die Laufrichtu­ng von Manuel Neuer zum 2:0 abschloss, erfroren auf der Bayern-Bank bei Toppmöller und Co. die Mienen.

Und damit nicht genug. Lucas Hernandez, der wenige Stunden vor Anpfiff mit einem Einspruch gegen seine drohende Haftstrafe Erfolg gehabt hatte, foulte Embolo im Strafraum, Bensebaini verwandelt den fälligen Elfmeter locker. Erstmal in ihrer Geschichte lagen die Bayern im DFB-Pokal so früh so hoch zurück. „Es könnte auch 4:0 oder 5:0 stehen“, sagte ARD-Experte Bastian Schweinste­iger in der Pause.

Nach dem Wechsel legte die Borussia, die in der Bundesliga drei der letzten fünf Heimspiele gegen Bayern gewonnen hatte, durch Embolo sogar die Tore Nummer vier und fünf nach. Damit platzten auch die letzten zarten Bayern-Hoffnungen an einem denkwürdig­en Abend.

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FOTO: GABRIEL BOIA/IMAGO IMAGES Das so erfolgsver­wöhnte Starensemb­le aus München um Thomas Müller war komplett bedient.

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