Die Mitglieder küren den neuen Chef
Premiere bei der CDU – Basis kann per Briefwahl und digital über Parteivorsitzenden abstimmen
- Erstmals in ihrer Geschichte will die CDU ihren Parteichef per Mitgliederbefragung küren. Die zuständigen Parteigremien beschlossen am Dienstag einstimmig, in den nächsten Wochen die Meinung der Basis für die dritte Vorsitzendenwahl binnen drei Jahren einzuholen. Am 21. und 22. Januar soll dann auf einem Bundesparteitag in Hannover die formale Entscheidung fallen.
„Jetzt schlägt die Stunde der Mitglieder“, sagte Generalsekretär Paul Ziemiak. Nominiert werden können Bewerber vom kommenden Samstag an, ab Anfang Dezember sind die rund 400 000 Mitglieder dann aufgerufen, ihr Votum abzugeben. Für eine mögliche Stichwahl ist die zweite Dezemberhälfte vorgesehen.
Parteichef Armin Laschet betonte, dass es sich um ein einmaliges Verfahren handele. Die CDU werde auch nicht ihre Satzung ändern, um künftig eine direkte und bindende Mitgliederentscheidung über den Vorsitz zu ermöglichen. Die CDU stehe weiterhin für das Prinzip der repräsentativen Demokratie. In der aktuellen Lage allerdings „ist es gut, auch die Mitglieder zu beteiligen“, sagte Laschet.
Die Partei sprach sich trotz des Zeitdrucks gegen eine Entscheidung bis zum Jahresende aus. So soll mit Rücksicht auch auf die vielen älteren Parteimitglieder neben einer digitalen Wahl auch eine aufwendigere Briefwahl ermöglicht werden. Im
Vorfeld hatten viele gefordert, den abschließenden Parteitag noch für Dezember zu planen, denn schon in der ersten Hälfte des kommenden Jahres stehen gleich drei Landtagswahlen an, bei denen jeweils ein CDU-Ministerpräsident wiedergewählt werden will. Bereits im März wird der saarländische Landtag neu gewählt, im Mai folgen SchleswigHolstein und Nordrhein-Westfalen und im Herbst Niedersachsen.
Die CDU war bei der Bundestagswahl auf historisch schlechte 24,1 Prozent gefallen und steht vor dem Gang in die Opposition. In der Folge kündigte der erst im Januar gewählte Vorsitzende Laschet seinen Rückzug an. Er ist nach eigenen Angaben aber weiterhin direkt an Versuchen beteiligt, doch noch eine einvernehmliche Lösung für die Personalfrage zu finden. Dies gestalte sich aber „im Bund etwas schwieriger“, räumte er ein.
Die besten Chancen an der Basis hat der frühere Fraktionschef Friedrich Merz, der in entsprechenden Umfragen vorne liegt. Auch der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen rechnet sich Chancen aus. Im Deutschlandfunk sagte er am Montag, dass der neue Parteichef „in der
Mitte stehen“müsse. Er selbst sieht sich als Vertreter der „modernen Mitte“in der Partei.
Bislang hat aber noch kein Kandidat offiziell seine Kandidatur vermeldet, damit wird erst von Samstag an gerechnet. Im Gespräch sind neben Merz und Röttgen drei weitere mögliche Bewerber, allesamt aus Nordrhein-Westfalen. Eine Mindestbeteiligung bei der Mitgliederbefragung soll es nicht geben, „aber wir werben für eine hohe Beteiligung“, sagte Laschet.
Rechtlich bindend ist die Meinung der Mitglieder nicht. Zwar sind in der CDU laut Statut Mitgliederbefragungen in Personalfragen auf Bundesebene zulässig, aber gewählt werden muss der oder die Vorsitzende von einem Bundesparteitag. Laschet betonte indes, dass alle dem Votum der Basis verpflichtet seien.
Die Hoffnung, dass mit der Mitgliederbefragung automatisch die Querelen in der Union um Personen und Inhalte zu Ende gehen, hegt die Parteispitze offensichtlich nicht. Es brauche ein Klima, in dem derjenige, der gewählt ist, die Unterstützung aller anderen hat, sagte Laschet. Man könne Geschlossenheit nicht per Satzungsbeschluss erzwingen.
Zugleich appellierte der Noch-Vorsitzende an seine Partei, die Jahre der Opposition zu nutzen, um Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Die CDU müsse mit „Intelligenz und Klarheit“, nicht mit Lagerstrategien Opposition machen. Er wolle, dass die Koalitionen in den Ländern mit CDU-Beteiligung weiter gut funktionieren.