Ärzte kritisieren Spahns Impfpläne
In Baden-Württemberg treten Corona-Beschränkungen für Ungeimpfte in Kraft
- Ärzteschaft und Ständige Impfkommission (Stiko) haben mit deutlicher Kritik auf Vorstöße aus der Politik reagiert, ab sofort Corona-Auffrischungsimpfungen („Booster“) für jedermann anzubieten. Andreas Gassen, als Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) oberster Vertreter der 150 000 niedergelassenen Ärzte, sagte am Dienstag, „jetzt Booster-Impfungen wahllos für alle zu empfehlen, macht keinen Sinn.“Er verwies auf die relativ hohe Quote von Menschen,
die noch gar nicht geimpft seien. Gassen betonte, dass sich die Kassenärzte „sehr stringent“an die Stiko-Empfehlung hielten. Die „BauchEvidenz“von Politikern könne nicht der Maßstab sein.
Die Stiko empfiehlt eine Auffrischung für alle, die mindestens 70 Jahre alt sind, für Pflegebedürftige und Pflegepersonal sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem und für mit Johnson & Johnson Geimpfte. Stiko-Präsident Thomas Mertens bekräftigte diese Haltung: Zunächst müssten dringend die Menschen zum dritten Mal geimpft werden, deren Immunsystem nicht richtig funktioniert, außerdem die über 70-Jährigen. Gesunde Menschen mittleren Alters mit zweifacher Impfung könnten davon ausgehen, dass sie noch ausreichend Schutz vor einer schweren Covid-19Erkrankung hätten. Zwar lasse der Schutz vor Ansteckung mit der Zeit nach, nicht aber der Schutz vor einer schweren Erkrankung.
Noch-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will dagegen allen Bürgern, deren Impfung mehr als ein halbes Jahr zurückliegt, eine Auffrischungsimpfung anbieten. Das soll auf der Ende der Woche tagenden Gesundheitsministerkonferenz in Lindau beschlossen werden. Im Blick steht dort auch mehr Schutz für Pflegeheime. Spahn strebt verpflichtende Testkonzepte für deren Personal an. Besucher müssten ebenfalls ein frisches negatives Testergebnis haben. Die Länder könnten auch Besucherzugang nur für Geimpfte oder Genesene (2G) vorsehen.
In Baden-Württemberg treten unterdessen am heutigen Mittwoch strengere Regeln für Ungeimpfte in Kraft. Grund ist die steigende Zahl belegter Intensivbetten.