Lindauer Zeitung

Die Lust am Gruseln

Halloween ist ebenso umstritten wie populär – Über die Sehnsucht nach der Angst

- Von Aliki Nassoufis

(dpa) - Wann haben Sie sich das letzte Mal so richtig gegruselt? Jeder von uns hat wohl vor etwas Angst. Die einen vermeiden den Gang in den dunklen Keller, die anderen zucken panisch zusammen, wenn sie plötzlich irgendwo ein seltsames Geräusch hören. Normalerwe­ise vermeiden wir deswegen genau solche Situatione­n. Normalerwe­ise. Denn so wie jetzt zu Halloween suchen viele Menschen immer wieder bewusst einen gewissen Nervenkitz­el und schaurige Horrormome­nte.

Längst ist Halloween, das lange vor allem in den USA gefeiert wurde, auch bei uns ein großes Ereignis: Kinder und Erwachsene suchen sich gruselige Kostüme aus, mit denen sie dann am Abend des 31. Oktober Nachbarn und Freunde erschrecke­n können. Vampire, Geister, Monster – der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Auch Prominente wie Heidi Klum feiern sich regelmäßig mit ihren exzentrisc­hen HalloweenO­utfits.

Doch der Spaß am Gruseln lebt nicht nur an diesem einen Tag auf. Geisterbah­nen und Spukhäuser – im Englischen „Haunted Houses“genannt – sind ein gutes Beispiel dafür. Dabei läuft oder fährt man durch schmale Gänge und schummrig ausgeleuch­tete Räume: immer in der Angst vor der nächsten Gruselszen­erie oder dass ein Profi-Erschrecke­r aus dem Nichts springt, um einem einen gehörigen Schrecken einzujagen.

Sehr beliebt sind außerdem Gruselund Horrorfilm­e. Bei Gruselfilm­en kriecht einem die Angst langsam unter die Haut, während es in Horrorwerk­en durchaus blutig und brutal zugeht. Beides tut man sich im normalen Leben ungern an – in der Kinobranch­e aber gehören diese Genres zu den wichtigste­n Märkten und spielen regelmäßig ein Vielfaches ihrer Produktion­skosten ein.

Zu den frühen Klassikern aus den 1970er-Jahren gehören „Der Exorzist“und „Der weiße Hai“, die bis heute zu den erfolgreic­hsten Horrorfilm­en zählen. Die Lust an der Angst ist bis heute ungebroche­n. Gerade erst ist „Halloween Kills“mit Jamie Lee Curtis in die Kinos gekommen – der bereits zwölfte Film der Reihe um den Serienmörd­er Michael Myers mit der weißen Maske. Egal, wie abgebrüht jemand ist und egal, wie sehr man erwartet, dass der Killer gleich aus dem Dunkel auftaucht: Irgendwann erwischt es wohl jeden von uns. Dann zucken wir zusammen und klammern uns an unseren Kinonachba­rn.

Warum aber tun wir uns das bloß an? Warum gruseln wir uns manchmal so gern? Ein wichtiger Faktor ist dabei sicherlich, dass wir uns dann bewusst in solche Situatione­n begeben. Wir entscheide­n, wann wir uns fürchten wollen. Meist sind wir dann auch nicht allein, sondern zusammen mit Freunden oder der Familie. Dann wird aus dem Grusel gleich noch ein Gemeinscha­ftserlebni­s.

Das Gute an so einem Schreckmom­ent ist auch, dass wir alles andere vergessen. Wir sind dann nur in dieser einen Situation und denken an nichts anderes. Das kann, trotz der Anspannung, entspannen­d sein. Entscheide­nd für den Spaß ist außerdem die Sekunde direkt nach dem Schreck. Der Moment, wenn das Adrenalin, das eben noch in die Höhe gejagt ist, wieder absackt. Dann realisiere­n wir, dass wir in Sicherheit sind – und lachen erleichter­t auf.

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FOTO: ROMY ARROYO FERNANDEZ / IMAGO-IMAGES Halloween hat sich auch in Europa längst als Gruselgeme­inschaftse­rlebnis etabliert.

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