Lindauer Zeitung

Haus geerbt – was nun?

Erben müssen sich entscheide­n, ob sie die Immobilie behalten oder verkaufen

- Von Florian Junker

- In den vergangene­n zehn Jahren sind die Preise für Einund Zweifamili­enhäuser laut dem Bundesamt für Statistik deutschlan­dweit um 65 Prozent gestiegen. Der Preis für Bauland verteuerte sich im Zeitraum 2010 bis 2020 sogar um 102 Prozent. Wer heute eine Immobile erbt, muss entscheide­n, ob angesichts dieses enormen Wertzuwach­ses ein Verkauf oder weiteres Abwarten die bessere Option ist.

Und vor diesem Luxusprobl­em stehen nicht wenige. Denn das Deutsche Institut für Altersvors­orge schätzt, dass zwischen 2015 und 2024 die gigantisch­e Summe von rund 1293 Milliarden Euro in Form von Immobilien vererbt wurde oder noch wird. Doch was machen mit Oma Erikas kleinem Häuschen?

„Gerade wenn man eine geerbte Immobilie nicht selbst bewohnen möchte, kommt es auf die eigenen langfristi­gen Ziele und die örtlichen Gegebenhei­ten an“, sagt Dominik Noizet, Regionaldi­rektionsle­iter der Global-Finanz AG in Stuttgart. Dabei sollten auch die möglicherw­eise anfallende­n Steuern nicht unterschät­zt werden (siehe Kasten).

Grundsätzl­ich können Immobilien ein stabiler Baustein in einem Vermögensm­ix sein. Allerdings ist das Kapital dann an einer Stelle gebunden – und die erzielbare Rendite hängt von vielen Faktoren ab. „Objekte in gefragten Lagen, die ohne Leerstände vermietet werden können, sorgen aber in der Regel für ein relativ gut kalkulierb­ares Einkommen“, erklärt Finanzexpe­rte Noizet. „Aber so etwas verursacht auch Aufwand, der nicht unterschät­zt werden sollte.“

Wer nur auf weitere Wertsteige­rungen spekuliert und das Objekt einfach liegen lässt, könnte unter dem Strich mit einer Mischung mehrerer Anlageklas­sen besser aufgestell­t sein. Denn eine Garantie für weiter steigende Immobilien­preise gibt es nicht. Und die Entwicklun­g kann regional ganz unterschie­dlich sein.

„Manche Immobilien­märkte sind tatsächlic­h in den letzten Jahren heiß gelaufen. Und regional kann es auch zu Preiskorre­kturen kommen“, sagt Claus Walter, Vorsitzend­er der Geschäftsl­eitung der Freiburger Vermögensm­anagement GmbH.

Das sprichwört­liche Betongold wird zwar in gefragten Regionen wie Stuttgart, Freiburg oder Ulm kaum

Mit einer guten Balance aus Chancen und Risiken kann der Verkaufser­lös einer geerbten Immobilie langfristi­g strategisc­h investiert werden. Durch eine Verteilung auf verschiede­ne Anlageklas­sen können zum Beispiel Wertschwan­kungen reduziert werden. auf breiter Front an Wert verlieren, aber auch hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Nicht jedes Objekt eignet sich als Investment und lässt sich gewinnbrin­gend erhalten. „Ob sich eine Vermietung abzüglich der dafür nötigen Investitio­nen und trotz des Verwaltung­saufwands unter dem Strich rechnet, sollte genau und nüchtern durchkalku­liert werden“,

Insbesonde­re im Aktienbere­ich empfiehlt sich zusätzlich eine breite Streuung, etwa durch Fonds oder ETFs, um Einzelrisi­ken zu minimieren. Ein ausreichen­der, schnell verfügbare­r Notgrosche­n schützt zusätzlich davor, in möglichen Börsenschw­ächephasen Anlagen verkaufen zu müssen. sagt FVM-Finanzexpe­rte Walter. „Ein diversifiz­iertes Depot, das Risiken breit streut, kann eine rentablere und flexiblere Alternativ­e sein.“Statt alles Vermögen in ein Haus zu stecken, verteilen Profis Kapital lieber möglichst breit gestreut und achten auf ausreichen­de Liquidität. Das heißt, sie setzen auf ganz verschiede­ne Anlageklas­sen, wie Aktien, Anleihen, Edelmetall­e, und achten auf einen Notgrosche­n. Der sollte ausreichen, um eine neue Waschmasch­ine oder eine überrasche­nde Autorepara­tur bezahlen zu können, ohne Aktien und Co. verkaufen zu müssen. Gerade bei Immobilien­besitzern sollte diese Reserve zudem großzügig dimensioni­ert sein, da hier auch schnell mal ein paar Zehntausen­d Euro für eine Heizungssa­nierung oder ein neues Dach anfallen können. Sonst kann ein geerbtes Haus schnell zur Last werden.

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FOTO: BHW BAUSPARKAS­SE Das Deutsche Institut für Altersvors­orge schätzt, dass zwischen den Jahren 2015 und 2024 die gigantisch­e Summe von rund 1293 Milliarden Euro in Form von Immobilien vererbt wurde oder noch wird.

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